Für die Völkerverständigung gelebt

Hungen (con). Ein Leben wie das von Prof. Dr. Adolf Hampel lässt sich nur schwer in wenigen Zeilen fassen. Priester, Diplomat, WG-Gründer und Schlosseigentümer - über jede dieser Tätigkeiten Hampels könnte man wohl ein ganzes Buch füllen.
Und genau diese Aktivitäten sind es, für die er nun im Beisein zahlreicher Angehöriger, Freunde und Wegbegleiter mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Hungen ausgezeichnet wurde. Mit dem Eintrag ins Goldene Buch fand die Zeremonie ihren würdigen Abschluss.
Und welcher Ort wäre dafür passender gewesen als das Schloss Hungen, das dank Hampels Engagement heute in seinem Glanz erstrahlt?
Hampel erblickte am 7. September 1933 in Klein-Herrlitz (Sudetenland) als jüngstes von acht Kindern das Licht der Welt. 1946 wurden er und seine Familie vertrieben. Wo so viele wegen des Erlittenen Hass entwickelten, widmete er sein Leben der Völkerverständigung.
In Deutschland angekommen, besuchte Hampel in Passau das Gymnasium. Er entdeckte dort seine religiöse Neigung wie seine Faszination fürs Russische. 1953 bis 1958 studierte er Theologie in Königstein und am Collegium Russicum im Vatikan. 1958 ließ er sich nach byzantinischem Ritus zum Priester weihen, promovierte 1962 in Rom, erhielt einen Ruf an die PTH Königstein, wurde 1969 Professor für katholische Kirchengeschichte und Moraltheologie an der JLU Gießen.
Bald aber nahm sein Lebensweg eine bedeutsame Wende: Er lernte seine spätere Ehefrau Renate kennen, stellte beim Papst das Gesuch, ihn zu laisieren und vom Zölibat zu entbinden. 1973 dann zog die Familie ins Pfarrhaus im Torbau des Hungener Schlosses - und bald keimte die Idee, das heruntergekommene Schloss zu kaufen:
»Ich kam zu Graf von Oppersdorff und wollte nur ein paar Äste am Schloss schneiden«, erinnerte sich Hampel nun in der Feierstunde zur Ehrenbürgerschaft. »Er fragte: ›Ein paar Äste willst du? Warum nimmst du nicht gleich das ganze Schloss?‹ Und so kam es dann auch.«
Hampel fand Mitstreiter, klapperte die offiziellen Stellen ab. Am Ende des Wegs standen der Kaufvertrag, Sanierungen - waren 21 Wohnungen geschaffen. So wurde durch Hampels Engagement das - neben der Stadtkirche - wohl bedeutendste Hungener Baudenkmal erhalten.
Dass es heute so schön aussehe, Garten, Blauer Saal und Pferdestall für attraktive Veranstaltungen genutzt werden könne, sei dann zwar der Verdienst vieler geworden, meinte Christoph Fellner von Feldegg in seiner Laudatio. Um mit Blick auf Hampel doch anzufügen: »Den alles entscheidenden Impuls aber hast Du 1974 gesetzt. Du und Renate habt dafür gesorgt, dass unser Schloss ein sehr gastlicher und weltoffener Ort ist und bleibt. Es ist durch Euch auch ein Projekt der Völkerverständigung«, meinte von Feldegg,
Von ihm und seiner Frau Sabine war im Vorjahr der Vorschlag für diese Ehrung gekommen, und die städtischen Gremien waren dem einmütig gefolgt.
»Sie haben nicht nur zur Völkerverständigung beigetragen, Sie haben sie gelebt«, würdigte Bürgermeister Rainer Wengorsch das Wirken Hampels. Dessen Denken und Handeln sei davon geprägt, »Hilfe zu geben, wo sie benötigt wird«.
Hampel setzte sich nicht nur als Intellektueller in Wort und Schrift für die Verständigung mit dem Osten Europas ein, er pflegte zudem viele Kontakte ins Ausland, organisierte und begleitete Hilfstransporte nach Ost- und Südosteuropa. Half Flüchtlingen, in Deutschland ein neues zu Hause zu finden.
Zu den vielen Menschen, deren Lebenslauf er positiv beeinflusste, gehört Fatma Sahin. Die Rechtsanwältin floh 1991 mit ihrer Familie aus der Türkei nach Deutschland. »Adolf hat uns immer aus seinem Leben erzählt und damit Mut gemacht, dass man auch in einem neuen Land erfolgreich sein kann.«
»Ich freue mich sehr über die Ehrung«, begann Hampel, »aber ich kann sie nicht alleine behalten. Ich hatte viele Unterstützer, ohne die das nicht funktioniert hätte.«
Sagte es und nutzte gleich die Gelegenheit, um auf sein Herzensanliegen, die Völkerverständigung, aufmerksam zu machen: »Deutschland hat kulturell viel zu bieten - aber das haben andere Länder auch. Wir sollten viel mehr über fremde Kulturen erfahren wollen - es sollte ein Austausch sein. Wer sich heute auf einen deutschen Nationalismus beruft - der ist unser Gegner.« Wie sehr ihm die Schäferstadt seit 1973 ein wichtiger Bezugspunkt war, machte der Geehrte am Ende deutlich: »Hungen war mein Anker, wo ich immer, wenn ich aus Rom, Moskau oder etwa Tiflis zurückkam, Kraft schöpfen konnte.«