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»Das passt einfach nicht«

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Von: Christina Jung

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Hungen (ti). Im Juli vergangenen Jahres hatten Hungens Grüne in der politischen Diskussion um das Gewerbegebiet Hungen-Süd einen Kriterienkatalog zur Vergabe der dortigen Grundstücke gefordert. Im September legte die Verwaltung einen ersten Entwurf vor. Zehn Monate später ist eine Beschlussfassung darüber erneut vertagt worden. Mehr noch: Ob das gesamte, rund 21 Hektar große Areal komplett für Industrie- und Gewerbeflächen bereitgestellt werden soll, steht infrage.

Aber der Reihe nach. In der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses am Montagabend im Dorfgemeinschaftshaus in Rodheim stand der Bebauungsplan des Gebietes gar nicht auf der Tagesordnung, sondern besagte Vergabekriterien sowie ein in der vorangegangenen Sitzungsrunde von den Mandatsträgern gefordertes Flächenkonzept für das Areal zwischen Inheiden und Trais-Horloff. Über Letzteres wurde kontrovers diskutiert.

Die Kritik entzündete sich unter anderem an der Anordnung der Flächen, welche die aus Sicht mehrerer Mandatsträger »hochwertigen« Unternehmen aus dem Bereich Technologie und Wissen direkt an der Bundesstraße ansiedelt, die Gewerbe- und Industriebetriebe dagegen Richtung See und Ortslage. »Der Zuschnitt passt einfach nicht«, meinte dazu Frank Bernshausen (Grüne) und bekam Unterstützung aus den Reihen von CDU, SPD und Pro Hungen.

Doch damit nicht genug. Angesichts der von Krieg und Inflation geprägten wirtschaftlichen Entwicklung stand auch die Dimension des Gewerbegebietes zur Diskussion. »Wir gehen hier in Vorleistung für 20 Hektar, das ist mir unter diesen Gesichtspunkten zu viel«, so Bernshausen, der vorschlug, »das Gewerbegebiet zu verkleinern«.

Runder Tisch

Bürgermeister Rainer Wengorsch warnte vor einer Kehrtwende, die in seinen Augen einem finanziellen Desaster gleichkäme, da Grundstücke bereits teuer erworben worden seien. »Die Entscheidung für diese Fläche ist vor Jahren gefallen«, so Wengorsch, der von Hartmut Gall (FW) Unterstützung erhielt, mit Blick auf das laufende Bauleitplanverfahren.

Fabian Kraft (Pro Hungen) hielt dagegen, forderte »die Größe« ein, zu erkennen, »dass 20 Hektar nicht das Richtige sind«. Zudem führte er an, dass - sollte der Bebauungsplan in diesem Ausmaß in die Offenlage gehen - die Stadt mit einem Klageverfahren rechnen müsse. Eine Interessengemeinschaft habe bereits mehre Unterschriften gegen das Gewerbegebiet in der geplanten Größe gesammelt. Kraft: »Ich plädiere dafür, die Kritik und Ängste der Menschen Ernst zu nehmen.« Während Markus Sadler (CDU) in einer Verkleinerung »keinen Sinn« sah, macht der SPD die Größe des Areals laut Achim Müller »jetzt auch Bauchschmerzen«.

Wendelin Weil (FW) schlug angesichts der Gesamtflächendebatte vor, das Gewerbegebiet in zwei Abschnitten zu vermarkten, was der Bürgermeister als »charmant« bezeichnete. Möglicherweise ein Kompromiss, denn auch Kraft meinte dann: »Wir sind nicht gegen das komplette Gewerbegebiet, sondern nur gegen sofort alles.«

Weil »wir uns hier im Kreis drehen«, machte der Rathauschef den Vorschlag, nach der Sommerpause zwecks Lösungsfindung eine interfraktionelle Sitzung abzuhalten (im Juni war eine solche an den Urlaubsplänen einzelner Mandatsträger gescheitert), in der über Flächenkonzept, Vergabekriterien und die zweistufige Vermarktung diskutiert wird - fremd moderiert und mit irgendeiner Form der Bürgerbeteiligung. Über die Zusammensetzung dieses »Runden Tisches« muss sich nun der Ältestenrat Gedanken machen.

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