»Der 4. Juli wird unser Unabhängigkeitstag«

Hochsaison ist für Familie Haas das ganze Jahr über - eigentlich. 2020 aber hat das Coronavirus die Flohmarkt-Veranstalter aus Albach jäh ausgebremst. Trödel-Anbieter und -Fans wird es freuen: Nach monatelanger Auszeit läutet das Quartett am kommenden Samstag, dem 4. Juli, die neue, aber andere Flohmarkt-Saison ein.
Das wäre sein Sommer gewesen: Mit dem familieneigenen Süßwaren-Verkaufsstand unterwegs in Deutschland, auf Musikfestivals in Baden-Württemberg, in Fulda und Bad Brückenau - Juniorchef Moritz Haas hatte den Fahrplan längst ausgearbeitet. Doch die Pandemie bedeutete das Aus für diese Pläne.
Und so bündelte der 19-Jährig e in den vergangenen Wochen seine Energie, um sich für das Familienunternehmen durch die schier unzähligen Paragrafen der Corona-Auflagen zu arbeiten und das vorgeschriebene Veranstalterkonzept für künftige Flohmärkte unter den neuen Vorzeichen zu entwickeln. Manche Nacht schlug er sich um die Ohren, um über dies die Internetseite www.haas-veranstaltungen.de mit aktuellen Informationen und Vorgaben für Flohmarkt-Verkäufer und -Besucher zu bestücken und obendrein einen Facebook-Auftritt zu stemmen. »Er ist unser IT- und Datenschutzbeauftragter geworden«, sagt Andrea Haas stolz.
Gemeinsam mit ihrem Ehemann Alexander hatte sich Andrea Haas vor 31 Jahren im Bereich Markthandel mit dem Unternehmen »Haas Veranstaltungen« selbstständig gemacht. Seit 19 Jahren organisieren die gelernte Fremdsprachensekretärin und der ausgebildete Zöllner selbst Flohmärkte in Mittelhessen; längst sind auch die Söhne Moritz (19) und Merlin (14) mit im Boot. Normalerweise sind die »Haasen« von Januar bis Dezember fast jedes Wochenende auf Achse, organisieren Floh- und Trödelmärkte von Butzbach im Süden bis nach Marburg im Norden. Die Hauptsaison mit den vielen Feiertagen von März bis Juni aber ist ihnen 2020 weggebrochen - Stichwort: Corona.
Zunächst hieß es ab Mitte März »Nichts geht mehr«, nach acht Wochen war zumindest eine Verdienstmöglichkeit durch den Süßwarenverkauf auf dem Sommerlad-Parkplatz in Gießen gegeben. Andrea Haas trotzte dem Lockdown unterdessen die besten Seiten ab: Sie habe noch nie so viel im Garten gearbeitet, sagt sie lachend inmitten duftender Blumen, jungen Erbsen und leuchtend roter Erdbeeren.
Füße stillhalten und abwarten - das entspricht nicht dem Haas’schen Naturell. Abgesehen von der Hoffnung, dass die Politik der Schaustellerbranche, zu der sich auch die Fernwalder Flohmarktveranstalter zählen, in absehbarer Zeit finanziell auf die Sprünge helfen wird, war und ist Eigeninitiative gefragt.
»Als die Vorgaben feststanden, haben wir kalkuliert und vor Ort alles mit dem Maßband ausgemessen«, erzählt Moritz Haas. Die Vorgaben, das bedeutet aktuell: ein Besucher je zehn Quadratmeter. Für den Auftakt hat sich Familie Haas für den Messeplatz Marburg entschieden: Dort wird ab 4. Juli regelmäßig samstags wieder Flohmarkt möglich sein - auf eingezäuntem Gelände, um die Besucherströme im Blick zu behalten. Dafür wurden eigens 90 Bauzäune angeschafft. Hinzukommt ein erhöhter personeller Einsatz; neben den eigenen Familienmitgliedern werden weitere Helfer und ein Sicherheitsdienst vor Ort sein. Es gibt einen Ein- und Ausgang sowie Notausgänge.
Egal ob Aussteller oder Besucher, ihnen allen sei empfohlen, sich vorab online einen Überblick zu verschaffen. »Das ist ein Riesenklotz an Information, den jeder vorher durchlesen muss. Das wird uns Nerven kosten«, hat Moritz Haas Respekt vor dem kommenden Wochenende.
Aber der 19-Jährige sagt auch: »Der 4. Juli wird unser Unabhängigkeitstag«. Er brennt darauf, dass es endlich wieder losgeht. Früher als sonst wird mit der Platzvergabe begonnen: Punkt 4 Uhr soll es am Samstag am Afföller beginnen; bei 100 Ausstellern aber dürfte Schluss sein - um die Abstände einhalten zu können, beträgt die Mindeststandgröße vier Meter (bisher: ein bis drei Meter). Um die Mehrkosten für Absperrungen, Personal und Hygienemaßnahmen decken zu können, wird in Marburg pro Besucher ab zwölf Jahren ein Euro Eintritt erhoben; für Aussteller bleiben die Preise unverändert.
Anders sieht es beim Floh- und Trödelmarkt einen Tag später aus, am 5. Juli auf dem Herkules-Parkplatz in der Neuen Mitte in Pohlheim: Pro Stand werden fünf Euro Gebühr mehr erhoben, der Eintritt für Besucher ist indes frei.
»Unsere letzte Preiserhöhung ist neun Jahre her, und samstags zahlen die Besucher den Mehraufwand. Wir finden diese Lösung ist für alle Beteiligten sehr fair«, sagt Familie Haas.
Für Marburg und Pohlheim gilt: Mehr als 250 Besucher gleichzeitig dürfen nicht auf dem Platz sein. An weiteren Flohmarkt-Terminen und -Orten wird noch gearbeitet.