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Reaktivierung Horlofftalbahn: Tarek Al-Wazir rechnet mit Baurecht in zwei Jahren

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Von: Patrick Dehnhardt

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Reisende warten auf den Zug am Bahnhof Langsdorf. Das Land will in die Infrastruktur auf der Bahnstrecke Gießen-Hungen investieren. Unter anderem soll ein neues Stellwerk gebaut werden.
Reisende warten auf den Zug am Bahnhof Langsdorf. Das Land will in die Infrastruktur auf der Bahnstrecke Gießen-Hungen investieren. Unter anderem soll ein neues Stellwerk gebaut werden. © Patrick Dehnhardt

Bund und Land haben große Investitionen in den Schienenverkehr angekündigt. Davon sollen auch die Horlofftalbahn und die Oberhessische Eisenbahn profitieren, kündigt der Verkehrsminister an.

Die Oberhessische Eisenbahn bringt seit 150 Jahren Reisende und Pendler von Hungen, Lich. Langsdorf und Garbenteich nach Gießen und zurück. Bei manchen Bahnhöfen hat man das Gefühl, dass man ihnen das Jubiläum ansehen kann. In Lich etwa fehlen vernünftige und barrierefreie Bahnsteige, in Langsdorf gibt es nur ein winziges Wartehäuschen als Wetterschutz. Und dies, obwohl die Bahnstrecke mittlerweile so stark wie noch nie in ihrer Geschichte von Reisenden genutzt wird.

Noch schlimmer sieht es bei der Horlofftalbahn aus: Uralte Stellwerkstechnik, dazu Streckenabschnitte, auf denen aus Sicherheitsgründen nur noch Fahrten im Schneckentempo zugelassen waren und die durch den Tagebau bedingte Verlegung des Bahnhofs Bellersheim mitten ins Feld sorgten für schlechte Nutzerzahlen und schließlich der Stillegung des Abschnitts zwischen Hungen und Wölfersheim 2003.

Al-Wazir kritisiert Vernachlässigung des Schienennetzes

Beim Hessischen Verkehrsministerium hat man das Problem erkannt: »Das deutsche Schienennetz ist lange Zeit vernachlässigt worden, und dieser Investitionsstau lässt sich nur nach und nach abbauen«, sagt Verkehrsminister Tarek Al-Wazir gegenüber der Gießener Allgemeinen Zeitung. Beim Abbau des Investititonsstaus will man klotzen statt kleckern: »Bund und Land werden in den nächsten Jahrzehnten 20 Milliarden Euro in den Ausbau der hessischen Schieneninfrastruktur investieren.«

Doch was davon wird der Oberhessischen Eisenbahn und der Horlofftalbahn zugute kommen? »Erstens ein neues und leistungsfähigeres Stellwerk, das bei der Deutschen Bahn bereits in Planung ist«, sagt der Verkehrsminister. »Es wird einen dichteren Takt und einen zusätzlichen Halt in Pohlheim-Hausen erlauben. Zweitens die Reaktivierung der Horlofftalbahn. Mit ihr wird es möglich werden, in der Hauptverkehrszeit neue durchgehende Verbindungen von Lich über Hungen nach Friedberg und Frankfurt anzubieten.« Die Kosten wurden 2018 mit rund 20 Millionen Euro angegeben.

Modernisierung zwischen Gießen und Nidda

Zudem sei auf der Strecke Gießen-Nidda die Modernisierung der Leit- und Sicherheitstechnik geplant. Auch diese soll zu schnelleren Verbindungen beitragen.

Als die schwarz-grüne Landesregierung ihre Arbeit aufnahm, wuchs vor allen Dingen bei den Befürwortern der Horlofftalbahn die Hoffnung auf eine schnelle Reaktivierung. Es wird allerdings noch ein paar Jahre dauern, bis der erste Zug rollen könnte: »Nach Machbarkeitsstudie und Vorplanung ist nun als nächster Schritt die Entwurfs- und Genehmigungsplanung angelaufen«, sagt Al-Wazir. »Ich rechne damit, dass in rund zwei Jahren das Baurecht vorliegen kann.«

Neues Stellwerk soll Mitte 2025 fertig werden

Wichtigste Voraussetzung für die Inbetriebnahme der Horlofftalbahn sei das Elektronische Stellwerk für die Strecke Gießen-Nidda, das Mitte 2025 fertiggestellt werden soll. »Von dort soll auch die Horlofftalbahn gesteuert werden.«

Dass überhaupt über eine Reaktivierung der Bahnstrecke seit nun 20 Jahren diskutiert werden muss, liege an Versäumnissen der Bundes- und Landespolitik in der Vergangenheit: »In den vergangenen Jahrzehnten sind leider bundesweit viele Nebenstrecken stillgelegt worden, allein in Hessen etwa 80. Das war ausgesprochen kurzsichtig, denn die Bahn ist ja nicht nur ein klimaschonendes, sondern grundsätzlich auch sehr beliebtes Verkehrsmittel«, kritisiert Al-Wazir. Er habe daher direkt nach seinem Amtseintritt eine Bestandsaufnahme in die Wege geleitet, die Potenziale für die Wiederinbetriebnahme von Bahnstrecken erfassen sollte. Ein Ergebnis seien die konkreten Planungen für die Horlofftal- und die Lumdatalbahn.

Schlechte Chancen für Reaktivierung der Verbindung Lich-Butzbach

Da die Horlofftalbahn zwar stillgelegt, aber nicht demontiert ist, gestaltet sich ihre Reaktivierung als noch relativ einfach. Bahnverbindungen wie die zwischen Lich und Münzenberg oder Hungen und Laubach sind seit Jahrzehnten demontiert. Für solche Verbindungen stehen die Comeback-Chancen schlecht, sagt der Verkehrsminister: »In manchen Fällen sind sogar die Schienen demontiert worden, dann finden Sie allenfalls noch eine überwucherte Trasse. Oder die Strecke ist überbaut worden, dann ist ein solches Vorhaben sehr schwierig.« Jedoch dürften in solche Überlegungen nicht allein die Investitionskosten einfließen: »Voraussetzung einer Reaktivierung ist immer ein wirtschaftlich tragfähiges Betriebskonzept - also genügend Fahrgäste, die die Verbindung auch nutzen wollen.«

Al-Wazirs Wunsch zum 150. Geburtstag der Oberhessischen Eisenbahn lautet daher: »Allzeit gute Fahrt und viele Fahrgäste - denn je mehr Passagiere, desto mehr rechnen sich weitere zusätzliche Angebote. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass die Modernisierungen dazu führen werden.«

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