Verstrickt im Liebestaumel

Hungen (kjg). Es muss wie ein Unfall aussehen. Davon war der Bauamtsleiter fest überzeugt. Aber wie sollte er es anstellen, dass Rosemarie Borchel, seine Liebesdienerin und Inhaberin eines ensprechenden Etablissements, zu Tode kam, ohne dass jemand Verdacht schöpft? Sie muss sterben. Das geht nicht anders. So begann einer der Kurzkrimis, den Schauspieler Roland Jankowsky, vor allem bekannt als Overbeck aus der Krimiserie »Wilsberg« in der ausverkauften Schäfer-Stadthalle in Hungen im Rahmen des Gießener Krimifestivals las - und die Besucher dabei in Atem hielt.
Test geht daneben
Immer wenn seine Frau die Bibelstunde des örtlichen Pfarrers besuchte, war der Bauamtsleiter bei Rosie, wie er sie zärtlich nannte. Auch diesmal lagen sie wieder nackt auf dem Divan. »Wann bekomme ich jetzt endlich meine Baugenehmigung«, wollte sie wissen. Ihr Plan war die Aufstockung des Hauses, in dem sich das Etablissement befand, um ein Studio für speziellen Sex mit Liebesschaukel und ähnlichem zu errichten. Der Bau-amtsleiter wich aus. Es war schade, aber sie muss sterben, denn sie hatte damit gedroht, seiner Frau alles zu berichten, falls sie die Genehmigung nicht bekommen würde. Aber das war nicht möglich. Dagegen sprachen Bebauungsplan und Baugesetze. Er musste den Antrag ablehnen.
Der Bauamtsleiter hatte einen Plan. Er wollte die Schaukel manipulieren, und die flotte Rosie sollte bei einem »Unfall« in ihr umkommen. Er kaufte ein solches Gerät, das ihn mit den vielen Schnüren und Stricken verwirrte, und baute es auf seinem Dachboden auf, um einen Selbsttest durchzuführen. Dabei ist der Bauamtsleiter von den Stricken erdrosselt worden. So ist es also tatsächlich zu einem Unfall gekommen.
So wie Jankowsky die Kurzgeschichte las, entbehrte das Ende des Bauamtsleiters nicht einer gewissen tragischen Komik. Ähnlich war es in den anderen kurzen Krimis, in denen einmal die Umstrukturierung im Rathaus durch den Tod des Bürgermeisters verhindert werden sollte oder eine Familie dadurch zusammenwuchs, dass sie sich beim Urlaub am Mittelmeer die Plätze für ihr Wohnmobil durch den Mord an anderen Mietern erkämpfte, wobei jeder einmal dran war.
Spannung auf die Spitze getrieben
Der mit seiner Familie in Köln wohnende Jankowsky lebte die beschriebenen Figuren, litt mit ihnen und teilte auch die Schadenfreude auf diabolische Art mit ihnen. Durch seine Diktion, die Setzung von Pausen, das Variieren der Ausdrucksweise, Heben oder Senken der Stimme gelang es ihm immer wieder, die Spannung auf die Spitze zu treiben und die Zuhörer mitzunehmen. Eine Zusammenfassung seiner Lesungen, in denen er Stücke bekannter Autoren liest, findet sich in den beiden Büchern »Waffe weg! Over...!« und »Aus! Ende! Over...!«..