»Keine Zeit verbaselt«
Bis zum Winter sollen fünf weitere Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete in Allendorf, Lich, Hungen und Watzenborn-Steinberg gebaut sein. Der Kreis stellt 14 Millionen Euro dafür bereit. Der SPD im Kreistag geht es derweil nicht schnell genug.
Elke Högy (SPD) zeigte sich im Bau- und Planungsausschuss des Kreistags am Mittwoch verärgert über das Timing. »Ich wundere mich, dass die Vorlage erst jetzt kommt. Das hätte schon im Mai kommen können. Heute ist der 21. Juni«, sagte sie. Högy bezweifelt, dass es gelingt, bis Oktober den Neubau von fünf Gemeinschaftsunterkünften für bis zu 200 Geflüchtete zu stemmen. »Machen wir uns ehrlich und sagen: Wir bemühen uns, aber es wird nicht klappen«, schimpfte die Sozialdemokratin und verwies auf die nötige europaweite Ausschreibung für Lieferung und Bau der Holzhäuser.
Die Ausschreibung kann erst in der kommenden Woche rausgehen, wenn der Kreistag am Montag die Projektgenehmigung erteilt hat. Dafür wird es breite Zustimmung geben. An der Sinnhaftigkeit des Projekts an sich herrscht kein Zweifel. Denn angesichts des weite ren Zuzugs von schutzsuchenden Menschen aus der Ukraine muss der Kreis Wohnraum schaffen. Geplant sind fünf ein- oder zweigeschossige Häuser in Holzbauweise mit Grundflächen von 390 Quadratmetern in Allendorf/Lumda, in Hungen, Lich und in Watzenborn-Steinberg. Sie sollen bis zu 200 Menschen Wohnraum bieten.
14 Millionen Euro hat der Kreistag - wie berichtet - dafür Anfang Mai bereitgestellt. Die Häuser sollen deutlich hochwertiger sein als die Holzbauten, die 2015/16 für Flüchtlinge an mehr als 20 Standorten im Kreis errichtet wurden; besser ausgestattet und auch unter energetischen Aspekten auf der Höhe der Zeit mit Wärmepumpen und Fotovoltaikanlagen. Das erkläre auch den deutlich höheren Preis, erläuterte der Erste Kreisbeigeordnete Christopher Lipp (CDU) im Ausschuss. Warum der Aufwand? Weil die Häuser für eine Lebensdauer von 20 Jahren plus x ausgelegt sind und nach der Belegung mit Flüchtlingen eine weitere Nutzung erfahren sollen. Als Kita, als Wohnhäuser, für Vereinszwecke oder wie im Falle Watzenborn-Steinberg als Ausbildungs-Campus.
Das wolle alles geplant sein, warb Lipp um Verständnis. Das Geld ist im Mai beschlossen, der Nachtrag zum Haushalt erst zum 9. Juni genehmigt worden. Zudem hätten die Standorte im Dialog mit den Kommunen gefunden werden müssen. Vorher konnte nichts beschlossen werden
Sozialdezernent Hans-Peter Stock (FW) wies den Vorwurf zurück, hier sei »Zeit verbaselt worden«. »Man muss nicht alles klein- und schlechtreden«, keilte Stock in Richtung SPD zurück. Er zeigte sich »guter Dinge, dass wir Ende Oktober, Anfang November die ersten Gebäude stehen haben«. Wenn nicht, dann greife Plan B: Das weitere Anmieten anderer Unterkünfte.
Die Vorhaben mü ssen jetzt in den vorgesehenen Standort-Kommunen noch in den Stadtverordnetenversammlungen beraten und beschlossen werden. Man habe bewusst nur solche Standorte ausgewählt, bei denen schon dauerhaft Baurecht besteht, erläuterte Lipp auf Nachfrage. Man habe sich zudem in den Grundzügen bereits mit den Bürgermeistern der vier Städte abgestimmt. Aber richtig sei, dass es vor Ort der Zustimmung der Gremien bedürfe. Denn schließlich sollen die Kommunen die Häuser in ihr Eigentum übernehmen, wenn sie nicht mehr als Gemeinschaftsunterkünfte benötigt werden. Die Städte sollen dann den Restwert bezahlen und die Kosten für etwaigen Umbau für eine Folgenutzung als Kita oder Ähnliches tragen. Wobei sich das Raumprogramm schon jetzt an einer angedachten Folgenutzung orientiert.
Unbegründet scheint derweil die Sorge der SPD-Opposition, dass hier Gremien missachtet würden, dass es weitere Verzögerungen gibt, weil die Kommunen erst nach der Sommerpause dazu beraten. Alle vier Stadtverordnetenversammlungen tagen noch im Juli: In Allendorf/Lumda wird das Standort-Thema bereits am 28. Juni aufgerufen und könnte bei Bedarf am 19. Juli erneut beraten werden, in Hungen am 5. Juli, in Lich am 20. Juli und in Pohlheim am 21. Juli.
»Wir haben als Kreisverwaltung alles getan, um die Sache zu beschleunigen, das Projekt vorgezogen und dafür anderes zurückgestellt«, legte Lipp dar. Er erwartet, »dass noch vor der Sommerpause in den Kommunen die Beschlüsse gefasst werden«. Im Falle des Falles bestünde sogar die Möglichkeit von Sondersitzungen.
Am heutigen Donnerstag jedenfalls wird das Millionenprojekt zur weiteren Beratung im Finanzausschuss des Kreistags aufgerufen, Am Montag dann soll die Genehmigung im Kreistag erfolgen.