»Keine eindeutigen Rückschlüsse«
Hungen/Gießen (bac). Seit einem Jahr müssen sich Olaf C. und Robert S. vor der fünften großen Strafkammer des Landgerichts Gießen wegen Mordes verantworten. Sie werden beschuldigt, Daniel M., einen gemeinsamen Bekannten, im November 2016 in einer Hofreite in Bellersheim erschossen und die Leiche beseitigt zu haben. Wer allerdings die tödlichen Schüsse abgegeben hat, das ist bis heute ungeklärt, denn die beiden Angeklagten beschuldigen sich gegenseitig, die Tat begangen zu haben.
Da auch die Leiche des Getöteten bis heute fehlt, kann sich die Anklage im Prozess um den sogenannten Mord ohne Leiche lediglich auf Indizien stützen. Entsprechend zähflüssig ist die Beweisaufnahme, und ein Ende ist noch nicht in Sicht.
Am gestrigen Dienstag wurde auf Antrag der Verteidigung erneut eine Sachverständige aus dem Landeskriminalamt in Wiesbaden befragt. Die Expertin sollte der Frage nachgehen, ob man anhand der Menge an Schmauchpartikeln auf einem sichergestellten T-Shirt feststellen kann, ob der Träger dieses Shirts selbst geschossen hat.
Im Rahmen der Ermittlungen wurden Bekleidungsstücke und ein Paar Lederhandschuhe sichergestellt, die Olaf C., dem älteren der beiden Angeklagten gehören, die aber von Robert S. aufbewahrt wurden. Mit diesen Beweisstücken hatte Robert S. den anderen Beschuldigten angeblich erpresst und sich damit sein Schweigen erkauft.
Auf einem T-Shirt wurden Blutspuren des Opfers und Schmauchspuren an den Ärmelbündchen gefunden. Auch auf den Handschuhen wurden Spuren gesichert. Hier fand man sowohl Schmauchspuren als auch die DNA des Älteren.
Dafür hatte Olaf C. in einem früheren Prozesstag folgende Erklärung: Robert S. habe geschossen. Allerdings habe dieser unter den Lederhandschuhen Latexhandschuhe getragen, sodass keine DNA von ihm dort zu finden war. Nach dem Mord habe Robert S. ihn gezwungen, die Handschuhe anzuziehen.
Angeklagte bitten um Bedenkzeit
Die Sachverständige erklärte am Dienstag, dass man deutliche Spuren an den Handschuhen gefunden habe, jedoch nur wenige an jenen Ärmelbündchen. Daraus ließen sich aber keine eindeutigen Rückschlüsse ziehen. Bei einer Schussabgabe spielten zudem viele Faktoren eine Rolle, die heute nicht mehr rekonstruierbar seien. Von daher musste die Expertin eine eindeutige Antwort schuldig bleiben.
Um etwas mehr Licht in den Vorgang um die Handschuhe zu bringen, fragte Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger schließlich die beiden Angeklagten, ob sie die Handschuhe noch einmal anziehen würden. Die beiden Männer baten nach Rücksprache mit ihren Anwälten um Bedenkzeit bis zum nächsten Prozesstag, der in der kommenden Woche stattfinden soll.