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Ein Fest für Karl und Kollegen

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Von: Patrick Dehnhardt

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pad_faber3_030922_4c © Patrick Dehnhardt

Langgöns (pad). Der bekannteste 90. Geburtstag ist »Dinner for one« - mit nur einem Gast und einem Kellner. Allein im stillen Kämmerchen feiern - das würde zum Firmengeist von Faber & Schnepp allerdings gar nicht passen. Darum wurde ein großes Fest für die auf die Beine gestellt, die seit 90 Jahren das Unternehmen erfolgreich machen: die Mitarbeiter.

Geschäftsführer Stephan Faber brachte die Firmenmaxime in seinem Grußwort auf einen Punkt: »Wir wollen Gewinne erzielen, aber die Gewinnmaximierung ist nicht unser Ziel.« Es ginge darum, Fachkräfte auszubilden und sie dann im Unternehmen zu halten - am besten bis zum Eintritt ins Rentenalter.

In seinem Rückblick erinnerte er an die Gründung fast taggenau vor 90 Jahren mit 90 Mitarbeitern. »1939 waren es 1200 Mitarbeiter«, sagte er. Ein Höchststand, den das Unternehmen erst viele Jahrzehnte später noch einmal erreichen würde.

Der Zweite Weltkrieg schlug eine tiefe Bresche. Der einzige Sohn des Firmenmitgründers Karl Schnepp fiel im Krieg, die Stadt Gießen wurde durch die Bombenangriffe verwüstet, die Maschinen und Werkzeuge des Unternehmens großteils zerstört oder beschlagnahmt. Mit 241 Mitarbeitern wurde nach Kriegsende der Neuaufbau des Unternehmens und der Stadt Gießen begonnen.

Für viele stadtbildprägende Gebäude zeichnet Faber & Schnepp verantwortlich, etwa einen Großteil der Bebauung an der Ringallee inklusive des dortigen Freibads, die Gebäude von Karstadt, des Schuhhauses Darre und viele mehr. Zig Autobahnbrücken, noch mehr Schulen, Hallen, Supermärkte, Feuerwachen und Firmengebäude wurden in der Firmengeschichte errichtet. 1965 wurde das Betonfertigteilewerk in Lang-Göns eröffnet und zuletzt vor einigen Jahren erweitert.

Geschäftsführer Faber erinnerte auch an die großen Krisen des Unternehmens. Dazu zählten der Einsturz des Roten Turms bei Sanierungsarbeiten in Jena mit vier Toten, aber auch die Folgen der Ölkrise: Nach 1974 musste man einen »unbequemen Schrumpfkurs« antreten, um am Markt zu bestehen. Mit Bauprojekten im Ausland, unter anderem in Saudi-Arabien, gelang es, den Betrieb zu sichern, während viele Mitbewerber in dieser Zeit das Handtuch werfen mussten.

Mit Blick auf die sich abzeichnende Krise im Wohnungsbau sagte Faber, dass man diese bewältigen und flexibel agieren müsse. Dafür wünsche er sich allerdings auf allen Ebenen eine sachliche Politik.

Der Langgönser Bürgermeister Marius Reusch freute sich, dass Faber & Schnepp seit Jahrzehnten in Lang-Göns ansässig ist und zudem dort nun auch sein Firmenjubiläum feierte. »Das Unternehmen hat den Ruf der Verlässlichkeit und hoher Qualität in der Branche«, sagte er. Viele Menschen im Ort seien mit ihrer Arbeitsvita eng mit Faber & Schnepp verbunden. Ziel der Kommunalpolitik müsse es sein, dem Unternehmen die Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung zu schaffen.

Gießener Bürgermeister Axel Wright wurde von Moderator Lars Ruppel mit den Worten »Ohne Faber & Schnepp wäre Gießen ein Kartoffelacker und er dort nicht Bürgermeister« angekündigt. In diesen Worten lag viel Wahrheit, nicht nur mit Blick auf den Wiederaufbau. Denn Wright hatte lange Zeit in einer Wohnung von Faber & Schnepp gewohnt. Er nutzte die Gelegenheit, um den im Festzelt anwesenden »Hausmeister Karl« zu grüßen.

Ruppel griff dies auf: Das Jubiläumsfest sei ein Fest für Karl und alle anderen Mitarbeiter. Er hatte dem Bauunternehmen eigens ein Gedicht gewidmet, welches mit viel Beifall belohnt wurde. Auch von Betriebsrat Oliver Menz gab es viele lobende Worte für die Unternehmenskultur sowie den Umgang in Krisenzeiten.

Im Zuge des Fests übergab zudem der langjährige Geschäftsführer Karl-Heinz Redant den Staffelstab an seine Nachfolgerin Ann-Katrin Lieblang. Selbstverständlich war dieser aus Beton.

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pad_faber2_030922_4c © Patrick Dehnhardt
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pad_faber1_030922_4c © Patrick Dehnhardt

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