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Neuer Windpark im Kreis Gießen soll in Kürze ans Netz gehen

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Von: Jonas Wissner

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Im Staufenberger Stadtwald geht die Errichtung des „Windparks Lumdatal“ nun in die heiße Phase, auch angesichts hoher Strompreise scheint der Zeitpunkt günstig.

Staufenberg - Die Energiewende ist derzeit eines der großen Themen. Im Staufenberger Stadtwald ist nun zu beobachten, wie sie vor Ort Gestalt annimmt: Die Türme der drei Windräder sind im Kreis Gießen bereits weithin sichtbar, die Turmköpfe samt der Rotorblätter harren derweil noch der Installierung in luftiger Höhe.

Derzeit ist die Max Bögl Eventus GmbH (MBE) am Zug, die das Projekt 2018 übernommen hatte und den Bau als Generalunternehmerin stemmt. Wie MBE-Geschäftsführer Marko Vogt erläutert, sind inzwischen die Rotorblätter »aus europäischer Produktion« für zwei Anlagen angeliefert, die letzten würden nächste Woche folgen. Angesichts deren Länge - jeweils etwa 80 Meter - sei der Transport eine logistische Herausforderung, gerade in Kurvenbereichen. Die drei Staufenberger Anlagen mit einer Nabenhöhe von gut 160 Metern und je sechs Megawatt Leistung sollen in Kürze ans Netz gehen, die »Zuschaltung« sei für den 17. September geplant.

Kreis Gießen: Stromerträge von Windpark in Staufenberg sollen in Region bleiben

Mit der Inbetriebnahme werde auch die Pacht an die Stadt als Flächeneigentümerin fällig, informiert Staufenbergs Bürgermeister Peter Gefeller. Zudem sollen die Stromerträge in der Region gehalten werden, den beteiligten Kommunen und Bürgern zu Gute kommen.

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Seit einigen Monaten laufen im Staufenberger Wald die Arbeiten zur Errichtung des Windparks. Archivfoto: Kühn © Red

Gefeller verweist auf das Ergebnis der Ausschreibung über die Bundesnetzagentur: Seinerzeit habe man eine Vergütung von acht Cent je Kilowattstunde (kWh) erreicht, das sei das Maximum des Erreichbaren gewesen. »Die derzeitigen Marktpreise liegen bei dem Doppelten und mehr«, so Gefeller. »Das Schöne ist: Der Markt ist mit Höhen und Tiefen versehen.« Doch für die »Tiefen« sei der Windpark abgesichert, die Vergütung von acht Cent je kWh auf 20 Jahre garantiert - »da kann passieren, was will«. Deutliche Mehrerträge hält er für durchaus wahrscheinlich, womöglich könne man auch langfristige Verträge mit Abnehmern vereinbaren.

»Wir haben den Vorteil, dass wir die Zeichen der Zeit frühzeitig erkannt haben«, sagt er. »Gerade jetzt in dieser schwierigen Phase haben wir die funkelnagelneuen Anlagen.« Zwar wird der Strom ins Netz eingespeist und nicht gezielt Staufenberg versorgen. Rein rechnerisch aber würde die Produktion der Windräder laut Gefeller ausreichen, um das 1,5-Fache des Staufenberger Strombedarfs zu decken.

Kreis Gießen: Windräder in Staufenberg laufen bis 2023 im „Testbetrieb“

Bis zum Jahreswechsel sei, so Gefeller, ein »Testbetrieb« geplant. Danach werden die Anlagen von der MBE auf die Windpark Lumdatal GmbH übertragen, eine Tochter der Energiegesellschaft Lumdatal. Zehn Kommunen sind zusammen zur Hälfte daran beteiligt, außerdem mit 20 Prozent die Stadtwerke Gießen und mit 30 Prozent die in Buseck ansässige Energiegenossenschaft Sonnenland, wie deren Vertreter Uwe Kühn erläutert.

Wie hoch die Erträge ausfallen werden, lasse sich aktuell schwer abschätzen, sagt Kühn und nennt erstaunliche Zahlen: Vor zwei Jahren sei Strom an der Börse an einem Tiefpunkt für unter zwei Cent je kWh gehandelt worden - kürzlich habe der Preis bei 63 Cent gelegen. Für den Windpark klingt das nach günstigen Startbedingungen.

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Die Errichtung der drei Windräder im Staufenberger Stadtwald ist in vollem Gange. © Jonas Wissner

Um das Klima zu schützen und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern, ist beim Ausbau der Windenergie in Deutschland insgesamt nun mehr Tempo als bislang gefragt. Wie optimistisch sind die beim Windpark Lumdatal eingebundenen Akteure, dass Windräder künftig mit weniger Vorlaufzeit errichtet werden können? »Ich bin optimistisch, weil die aktuelle Bundesregierung tätig geworden ist«, sagt Gefeller und verweist auf den Entwurf des »Gesetzes zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich«.

Doch letztlich komme es auch auf Genehmigungsbehörden auf Landesebene an, »da leben wir mit der Herausforderung des Föderalismus«. Gerade die süddeutschen Bundesländer hätten sich beim Ausbau der Windkraft bislang »nicht wirklich hervorgetan«.

Windkraft im Kreis Gießen: „Es braucht Konstanz in der Gesetzgebung“

Gefeller weiter: »Es kann auf keinen Fall so bleiben, dass man für drei Anlagen von der Beantragung bis zur Inbetriebnahme sieben Jahre braucht.« Das sei beim Windpark Lumdatal der Fall gewesen - wohlgemerkt »ohne Rechtsstreit, ohne Bürgerinitiativen«. Ziel müsse sein, die Dauer von Genehmigungsverfahren zu reduzieren, »ohne die Effektivität des Rechtsschutzes zu beeinflussen«.

MBE-Geschäftsführer Vogt ist bei der Frage nach mehr Tempo »ein bisschen skeptisch«. Es brauche schlankere Prozesse und auch mehr Mitarbeiter in Behörden, meint Vogt und verweist auf »über 60 DIN-A4-Ordner für einen Windpark«, die bislang mitunter nötig seien.

Kühn erwartet eine deutliche Verkürzung der Genehmigungszeiträume - »aber unter drei, vier Jahre wird es nicht fallen«, denn unter anderem nähmen Umweltprüfungen eben eine gewisse Zeit in Anspruch. Im Fall von Staufenberg sei von der Beantragung bis zum Bau auch deshalb so viel Zeit verstrichen, weil sich die gesetzlichen Vorgaben zwischendurch mehrfach geändert hätten, etwa in Sachen Vergütung und Ausschreibung. »Da braucht es auch mehr Konstanz in der Gesetzgebung.« (Jonas Wissner)

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