Erfolglose Suche nach der Leiche
Hungen (con). Taucher suchten im vergangenen Jahr den Starnberger See in Bayern ab. Hier will Robert S. im November 2016 die sterblichen Überreste von Daniel M. versenkt haben, der eine Woche zuvor in einer Hofreite bei Hungen ermordet worden war. Doch von der Leiche fehlt jede Spur.
Seit Anfang April müssen sich der Lehrer Olaf C. und der Software-Entwickler Robert S. vor der Fünften Großen Strafkammer des Landgerichts Gießen verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen erpresserischen Menschenraub und Mord vor.
Während des Verhandlungstages am Freitag stand Robert S. im Fokus. Der 40-Jährige, der vor Gericht bislang schweigt, hatte bei seiner Vernehmung durch Polizei und Staatsanwalt eingeräumt, dass er den Leichnam zerstückelt, die Teile einbetoniert und im Starnberger See versenkt habe. Direkt nach der Vernehmung flog er mit den Beamten nach Bayern, um dort die Suche zu unterstützen. Vor Ort machte er Angaben, wo er die Leichenteile versenkt hatte.
Aber der zeitliche Ablauf warf Fragen auf. Denn nach den Angaben des Angeklagten hatte er die Eimer bereits am Abend seines Eintreffens am Seeufer deponiert und auf den nächsten Morgen gewartet. Tagsüber sei er mit seinem Kajak samt Schlauchboot mehrfach auf den See hinaus gefahren. »Er sagte, dass eine Tour rund drei Stunden gedauert hätte«, berichtet am Freitag eine Polizeibeamtin, die Robert S. bei der Suchaktion am See begleitet hatte.
Bei insgesamt zehn Eimern hätte er dabei vier bis fünf Fahrten auf den See benötigt - für das Schlauchboot seien mehr als zwei bis drei Eimer zu schwer gewesen. Das steht jedoch im Widerspruch zu seiner Angabe, alles an einem Tag erledigt zu haben. »Das Tageslicht hätte dafür doch überhaupt nicht ausgereicht«, meinte die vorsitzende Richterin Regine Enders-Kunze und fragte die Zeugin: »Hatten sie Zweifel an seinen Angaben?«. Die Antwort: »Ja, was die Zeitangaben und die Zahl der Eimer angeht.«
Mit Blick auf die Vorgänge am See ergaben sich auch durch die Auswertung des Handys von Robert S. Fragen: Am 6. November 2016 suchte er im Internet nach Informationen zum Auftrieb in Wasser sowie dem Mischverhältnis von Beton - zehn Tage vor der Tat. In seiner Vernehmung gab er jedoch an, dass Olaf C. ihn dazu gezwungen hätte die Leiche zu entsorgen. Dann sei ihm spontan die Idee mit dem Beton gekommen.
Arbeitskollege im Zeugenstand
Neben der Befragung der Polizeibeamtin wurde auch ein Arbeitskollege von Olaf C. befragt, der mit dem Angeklagten befreundet ist. Dabei interessierte die Prozessbeteiligten vor allem das Verhalten des Angeklagten während des Tatzeitraums. »Ab Ende 2016 hat er sich stark verändert«, gab der 40-jährige Lehrer als Zeuge an. »Er musste immer wieder krankgeschrieben werden und ist auch äußerlich stark gealtert.« Besonders gut sei ihm ein Treffen in einem Café im vergangenen Jahr in Erinnerung geblieben: »Olaf war damals sehr nervös und hat sich ständig umgeschaut. Auf meine Nachfrage sagte er, er würde mit dem Tod bedroht.« Erst im Dezember 2020 habe er erfahren, dass Olaf C. Zeuge eines Mordes gewesen sei.
Der Prozess wird fortgesetzt.