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»Keiner hatte die Absicht, den Wald abzuholzen«

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Von: Ursula Sommerlad

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Hungen (us). Spätestens seit der Sitzung des Umweltausschusses sind die Würfel gefallen: Die Stadt Hungen wird rund 176 Hektar ihres Stadtwaldes in den Wildnisfond überführen, ein Projekt der Bundesregierung, das die biologische Vielfalt fördern soll. Die Stadt verzichtet dauerhaft auf die Nutzung des Baum- bestandes und erhält dafür als Ausgleich 4,47 Millionen Euro.

Auch in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Donnerstag im Bürgerhaus Rodheim wackelte die Mehrheit für die Teilnahme am Wildnisfonds nicht. Die Befürworter aus den Reihen von SPD, Grünen und Pro Hungen setzten sich mit 5:4 Stimmen gegen CDU und Freie Wähler durch. Den endgültigen Beschluss wird die Stadtverordnetenversammlung am kommenden Dienstag treffen.

Die Debatte um das Projekt wurde in den vergangenen Monaten ausgiebig und kontrovers geführt. Nun, da die Positionen klar sind, sparten sich die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses eine längere Diskussion.

Einen Hinweis mochte sich CDU-Fraktionsvorsitzender Norbert Marsfelde allerdings nicht verkneifen. In der Bürgerbefragung habe es keine Mehrheit für eine Teilnahme am Wildnisfonds gegeben. Und auch die Ortsbeiräte hätten sich dagegen positioniert. »Sie werden übergangen«, folgerte Marsfelde und erntete dafür heftigen Widerspruch von SPD und Grünen.

»Wir haben die Ortsbeiräte nicht übergangen«, stellte Christoph Fellner von Feldegg klar. Man habe deren Argumente sehr ernst genommen und abgewogen. »Es kommt immer mal wieder vor, dass Ortsbeiräte überstimmt werden«, merkte auch Frank Bernshausen (Grüne) an. »Das ist kein Novum.«

Holger Frutig von den Freien Wählern machte auf die Einzigartigkeit des anstehenden Beschlusses aufmerksam. Die Stadt gebe die Nutzungsrechte an besagten Waldflächen in Hungen, Langd und Villingen auf immer ab. Das sei wie verkaufen. »176 Hektar auf einen Schlag fort. Das hat es in Hungen seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gegeben.«

Zudem handele es sich um hoch wertvollen Wald, den die Stadt und die Forstbehörden in den vergangenen Jahrzehnten, ja sogar Jahrhunderten, geschaffen hätten. »Niemand hatte die Absicht, ihn abzuholzen«, betonte der FW-Fraktionsvorsitzende.

Der Wildnisfonds ist Teil der 2007 auf den Weg gebrachten »Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt«. Eines ihrer Ziele ist die Wildnisentwicklung. Die Natur soll sich auf zwei Prozent der Fläche Deutschlands wieder nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten ungestört entwickeln können.

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