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Platz für 48 geflüchtete Menschen

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Von: Ursula Sommerlad

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Hungen (us). Die Zeit drängt. Weil der Landkreis in den kommenden Monaten mit steigenden Flüchtlingszahlen rechnet, sollen in vier Kommunen neue Unterkünfte entstehen. Eine davon in Hungen. Vor den Sommerferien wurden die Rahmenbedingungen für den Bau eines zweigeschossigen Gebäudes in der Sudetenstraße kontrovers diskutiert. Jetzt ist eine Einigung in Sicht.

Einstimmig hat der Haupt- und Finanzausschuss am Mittwochabend grünes Licht gegeben. Diesem Beschluss zugrunde lag ein Vertragsentwurf, in dem der Landkreis den Wünschen der Stadt in wesentlichen Punkten entgegenkommt. »Insgesamt ist die Vereinbarung sehr kommunenfreundlich«, konstatierte Erster Kreisbeigeordneter Christopher Lipp, der den Ausschussmitgliedern im Bürgerhaus in Obbornhofen Rede und Antwort stand.

Die endgültige Entscheidung fällt am kommenden Dienstag in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung.

Dass in Hungen keine grundsätzlichen Widerstände gegen den Bau einer Unterkunft für Geflüchtete bestehen, machte Ausschussvorsitzender Christoph Fellner von Feldegg gleich zu Beginn der Sitzung deutlich: »Wir wissen, dass die Maßnahme notwendig ist und zügig erfolgen soll.« Zugleich wies er darauf hin, dass viele Menschen in Hungen privat aufgenommen wurden und von Ehrenamtlichen sehr engagiert begleitet werden.

Auch Fabian Kraft von Pro Hungen merkte an, dass das Votum für den Standort Sudetenstraße bereits einstimmig gefallen sei. Es folgte das Aber: »Wir wären nicht auf die Idee gekommen, so etwas aus eigenen Mitteln zu errichten. Schon gar nicht zu den aktuellen Baupreisen.«

Die Vereinbarung zwischen Stadt und Kreis sieht nämlich vor, dass die Stadt das Grundstück stellt, dafür eine Nutzungsentschädigung erhält und das Gebäude später, wenn der Landkreis die Unterkunft nicht mehr braucht, zum Restwert zurückkauft. Die Details dieser Abmachung und etwaige finanziellen Risiken für die Kommunen sind nicht nur in Hungen kritisch hinterfragt worden. Der Erste Kreisbeigeordnete war in diesem Punkte allerdings ganz klar: Bisher sei es Konsens gewesen, dass der Landkreis die Unterbringung von Geflüchteten in Kooperation mit den Städten und Gemeinden zentral organisiert.

Wenn allerdings der Landkreis keine Unterkünfte mehr hat und auch keine neuen anmieten kann, wie es derzeit der Fall ist, dann seien die Kommunen voll in der Verantwortung. Lipp: »Man tut dem Landkreis keinen Gefallen, sondern erfüllt seine Pflicht mit. So würde ich das mal formulieren.« Und er machte Druck: »Wenn wir jetzt nicht handeln, kommen wir in eine ganz schwierige Situation.«

Dass neben Hungen auch Allendorf, Pohlheim und Lich als Standort für eine neue Unterkunft auswählt worden seien, sei der Tatsache geschuldet, dass es in diesen Orten bislang wenig Gemeinschaftsunterkünfte gebe. Zum Vergleich: Für Wettenberg nannte Lipp 195 Plätze, für Hungen 27.

Er machte außerdem deutlich, dass die neuen Unterkünfte in Holzbauweise optisch ansprechend und von guter Qualität sein sollen, mit PV-Anlage auf dem Dach, Wärmepumpen und Fassadendämmung. In Hungen sind auf zwei Stockwerken zwölf Wohneinheiten mit je 50 Quadratmetern vorgesehen. 48 Personen sollen hier vorübergehend ein Zuhause finden. Später, wenn der Landkreis die Unterkünfte nicht mehr braucht, will die Stadt die kleinen Wohnungen günstig vermieten.

Über die Modalitäten des vorgesehenen späteren Ankaufs war bereits am Dienstagabend im Bauausschuss ausgiebig diskutiert worden. Die zentralen Forderungen - garantierte Nutzung durch den Landkreis für acht Jahre, Nutzungsentgelt auf der Grundlage eines Bodenrichtwerts von 145 Euro und Rückgabe in mängelfreiem Zustand - konnte Lipp erfüllen. Nicht jedoch den Wunsch, der Landkreis möge auch die Grundsteuer übernehmen. Man strebe eine gleichlaufende Übereinkunft mit allen vier betroffenen Kommunen an, erläuterte er. »Jedes Nachverhandeln hätte Folgewirkungen für die anderen.«

Sorgen, die Stadt könnte in acht Jahren gezwungen sein, ein schadhaftes Gebäude zu kaufen, suchte der Dezernent zu zerstreuen. Laut Vertrag sei das Gebäude in mängelfreiem Zustand zu übergeben. Dieser Passus reiche. Es brauche keine ergänzenden Gutachten oder Ähnliches. »Sie haben es hier nicht mit einem windigen Investor zu tun. Hier stehen sich Landkreis und Kommunen als Partner gegenüber.«

Baubeginn 2023

Sobald die Verträge mit allen Kommunen besiegelt sind, will der Landkreis den Bau der Unterkünfte möglichst im Paket ausschreiben. Man hoffe auf ein breites Bieterfeld. Der Baubeginn sei für 2023 anvisiert. »Es ist wichtig, dass wir im nächsten Jahr diese Plätze haben«, unterstrich Lipp. Die Belegung von Turnhallen mit Geflüchteten wolle der Landkreis vermeiden. »Bisher ist uns das geglückt. Aber der Faktor Zeit ist entscheidend.«

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