Die Hungener Drehleiter und der spitze Winkel
»Eigentlich müssten alle 18 Kommunen ein Drehleiterfahrzeug besitzen, um für Brände in mehrstöckigen Gebäuden - das gilt ab einer Rettungshöhe von acht Metern - gewappnet zu sein«. Dies sagte Kreisbrandinspektor Mario Binsch 2017 in einem Interview mit dieser Zeitung. Aus finanziellen Gründen ist dies allerdings kaum umzusetzen.
In Hungen entschied man sich vor einigen Jahren, eine gebrauchte Drehleiter anzuschaffen. Schon die erste Hungener Drehleiter war 1973 aus Spendengeldern nach dem verheerenden Brand der Molkerei gekauft worden. So kam es zur Anschaffung einer modernen Motordrehleiter mit einer Steighöhe von 30 Metern. Die dafür nötigen enormen Mittel stellte zum Teil die Stadt zur Verfügung, während die heimischen Fachfirmen und Industriebetriebe einen Großteil der Anschaffungskosten in Form von Spenden aufbrachten, berichtet die Stadtchronik.
Auch bei der »neuen Gebrauchten« griff der Feuerwehrförderverein kräftig unter die Arme. Dass man ein gut geeignetes Fahrzeug erwischt hat, zeigte nun ein Einsatz abseits eines Brandes. Ein Mensch sollte als Hilfe für den Rettungsdienst aus einem Haus gebracht werden. Da das Treppenhaus sehr verwinkelt war, wurde die Option gewählt, ihn über das Fenster aus der ersten Etage abzutransportieren. Mit einer Drehleiter kein Problem.
Jedoch war nicht nur das Treppenhaus, sondern auch die Zufahrt zum Haus stark verwinkelt und schmal. Ein normaler Laster hätte da keine Chance, ums Eck zu kommen. Die Hungener Drehleiter hat jedoch einen Trick: eine Hinterachslenkung. Mit dieser ließen sich die kritischen Ecken umschiffen. Stadtbrandinspektor Udo Träger freute sich nach dem Einsatz darüber, dass die vorher bei der Berufsfeuerwehr Bern stationierte Drehleiter damit einmal zeigen konnte, was in ihr steckt. Schließlich gibt es in Hungen und den Stadtteilen noch mehr enge und verwinkelte Gassen, bei denen diese Fähigkeit vielleicht noch weiteren Menschen in höchster Not nutzen wird. bf/FOTO: BF