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»Köppel« ist ein Paradies für sich

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Von: Constantin Hoppe

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Jakob Nolte erklärt botanische Aspekte des »Köppel«. © Constantin Hoppe

Hungen (con). Vor mehr als zehn Millionen Jahren begann in der Nachbarschaft des heutigen Landkreises Gießen ein Naturschauspiel: Der Vogelsberg spie Feuer - Vulkanismus veränderte die Landschaft. Zusammenhängende Basaltdecken brachen auf, Vulkangesteine lagerten sich ab und wandelten sich über die Jahrmillionen in rote Tonerden; es bildeten sich Bauxit und Eisenerze.

Bis heute wirkt dieses Ereignis nach, was man vor allem im östlichen Teil des Kreisgebietes vielerorts sieht. Auch in der Hungener Gemarkung sind die Spuren des Vulkanausbruchs noch zu sehen.

Auf ebendiesen Spuren wandelten nun mehrere Besuchergruppen am »Tag des Geotops« in der Langder Gemarkung. Hier prägen die Folgen des Vulkanismus auch heute noch die umliegende Landschaft, bildeten artenreiche Magerrasenflächen und sind auch im Ortsbild zu sehen - und zwar, wenn man ganz genau hinschaut. Denn auch hier wurde der Basalt als Baumaterial abgebaut. Hier und da kann man im Mauerwerk auch erkennen, wo genau der Langder Stein verwendet wurde. Doch von dem Materialabbau profitierten nicht nur die Menschen: Auf dem »Köppel« am Langder Ortsrand hat sich durch den Basaltabbau eine ganz besondere Struktur herausgebildet. Die Hügelkuppe ist fast schon durchlöchert - in jedem der zahlreichen kleinen Löcher wurden einst Steine abgebaut. Warum es so viele gibt, ist allerdings unbekannt - aber vermutlich hatte jeder Bewohner ein eigenes Loch zum Steinebrechen.

Färberginster und Kartäusernelke

»Aus landwirtschaftlicher Sicht war das hier eine ganz furchtbare Fläche - hier wuchs einfach nichts«, erklärte Ernst Brockmann den Zuhörern. Gemeinsam mit Jakob Nolte (Röthges) führte er eine Gruppe auf den »Köppel«. Brockmann merkte an: »Aus botanischer und zoologischer Sicht ist die Fläche sehr wichtig.«

Auf dem Gestein bildete sich schließlich eine schwache Humusschicht. So entstand hier eine Magerwiesenfläche, die heute die Heimstatt für allerlei seltene Pflanzen und Insekten darstellt. Der »Köppel« besitzt eine reiche Flora und Fauna, die vor allem durch Beweidung geprägt ist.

Viele der Kräuter und Gräser zeigen eine Anpassung an den trockenen und mageren Standort auf dem flachgründigen Basaltboden. Unter den Tierarten besitzen Insekten, besonders Schmetterlinge, die größte Artenvielfalt. Felsige Böden sind vor allem für die Insekten so wichtig. Zahlreiche auf nährstoffarme Flächen spezialisierte Pflanzen finden hier einen idealen Standort. Und so haben hier Pflanzen wie der Färberginster und die Kartäusernelke einen idealen Raum zum Wachsen. Das sich gerade diese beiden Pflanzen hier in Koexistenz finden lassen, ist jedoch eine weitere Besonderheit des Langder »Köppel«. Nolte (beim Bundeswettbewerb »Jugend forscht 2021« als einer der besten Nachwuchsforscher Deutschlands ausgezeichnet) erklärte: »Färberginster ist eigentlich eine Pflanze, die säurehaltige Böden mag und die Kartäusernelke basische Böden. Das sagt uns, dass wir hier einen sehr neutralen Boden haben - das sieht man nicht oft.«

Doch auch solche Flächen haben heute mit Problemen zu kämpfen: Durch Industrie und Dieselverbrennung werden große Mengen Stickstoff durch die Luft auf die Flächen getragen - die Folge ist eine starke Zunahme von Pflanzen wie Brennnesseln, die andere Arten verdrängen. FOTO: CON

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