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Klimakrise treibt auch die Imker um

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Von: Thomas Brückner

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Bald wieder zu beobachten: Eine Biene im Anflug auf eine Rapsblüte. Nicht zuletzt die Sicherung ausreichender Nahrungsangebote für die emsigen Hautflügler wird beim Hessischen Imkertag am 26. März in Grünberg ein Gesprächsthema sein. © DPA Deutsche Presseagentur

Ohne die »Bestäubungsleistung« der Bienen wäre es um die Pflanzen- und Obstproduktion schlecht bestellt. Doch nicht nur, schließlich trägt die Spezies auch zur Sicherung der Biodiversität bei. In Hessen leisten diese Fleißarbeit circa 70 000 Bienenvölker. Betreut werden sie von 12 000 Imkern. Auch sie müssen sich den Herausforderungen des Klimawandels stellen - eines der Themen beim 53.

Landesimkertag in Grünberg.

Ein Blick ins GAZ-Archiv verrät: Am 13. Oktober 1963 kamen Vertreter von gut 200 Kreis- und Ortsvereinen der Imker in Grünberg zusammen. In der Turnhalle in der Gießener Straße, dort wo sich seit 1984 die Sparkasse befindet, beschlossen sie die Fusion des Fachverbandes der Bienenzüchter in Hessen und Nassau und des Verbandes Kurhessischer Imker.

In der Erwartung einer effizienteren Interessensvertretung hatten sie den neuen Landesverband Hessen gegründet. Was lag da näher, als das 60-jährige Bestehen in Grünberg zu feiern. Gastgeber des Hessischen Imkertages am Sonntag, 26. März, ist der Bienenzuchtverein 1896 Grünberg und Umgebung.

Anders als andere Vereine drückt ihn kein Nachwuchsproblem. Allein in den Pandemiejahren 2020/21 begrüßte man über 20 Neulinge in seinen Reihen, führt sie seither über Patenschaften ans Imkerhandwerk heran, organisiert die Teilnahme an Fachkursen. Aktuell sind es 148 Mitglieder. Und die machen regelmäßig mit Auszeichnungen für qualitativ hochwertige Honige von sich Reden.

An der Spitze des Vereins steht Samuel Krutzky. Für ihn ist das gestiegene Interesse an der Imkerei nicht zuletzt Ergebnis einer Sensibilisierung der Gesellschaft. Durchaus haben Meldungen wie jene über den Rückgang der weltweiten Biomasse aus Insekten um 76 Prozent binnen eines Vierteljahrhunderts aufgerüttelt. Nicht verschont davon sind die Bienen, auch ihre Population ist rückläufig.

Im Vorfeld des Landesimkertages in Grünberg skizziert Krutzky im Gespräch mit dieser Zeitung die Sorgen, die die Imker umtreiben.

Die Klimakrise steht dabei ganz oben. Naturgemäß sind Honigbienen durch ihre Lebensweise »den zunehmend extremen Umwelteinflüssen stärker ausgesetzt als andere Nutz- oder Haustiere«, um Hessens Landwirtschaftsministerin Priska Hinz zu zitieren.

Dass die Erderwärmung ein Bündel an Problemen für den Imker mit sich bringt, Hege und Pflege sich darauf einstellen müssen, weiß auch Samuel Krutzky.

Die Zunahme von solch langen und heißen Trockenphasen wie im letzten Sommer bereiten demnach auch seinen Kollegen Kopfschmerzen. Krutzky: »Die Pflanzen blühen zwar, doch mangels Feuchtigkeit bilden sie keinen Nektar.« Der zuckersüße »Energy-Drink« aber ernährt das Volk, die Brut.

Weiter: In Phasen eklatanter Trockenheit droht das artgemäße »Kühlsystem« zu versagen. Bei zu hoher Temperatur im Stock fliegen einige Bienen aus, kehren mit Wassertröpfchen am Körper zurück. Die dienen nicht nur dem Benetzen der Brutwaben, die so vorm Vertrocknen geschützt werden. Mit ihren Flügeln beginnen die Insekten überdies zu fächern, befeuchten so die Umgebung. »Sie erzeugen Verdunstungskälte«, zeigt sich Imker Krutzky begeistert von solchem (Sozial-)Verhalten in der Tierwelt. Im Extremfall, wenn das Kühlsystem doch versage, stoppe die Königin die Ablage von Eiern, bis zu 2000 am Tag - die Reproduktion steht still.

Eine noch seltene Ausnahme. Akut sind dagegen die vom Klimawandel verursachten komprimierten Blühphasen. »In kurzer Zeit blüht alles ab.« Nahrung fehlt eine Zeitlang, der Imker spricht hier von einer »Trachtlücke«.

»Der Aufbau starker Bienenvölker«, unterstreicht der Vorsitzende des Grünberger Vereins, »ist unsere primäre Aufgabe«. Die Erderwärmung erschwert dies, was auch anhand der immer wärmeren Winter deutlich wird. Ist dies der Fall, fliegen die Bienen zu früh aus, verbrauchen zu viel ihres Energievorrats, finden aber keine oder zu wenig Nahrung. Also bedarf es einer erhöhten Aufmerksamkeit des Imkers. Blieben bisher die Stöcke im Winter »unbehelligt«, muss er zunehmend darauf achten, dass es nicht an Nahrung fehlt, er womöglich zufüttern muss.

Am Ende kommt Krutzky noch auf die Sorge zu sprechen, die - auch als Folge des Klimawandels, aber auch der Globalisierung - die Ausbreitung der invasiven Art Asiatische Hornisse bereitet. Im Süden und Norden Deutschlands habe man sie bereits festgestellt. Anders als die heimische Art, die ebenfalls Bienen frisst, trete die asiatische Verwandte in »Armeestärke« auf, könne so zur realen Gefahr für ein Volk werden.

Was besagtes Problembewusstsein hierzulande ebenso geschärft haben dürfte: Auch Grünbergs Imker, hier im Verbund mit Jägern und Landwirten, engagieren sich für die fleißigen Bestäuber. Auf eigens angelegten Blühflächen können sie auch in Zeiten einer »Trachtlücke« ihren Appetit auf Pollen und Nektar stillen - nicht zuletzt zur Freude all jener, für die Honig zu jedem guten Frühstück gehört.

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