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Riesen-Bärenklau im Kreis Gießen auf dem Vormarsch: Berührung kann äußerst schmerzhaft werden

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Von: Constantin Hoppe

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Der Riesen-Bärenklau kann bis zu fünf Meter hoch werden. Mittlerweile ist der gefährliche Neophyt in allen Kommunen des Kreises Gießen anzutreffen. ARCHIV © DPA Deutsche Presseagentur

Eine Berührung mit dem Riesen-Bärenklau kann äußerst schmerzhaft werden, die Pflanze verursacht schwere Verbrennungen. Die Bekämpfung gestaltet sich allerdings schwierig.

Kreis Gießen – Ein Riesen-Bärenklau in voller Pracht ist nur schwer zu übersehen. Bis zu fünf Meter hoch, der Stiel ist stammartig, der Durchmesser der Blütendolden misst bis zu 80 Zentimeter: Die Pflanze ist eine imposante Erscheinung. Seinen zweiten Namen »Herkulesstaude« trägt der Riesen-Bärenklau nicht umsonst. Jeder, der die Pflanze entlang von Wegen oder Flussläufen entdeckt, sollte allerdings tunlichst Abstand halten - und nach Möglichkeit die Kommune informieren.

Der Riesen-Bärenklau gehört zu den sogenannten Neophyten. Im 19. Jahrhundert ursprünglich als Zierpflanze aus dem Kaukasus eingeführt, hat er sich längst in der freien Natur ausgebreitet. Die Probleme: Die Pflanze ist sehr giftig. Schon ein kurzer Kontakt kann ernste gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Daneben verdrängt sie zudem einheimische Arten. »Er gefährdet neben der Gesundheit auch die Vielfalt der heimischen Biotope«, erklärt Lisa Küchen, die beim Regierungspräsidium Gießen für den Bereich der »invasiven Arten« zuständig ist.

Kreis Gießen: Gerade Kinder durch Riesen-Bärenklau gefährdet

»Gerade Kinder sind durch die Pflanze gefährdet, wenn sie sich dieser unbedacht nähern«, sagt Küchen. »Immerhin macht eine so imposante Pflanze auch neugierig.« Auch deshalb sind die Behörden zum Handeln gezwungen. Einmal entdeckt, wird die Pflanze bekämpft. Das gilt insbesondere dann, wenn sich eine der Stauden im Bereich eines Kindergartens oder eines Spielplatzes breit macht.

Im Kreis Gießen ist der Riesen-Bärenklau mittlerweile in allen Kommunen zu finden. »Leider gibt es nicht nur einzelne Standorte«, sagt Küchen. »Die Herkulesstaude fühlt sich auf Wiesen und nicht mehr bestellten, landwirtschaftlichen Flächen wohl. Aber genauso an Waldrändern«, sagt Küchen. Besonders schwierig werde es, wenn sie sich am Rand eines Gewässers niederlässt. »Dann verbreiten sich die Samen über das Wasser, und man muss die Pflanze am kompletten Uferbereich bekämpfen.«

So geschehen vor einigen Jahren am Hof Grass in Hungen: Dort hatte sich eine Kolonie des Riesen-Bärenklaus mit rund 1000 Pflanzen entwickelt, die jeden anderen Bewuchs unterdrückte. Diese musste unter großem Aufwand vernichtet werden. Auch das Gebiet um Lich war in den vergangenen Jahren stark befallen - aktuell hat sich die Lage hier jedoch entschärft, wie Guido Linke, zuständig für das Sachgebiet Umwelt in der Stadtverwaltung, mitteilt.

Kreis Gießen: Größte Gefahr stellt Riesen-Bärenklau für unvorsichtige Menschen und Tiere dar

Die größte Gefahr stellt die Pflanze für unvorsichtige Menschen und Tiere dar: Der Saft der Herkulesstaude enthält den Giftstoff Furocumarin, der schon in geringen Mengen allergische Reaktionen auslöst. Besonders tückisch ist, dass Furocumarin phototoxisch wirkt. Das heißt: Der Pflanzensaft wirkt in Kombination mit UV-Licht, also Sonnenschein, giftig und verursacht Rötungen und Blasen bis hin zu Verbrennungen. In schweren Fällen kann der Kontakt zu bleibenden Narben führen. Der Giftstoff sitzt in allen Teilen der Pflanze - von den Blättern und Stängeln bis in die Blütendolden. Auch die Dämpfe des Pflanzensafts sollten gemieden werden. Diese verursachen Übelkeit, aber auch Atemnot und Kreislaufprobleme.

Methoden, um der Ausbreitung der Pflanze wirksam zu begegnen, gibt es einige: Ausstechen, ausgraben, beweiden, fräsen oder die Mahd. »Vor allem das Ausstechen der Pflanzen hat sich als effektiv herausgestellt«, sagt Küchen. »Aber das ist sehr arbeitsaufwändig und ergibt nur bei einzelnen Pflanzen Sinn.« Bei größeren Vorkommen müsse man diese durch Mahd oder Beweidung mehrfach schwächen, um sie unter Kontrolle zu bringen.

Diese Maßnahmen sind vor allem im Frühjahr sinnvoll, bevor die Blüte beginnt. Im Zeitraum von Anfang Juni bis September blüht der Riesen-Bärenklau und verteilt seine Samen. Bei der Bekämpfung der Pflanze komme es deshalb vor allem auf eines an, sagt Küchen: »Man braucht einen sehr langen Atem.«

Kreis Gießen: Bei Kontakt mit Riesen-Bärenklaue die Sonne meiden

Bei Kontakt mit einer Herkulesstaude oder dem Verdacht, mit dieser Pflanze in Berührung gekommen zu sein, sollte die betroffene Person sofort die Sonne meiden. Die Kontaktflächen sollten, selbst wenn noch keine Reaktion sichtbar ist, gründlich mit Wasser und Seife abgewaschen werden. Auch das Auftragen einer Sonnenschutzcreme ist sinnvoll. Zur Sicherheit sollte zwei bis drei Tage nach dem Kontakt die Sonne gemieden werden. Bei großflächigen Kontakten oder Verätzungen wird eine ärztliche Behandlung notwendig.

Eine Verwechslungsgefahr besteht mit dem Wiesen-Bärenklau: Nicht nur der Name unterscheidet sich in nur einem Buchstaben, auch das Aussehen ist sehr ähnlich. Zumindest solange der Riesen-Bärenklau noch nicht ausgewachsen ist. Im Gegensatz zu seinem riesenhaften Verwandten ist der Wiesen-Bärenklau jedoch in Deutschland heimisch.

Eine vollständige Beseitigung der Pflanze aus unserer Umwelt wird unterdessen nicht mehr möglich sein. Der Grund dafür ist die jahrelange Keimfähigkeit der Samen und die hohe Regenerationsfähigkeit des Riesen-Bärenklaus. Eine einzelne übersehene Pflanze kann durch ihre starke Samenbildung binnen kurzer Zeit die Erfolge der vergangenen Jahre zunichte machen. »Die Samen können mehr als sieben Jahre im Boden liegen, bevor sie keimen«, erklärt Küchen. »Man muss also noch bis zu zehn Jahre nach der Entfernung einer Pflanze den Standort kontrollieren, ob sie wiederkommt.« (Constantin Hoppe)

Auch während der Bärlauch-Saison müssen Naturfreunde in und um Gießen vorsichtig sein.

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