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»Alles so lassen, wie es ist«

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Von: Patrick Dehnhardt

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In der Umweltausschusssitzung ging es zwar auch um die Arbeit der Feldwege-AG. Das Bild hier zeigt jedoch keinen Feld- oder Waldweg, sondern den Kleeweg in Espa-West. ARCHIV © Patrick Dehnhardt

Langgöns (pad). Naturschützer und Landwirte an einen Tisch zu holen, um über die zukünftige Pflege und den Nutzen der Feldwege zu sprechen - das war eines der Ziele bei der Gründung der Langgönser Feldwege-AG vor einigen Jahren. Nun ist die AG auf der Zielgeraden angelangt, wie Bürgermeister Marius Reusch in der Sitzung des Umweltausschusses am Mittwochabend berichtete.

Am 7. März will sich die AG wieder treffen. Reusch sagte, dass es das abschließende Treffen werden könnte. Im Frühsommer könnte ein Abschlussbericht vor- liegen.

Dies ist dann das Ende eines langen Weges und zunächst unterschiedlich wirkender Interessen. Für die Naturschützer sind die Wegeränder als Lebensraum von Tieren und Pflanzen wichtig, für die Landwirte eine gute Erreichbarkeit ihrer Felder sowie eine möglichst hindernisfreie Bearbeitungsmöglichkeit. Doch nicht nur diese beiden Gruppen, sondern auch die Untere Naturschutzbehörde hatte ein Wörtchen mitzureden. Als Ergebnis soll nun eine Feldwegesatzung auf den Weg gebracht werden, die sich ebenso wie die Pflegerichtlinie für die Grünstreifen an Musterlösungen des Landkreis Gießen orientiert, jedoch lokale Spezifik berücksichtigt.

Fehlende Wege größtes Problem

Ein großes Problem sind dabei vor allen Dingen die Feldwege, die es nicht mehr gibt. Denn einige wurden von angrenzenden Wiesen und Feldern verschluckt. »Für viele solcher Parzellen gibt es Pachtverträge«, sagte Reusch. Eva Oberschelp (Grüne) merkte dazu an, dass eine in der Flur- bereinigung definierte Feldwegparzelle entwidmet werden müsste, wenn sie nicht mehr als Feldweg vorhanden sei. Reusch widersprach dem: Dies sei nur bei einem Verkauf notwendig. Bei einer temporären Verpachtung - auch wenn diese über Jahrzehnte andauere - sei dies rechtlich nicht notwendig. Zudem müssten diese Wege wiederhergestellt werden, wenn ein Anlieger dies verlangt - auch wenn sie bereits seit Jahrzehnten verschwunden sind.

Wenn Feldwege in Acker umgewandelt werden, fallen jedoch auch die Wegeränder als Lebensraum weg. Für diesen Eingriff in die Natur müsse ein Ausgleich geschaffen werden, sagte Reusch. In Zukunft wolle man in die Pachtverträge den Passus mit aufnehmen, dass die Landwirte diesen Ausgleich zu übernehmen haben. »Wir haben da aber noch einiges aufzuarbeiten.«

An Feldwege erinnern auch die Straßen in Espa-West. Das Wochenendgebiet war noch zu Zeiten der kommunalen Selbstständigkeit des Taunusdorfes von privaten Investoren entwickelt worden. Diese hatten wohl auch für den Endausbau bei einigen Anliegern damals kassiert - jedoch fand dieser Ausbau großteils nur mit einer Kiesdecke statt.

Als die Gemeinde nun das mittlerweile zum Wohngebiet aufgestiegene Areal mit ordentlichen Straßen ausbauen wollte, wurde es kompliziert. Denn viele Anlieger wollen dafür keine Ausbaubeiträge bezahlen. Andere können nachweisen, dass sie bereits vor Jahrzehnten dafür bezahlt haben, jedoch hat der aktuelle Zustand mit einem Endausbau nichts zu tun. Zudem würden auf die Gemeinde große Kosten zukommen für die Herrichtung der 19 Straßen.

Auf einer Bürgerversammlung mit 80 Besuchern, berichtete Reusch, sei der Wunsch der Anlieger aufgekommen, alles so zu lassen, wie es ist - auch wenn dies immer wieder Schlaglöcher und einen eingeschränkten Winterdienst bedeuten würde. Der Hessische Städte- und Gemeindebund habe zudem auf Anfrage mitgeteilt, dass die Gemeinde nicht verpflichtet sei, einen End- ausbau vorzunehmen. Zudem müsste bei einem komplett asphaltierten Ausbau ein neues Rückhaltebecken gebaut werden. Der Gemeindevorstand schlug daher vor, den zunächst angedachten großen Straßenbau abzublasen und sich stattdessen auf die Kanalsanierung zu fokussieren. Neue Straßenlaternen sollen zeitnah aufgestellt werden.

Heidi Tonhäuser (SPD) konnte die Sorgen der Anlieger zwar verstehen, gab aber zu bedenken: »Dann sieht es aus wie in Bulgarien, wenn wir das überall so machen.« Tim Schröder (CDU) konnte der Lösung einiges abgewinnen: »Die Wege mit einem Grünstreifen am Rand haben auch Charme.« Letztlich sprach sich der Umweltausschuss gegen einen Ausbau der 19 Straßen als Gesamtpaket aus.

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