Waldumbau wird zum Glücksspiel

Hungen (pm). In Zeiten, in denen der Klimawandel noch kein Thema war, sah man aus waldökologischer Sicht ein Hauptproblem in den Fichtenmonokulturen, die zur Bereitstellung von Bauholz nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden waren. Wie sich diese Sicht mittlerweile geändert hat, berichtete Forstwissenschaftler Thomas Ullrich auf Einladung der NABU-Gruppen Nonnenroth und Horlofftal bei einer Exkursion.
In Hessen, einen von Laub- und Mischwäldern geprägten Land, lag der Anteil reiner Fichtenwälder stets unter zehn Prozent der Waldfläche. Nun stehe die Welt am Beginn einer dramatischen Klimakrise. Die Folgen sind an den Fichtenbeständen abzulesen: Früher häufig von Borkenkäfern befallen, sind nun großflächig Bestände aufgrund von Trockenheit abgestorben.
In Zukunft werden Trockenheit besser vertragende Baumarten in der Waldzusammensetzung an Bedeutung gewinnen, sagte Ullrich. Dies sind beispielsweise Eichen- und Lindenarten, die Hainbuche, der Feldahorn, die Vogelkirsche und die seltene Elsbeere.
Um jedoch wirklich einen Wald zu gestalten, der für den Klimawandel fit ist, müssten die Forstleute wissen, um wieviel Grad die Temperaturen in Mittelhessen tatsächlich steigen werden. Daran zu glauben, dass das Ziel, den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen, noch erreicht, fehlt dem Forstwissenschaftler der Optimismus. Wenn jedoch die Temperatur um zwei oder Grad steigt, »dann ist das heute gepflanzte ggf. ebenso falsch wie eine Fichtenmonokultur. Das ist das wahre Dilemma«.
Für die Anpassung an den Klimawandel stehen in Mitteleuropa nur rund 40 heimische Baumarten zur Verfügung. Im Gegensatz dazu kommen in Nordamerika und Asien in der gleichen Klimazone rund 2000 Baumarten vor. Für diese Artenarmut mitteleuropäischer Wälder sind die Alpen verantwortlich, die in den Eiszeiten ein Ausweichen der Bäume in den Süden verhinderten.
Angesichts der Klimazonenverschiebung sollte man aus Sicht des Forstexperten auch gezielte Anbauversuche mit Gastbaumarten aus trockenen Regionen wagen. Dazu zählen beispielhaft die Esskastanien und Walnussbäume wie aber auch bewährte Arten wie die nordamerikanische Douglasie.
Stürme, Trockenheit, und Starkregen, so der Wissenschaftler, verstärken in Zukunft die Klimaextreme. Alles keine hoffnungsvollen Vorzeichen für die weitere Entwicklung der Wälder. Die heimische Forst- und Holzwirtschaft ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und sichert viele Arbeitsplätze, ganz abgesehen von den gigantischen Wohlfahrtsleistungen, die der Wald kostenlos täglich erbringt. Ullrich sagte , dass es sinnvoll ist, ein breites Artenspektrum von Baumarten zu fördern. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass einige dabei sein werden, welche mit verändernden Klimabedingungen zurechtkommen. FOTO: WEISS