Mit wenig Wasser viel löschen

Hungen/Fernwald (pad). Durch die Dürre steigt das Risiko, dass Wiesen und Felder in Brand geraten können. Dass sich so etwas schnell zu einem verheerenden Waldbrand entwickeln kann, zeigte sich vor einem Monat in Schönstadt bei Marburg. Dort griffen die Flammen von einem Feld auf den Wald über. 25 Hektar wurden Raub der Flammen. Wie sich ein solches, im Fachjargon Vegetationsbrand genanntes Feuer effektiv bekämpfen lässt, trainierte nun die Freiwillige Feuerwehr Hungen.
Ausbildungsleiter Florian Vornlocher hatte dazu die Spezialisten der Feuerwehr Fernwald eingeladen. Tobias Hennemuth und sein Team haben in den vergangenen Jahren intensiv an Konzepten für Wald- und Wiesenbrände gearbeitet und zusammen mit dem Landkreis entsprechende Ausrüstung angeschafft, mit der sich solche Feuer effektiv bekämpfen lassen.
Denn es gibt viele Unterschiede zu einem klassischen Wohnungsbrand, erklärt Vornlocher. Das fängt schon bei der Kleidung an. Während man sich bei einem Hausbrand mit dicker Nomex-Kleidung vor Durchzündungen schützt, bleibt diese bei einem Wald- oder Wiesenbrand im Schrank. Stattdessen wird dünne Baumwollkleidung getragen, in der man nicht ganz so schnell ins Schwitzen kommt. Denn die Bekämpfung eines Flächenbrandes ist enorm anstrengend.
Zudem müssen die Feuerwehrleute mit wenig Wasser auskommen. Die Tankvorräte der Fahrzeuge sind erst einmal begrenzt, Hydranten oder Teiche in der Nähe zum Brandort eher eine Seltenheit.
Hennemuth erklärte den Feuerwehrleuten, dass es auch gar nicht viel Wasser braucht, um einen Flächenbrand in den Griff zu kriegen. Denn Ziel ist es zunächst einmal nicht, mit Wasserfluten die Flammen niederzuschlagen, sondern das Feuer an der Ausbreitung zu hindern. Denn sobald ihm der Brennstoff fehlt, erlischt es von selbst.
Rucksäcke mit Löschwasser
Darum kommen auch nicht die C-Schläuche, die man von Wohnhausbränden kennt, sondern die wesentlich dünneren D-Schläuche zum Einsatz, die in ihrer Dimension an einen Gartenschlauch erinnern. Diese haben den Vorteil, dass sie gefüllt deutlich leichter sind und sich so besser hinterherziehen lassen.
Auch der Umgang mit Löschrucksäcken wurde trainiert. Diese haben ein Volumen von rund 20 Litern. Das klingt erstmal nach wenig. Mit der kleinen Handspritze lassen sich jedoch schnell große und unwegsame Flächen ablöschen.
Einfach, aber effektiv: die Feuerpatsche. Mit ihr lassen sich die Flammen schnell ausschlagen. Mit speziellem Gerät wird zudem der Boden aufgewühlt, um an versteckte Glutnester zu gelangen.
Hennemuth erklärte auch, dass man den Brand zunächst von den Flanken - also der rechten und linken Seite - zu bekämpfen beginnt und sich dann zur Mitte des Feuers vorarbeitet. Wichtig ist auch, sichere Bereiche im Blick zu haben, in die man sich bei plötzlich drehendem Wind oder bei anderen Problemen zurückziehen kann.
Nach der Theorie stand die Praxis an. Landwirt Ingo Schmalz hatte dafür einen Stoppelacker zur Verfügung gestellt und nach Hennemuths Vorgaben Brandschneisen ins Feld geeggt. Er stand mit seinem Traktor zudem einsatzbereit am Rand. So war sichergestellt, dass das Übungsfeuer nicht außer Kontrolle geraten konnte.
Am echten Feuer lernten die Feuerwehrleute, wie sich die Flammen bei so einem Brand verhalten und wie schnell sie sich ausbreiten können. Zudem zeigte sich, dass das Fernwälder Konzept gut funktioniert, denn die Übungsfeuer waren schnell im Griff und gelöscht. Beeindruckend: In mehreren Stunden Übung wurden nur wenige hundert Liter Wasser verbraucht, die turnusgemäß sowieso hätten getauscht werden müssen.