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Jägersplatt bleibt ohne Bares

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Von: Constantin Hoppe

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Nach der Sprengung des Geldautomaten am Rathausplatz in Steinbach gab es für Sparkassenkunden keine Möglichkeit, ihr Bargeld vor Ort abzuheben. Ab Ende Juli wird die Filiale wieder zur Verfügung stehen. ARCHIVFOTO: IK © Constantin Hoppe

Anfang des Jahres wurde klar, dass es keinen neuen Geldautomaten der Sparkasse auf der Jägersplatt in Annerod geben wird. Bei den Fraktionen im Gemeindeparlament führte das zu Kritik. Nun stand der Sparkassenvorstand den Parlamentariern Rede und Antwort.

Die Sparkasse Gießen wird keinen neuen Geldautomaten in Annerod installieren. Das stand schon vor Beginn der Sitzung des Gemeindeparlaments am Dienstagabend im Albacher Bürgerhaus fest. Bereits Anfang des Jahres wurde bekannt, dass die Sparkasse ihre Zusage für einen Servicepunkt (kleines quadratisches Gebäude mit einem Geldautomaten) auf der Jägersplatt zurückgezogen hat.

Diese Entscheidung verteidigte Peter Wolf, Vorstandschef der Sparkasse. Zwei Faktoren haben dabei für das Geldinstitut den Ausschlag gegeben: Das geänderte Kundenverhalten und die Automatensprengungen der vergangenen Monate: »Die Gefährdungslage an diesem Standort ist einfach zu groß.« Für die Bürger vor Ort bedeutet das einen weiteren Abbau der Infrastruktur und eine schlechtere Versorgung mit Bargeld.

Eigentlich war geplant - und so mit der Gemeinde abgesprochen -, dass Ende des Jahres 2021 der Servicepunkt auf dem Parkplatz des im Bau befindlichen Nahversorgers entstehen sollte. Zumindest testweise für zwei Jahre: »Der frühere Geldautomat in Annerod hatte schon nicht die Postenzahl, um für die Bank rentabel zu sein - mit dem neuen hätte das auch nicht mehr funktioniert«, sagte Wolf.

Insgesamt wäre eine Zahl von 50 000 Postenstellen nötig, um einen Standort rechtfertigen zu können - der Automat in Annerod habe schon früher nicht einmal die Hälfte dieser Zahl aufgebracht. Trotzdem hatte der Vorstand der Bank gegenüber dem früheren Bürgermeister Stefan Bechthold einem Testlauf über zwei Jahre zugestimmt.

Auch eine Kooperation im Rahmen eines gemeinsamen Standorts mit der Volksbank stand zur Diskussion - diese Gespräche verliefen laut Wolf im Sand: »Die Volksbank hat bereits einen Standort in Annerod und wollte diesen beibehalten.«

Durch die Serie von Geldautomatensprengungen der vergangenen Monate überdachte die Sparkasse das Vorhaben komplett. »Aufgrund einer Gefährdungsanalyse mussten wir das Projekt zurückziehen«, sagte Wolf. Direkt an der B 49 gelegen und mit wenig nächtlichem Verkehr, wäre die Gefahr zu groß gewesen: »Die Polizei hat uns darauf hingewiesen, dass wir an diesen Geldautomaten die Zündschnur direkt hätten dranhängen können.« Eine stärkere Sicherung des Servicepunkts würde laut Wolf zu keiner Verbesserung führen: »Das ist wie ein Wettrüsten. Bauen wir weitere Sicherungen ein, gehen die Täter einfach noch rabiater vor. Bei einem einfachen Pavillon, wie er auf der Jägersplatt vorgesehen war, würden sie schließlich das ganze Gebäude einreißen.«

Bei den Gemeindevertretern führte das zu fraktionsübergreifender Kritik: »Die Sparkasse hat einen Versorgungsauftrag. Es sollte nicht die Gewinnoptimierung, sondern die Versorgung der Bürger mit Bargeld im Vordergrund stehen, wo bleibt diese Versorgung?«, fragte Stefan Becker (FW). Denn nach der Sprengung der Filiale am Rathausplatz in Steinbach im November des vergangenen Jahres steht Sparkassen-Kunden in Fernwald kein einziger Bargeldautomat mehr zur Verfügung. Auch für Rainer Müller (Grüne) steht der Bürgerservice an erster Stelle: »Es gibt viele ältere Menschen in unserer Gemeinde, die nicht mehr mobil sind. Wie sollen die an Bargeld kommen?«

Diese Aspekte spielen für die Sparkasse eine untergeordnete Rolle: Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung würden immer mehr Menschen bargeldlos zahlen, Ältere würden immer häufiger Onlinebanking nutzen. Für ältere, nicht mobile Menschen gebe es zudem das Angebot eines Bargeld-Bringdienstes. »Die Versorgung mit Geldautomaten wird nicht besser, das ist eben die Wahrheit«, sagte Wolf.

Auch eine von Gemeindevertreter Gerd Espanion (SPD) vorgeschlagene Reaktivierung des früheren Sparkassenstandorts am Erlenweg in Annerod kommt für den Vorstand nicht in Frage: »Dort wären erhebliche Investitionen nötig - das wäre mit Blick auf die Postenzahl einfach unrentabel.«

Zumindest eine gute Nachricht hatte der Sparkassenvorstand dann aber doch für die Gemeinde: Ende Juli soll die Sparkassenfiliale in Steinbach wieder nutzbar sein. Hier ist weiterhin ein personenbesetzter Schalter vorgesehen. Allerdings wird noch etwas Geduld gefragt sein, bis es an dieser Stelle wieder einen SB-Geldautomaten geben wird. Aufgrund der Lieferzeit wird dieser voraussichtlich erst Ende August in der Filiale vorhanden sein.

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