Interne Konkurrenz für Benz?

Thomas Benz strebt eine zweite Amtszeit als Allendorfer Bürgermeister an, die Mandatsträger der Freien Wähler unterstützen ihn - aus Sicht mancher überraschend früh. Während einiges auf eine Machtprobe bei den FW hindeutet, sehen die anderen Fraktionen keinen Grund zur Eile. Und die Ex-Bürgermeisterin schließt ihre Rückkehr nicht aus.
Die Zeit drängt längst nicht, es gibt noch keinen Wahltermin - aber der erste Hut liegt, vorerst einsam, schon im Ring: Die Fraktions-, Ortsbeirats- und Magistratsmitglieder der Allendorfer Freien Wähler (FW) haben kürzlich Bürgermeister Thomas Benz einstimmig das Vertrauen als Kandidat für die Wahl 2023 ausgesprochen. Dazu später mehr.
Wie sieht es bei politischen Konkurrenten aus? Wollen sie eigene Personalvorschläge machen - und falls ja: welche?
Bei der SPD scheint eine sehr ungewöhnliche Konstellation nicht ganz abwegig: Will Annette Bergen-Krause, die 2017 als Amtsinhaberin äußert knapp gegen Benz verloren hatte (siehe Kasten), womöglich ins Rathaus zurückkehren? Sie sitzt nach wie vor im Kreistag und hat im März in Allendorf ein politisches Comeback hingelegt: Bergen-Krause stand bei der Kommunalwahl nicht auf einem vorderen SPD-Listenplatz, fuhr dann aber mit 1284 Einzelstimmen das über Parteigrenzen hinweg beste persönliche Ergebnis ein. Nun führt sie - durchaus meinungsstark - die SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung.
Zu einer möglichen erneuten Kandidatur will sich die Altbürgermeisterin auf GAZ-Anfrage zurzeit nicht äußern. »Wir haben 2021!«, betont Bergen-Krause, die Kandidatenfrage sei für die SPD noch kein drängendes Thema. Bis 2023 könne viel passieren, nun stehe vor allem erst einmal die Haushaltsberatung an.
Auf Bundesebene sind die Sozialdemokraten letztlich gut damit gefahren, mit Olaf Scholz als erste Partei einen Kanzlerkandidaten zu nominieren. Aber Allendorf ist nicht Berlin. Bergen-Krause hält es für ausreichend, Mitte kommenden Jahres darüber zu entscheiden.
So sieht es auch die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins, Brigitte Heilmann: »Bei uns gibt es noch keine endgültige Entscheidung, dafür ist es zu früh.« Mit einer möglichen SPD-Nominierung könne man sich durchaus bis zum Sommer Zeit lassen.
Unter den Genossinnen und Genossen wird aber offenbar bereits diskutiert: »Wir haben uns intern schon darüber unterhalten, würden aber einem Kandidaten oder einer Kandidatin nicht anderthalb Jahre Wahlkampf zumuten wollen«, so Fraktionsvorsitzende Bergen-Krause. Man sei »in der Findungsphase«. Ende November wählt der SPD-Ortsverein einen neuen Vorstand, aber die »B-Frage« steht nicht auf der Tagesordnung.
Dass die SPD selbst jemanden ins Rennen ums Rathaus schicken wird, davon geht zumindest Bergen-Krause aus. »Ich glaube nicht, dass Thomas Benz ohne Gegenkandidat oder -kandidatin in den Wahlkampf gehen wird«, sagt sie. Wichtig sei, dass er oder sie für eine Kandidatur »eine Historie mit Fach- und Sachverstand mitbringt«. Ob auch jemand von außerhalb für die SPD infrage kommen könnte, lässt Bergen-Krause offen.
Die Grünen hatten 2017 den FW-Kandidaten Benz mit unterstützt - wäre das nun erneut eine Option? Sandra Henneberg, Fraktionsvorsitzende der Grünen, will darüber nicht spekulieren. Ob es einen grünen Kandidaten oder eine Kandidatin geben werde, dazu könne sie noch nichts sagen. Dass Benz erneut antrete, damit habe sie gerechnet - »aber der Zeitpunkt ist vielleicht etwas überraschend«.
Brunhilde Trenz, Fraktionsvorsitzende der BfA/FDP, kann die frühe Nominierung Benz‘ durch die FW-Mandatsträger durchaus nachvollziehen: »Als Mehrheitsfraktion ist es legitim, zu sagen: Er ist unser Bürgermeister, wir wollen mit ihm weitermachen.« In den eigenen Reihen habe man über die Positionierung im Wahlkampf noch nicht gesprochen.
CDU-Fraktionsvorsitzender Ulrich Krieb, 2011 selbst Bürgermeisterkandidat, betont, dass sich auch für die Christdemokraten die Kandidatenfrage noch nicht stelle. »Das ist noch weit weg«, sagt er und will sich noch nicht dazu äußern, ob und gegebenenfalls wen die CDU nominieren wird.
Zurück zur Kandidatur von Benz: Dass der Amtsinhaber schon jetzt seinen Hut in den Ring werfe, habe ihn überrascht, sagt Krieb. Auch habe er den Eindruck, »dass die FW-Fraktion in Allendorf nicht immer so hinter ihrem Bürgermeister steht, wie man es aus anderen Kommunen kennt«. Mitunter würden Vorlagen aus der Verwaltung, für die der von den FW nominierte Bürgermeister letztlich verantwortlich zeichnet, aus deren Reihen in seinen Augen recht deutlich kritisiert.
Ein Beispiel vom Beginn seiner Amtszeit: Als im März 2018 das Parlament über den ersten von Benz eingebrachten Haushalt abstimmte, fiel das Zahlenwerk im ersten Anlauf krachend durch. Auch die FW-Fraktion stimmte mehrheitlich dagegen.
Bemerkenswert ist, wer sich neulich für Benz als erneuten Kandidaten ausgesprochen hat: Bei der Fraktionssitzung waren laut Pressemitteilung des FW-Fraktionsvorsitzenden Ralf Hofmann die FW-Vertreter aus dem Parlament, dem Magistrat und den Ortsbeiräten dabei. Eine eher ungewöhnliche Runde.
Der Ortsvorstand der Freien Wähler wird in der Mitteilung nicht erwähnt, wobei es durchaus üblich ist, eine Nominierung dort anzustoßen.
Manuel Sult, Vorsitzender der Allendorfer FW, war bis zur Kommunalwahl Stadtverordneter, ist derzeit aber kein Mandatsträger. Er sei bei der Sitzung nicht dabei gewesen, äußert er sich auf Anfrage. Die Mitgliederversammlung der FW finde im Dezember statt, dann werde endgültig über die Nominierung entschieden.
Ob die Versammlung ebenfalls den Bürgermeister unterstützen wird? »Davon gehe ich aus«, sagt Sult - doch es sei natürlich möglich, dass noch ein anderer Vorschlag kommen könnte, »das kann ich nicht mit Sicherheit ausschließen«. Darüber habe es »noch keine Gespräche« gegeben.
Es scheine, als wolle man bei den Freien Wählern »Druck vom Kessel lassen«, äußert sich ein Allendorfer Parlamentsmitglied. Vereinzelt wird aus der Kommunalpolitik die Vermutung geäußert, Sult als FW-Vorsitzender habe Ambitionen auf das Bürgermeisteramt. Strebt er eine Kandidatur an? Dazu wolle er sich zurzeit nicht äußern, sagt Sult.
Und der Bürgermeister? Wird die Mitgliederversammlung seine Kandidatur mit einer Nominierung bestätigen? »Ich gehe zu 100 Prozent davon aus«, sagt Benz. Die Versammlung warte er »völlig entspannt« ab, nun stehe zunächst eine Vorstandssitzung der Freien Wähler an. »Auf mich ist noch keiner zugekommen und hat gesagt: Ich würde eine Kandidatur in Erwägung ziehen - das wäre natürlich legitim, wir leben in einer Demokratie«, so der Bürgermeister.
Warum erfolgte die Vornominierung durch die FW-Mandatsträger - und warum schon jetzt? »Man musste irgendwann mal entscheiden, wen man als Kandidaten ins Rennen schicken will, vielleicht auch, um ein bisschen Ruhe ins Umfeld zu kriegen.« Trotzdem sei bei den FW »nicht mehr Druck im Kessel als bei den anderen auch«, sagt der Rathauschef.
Den Eindruck, die Fraktion stehe mitunter nicht hinter ihm, teile er so nicht: Er sei einst bewusst bei der SPD ausgetreten und habe sich den Freien Wählern angeschlossen - »und da ist man vielleicht zum Glück ein bisschen freier«, das stecke ja schon im Namen. Dass es auch innerhalb der FW-Fraktion teils unterschiedliches Abstimmungsverhalten gebe, »finde ich gut«.
Zwar hat der Bürgermeister-Wahlkampf in der kleinsten Kreiskommune noch nicht wirklich begonnen - aber spannend ist er schon jetzt.