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Hohe Spritpreise im Kreis Gießen: „Viel Gehalt fließt in den Tank“

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Von: Patrick Dehnhardt

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Tanken wird immer teurer. Insbesondere die Pendler im Kreis Gießen trifft die jüngste Preisentwicklung hart.
Tanken wird immer teurer. Insbesondere die Pendler im Kreis Gießen trifft die jüngste Preisentwicklung hart. © Franziska Kraufmann/dpa

Die Preise für Sprit und Heizöl haben Rekordwerte erreicht. Für Pendler, aber auch für die Tankstellenpächter ist dies ein großes Problem.

Gießen - »Einmal volltanken, bitte!« »Oh, im Lotto gewonnen?« Es ist einer der vielen Witze, die aktuell rund um die Benzinpreise die Runde machen. Dabei bleibt vielen Autofahrern aus dem Kreis Gießen beim Besuch an der Tankstelle das Lachen im Hals stecken.

»Wenn das so weitergeht, brauche ich bald nicht mehr Arbeiten zu gehen«, sagt eine Frau, die halbtags bei einem Baumarkt arbeitet. Hin und zurück fährt sie 40 Kilometer - da sind acht Euro weg. Auf den Nahverkehr umsteigen geht für sie nicht: Dort würde die Fahrt pro Strecke zwei Stunden dauern. Gerade in den Dörfern auf dem Land, wo tagsüber kaum und abends gar keine Busse fahren, mangelt es an Alternativen zum Auto. Insbesondere im Gießener Ostkreis fehlt die Horlofftalbahn als direkte Verbindung ins Rhein-Main-Gebiet.

Hohe Spritpreise im Kreise Gießen: „Froh, dass ich im Homeoffice arbeite“

Andere Arbeitnehmer, auch das wird bei einer Umfrage an den Tankstellen des Landkreises Gießen deutlich, freuen sich, dass sie noch nicht wieder jeden Tag ins Büro fahren müssen. »Bei den hohen Spritpreisen bin ich froh, dass ich derzeit im Homeoffice arbeiten kann«, sagt etwa eine Frau aus Linden.

»Die Leute sind schockiert, gerade bei den Dieselpreisen«, berichtet Stephan Kreidler. Er ist Pächter der Tankstelle am Hungener Kreisel. Das Personal bekomme den Frust zum Glück nicht ab. »Die Leute sind gut informiert und wissen, dass wir dafür nichts können. Das war früher schlimmer«, sagt er. »Ich verdiene am Liter Diesel genauso viel Cent bei 2,30 wie bei 1,20 Euro pro Liter. Von mir aus könne der Liter Sprit 50 Cent kosten.«

Die Tankstellen spüren die hohen Spritpreise deutlich an den Umsätzen im Shop. Das Geld für einen schnellen Kaffee oder ein Stückchen sitzt nicht mehr so locker. Nur an der Zapfsäule ist die Nachfrage ungebrochen. Derzeit werde sogar mehr getankt als sonst. »Die Leute haben Angst, dass es noch teurer wird«, sagt Kreidler. Die Sorge, dass es keinen Nachschub mehr gebe, sei aber unbegründet: »Es herrscht kein Spritmangel.«

Kreis Gießen: Hohe Spritpreise treffen Pendler besonders hart

Gerade für die Pendler ist die Situation bitter, berichtet der Tankstellenpächter. Viele Menschen aus Osten des Landkreises Gießen und dem Vogelsberg, die bei ihm tanken, pendeln weite Strecken zur Arbeit. Umsteigen auf den Nahverkehr sei vielerorts keine Alternative, da die Busverbindungen nicht mit den Arbeitszeiten kompatibel sind oder die Fahrten deutlich länger dauern. »Da fließt jetzt viel Gehalt in den Tank«, sagt Kreidler.

Ist Diesel teuer, ist auch das Heizöl teuer. Thomas Ruhl ist Prokurist beim Ettingshäuser Mineralölhandel Ruhl. »Viele Kunden bestellen derzeit nur so viel, dass sie in den Sommer kommen, weil sie es nicht mehr bezahlen können«, hat er festgestellt.

Er zeigt dazu eine Rechnung auf: Wer im Herbst Heizöl gekauft hat, zahlte für 2000 Liter rund 1660 Euro. Derzeit muss man für die gleiche Menge fast 4000 Euro auf den Tisch legen. »Das ist ordentlich Geld.« Die Menschen hoffen auf sinkende Ölpreise.

Ruhl hat beobachtet, dass viele Kunden zu sparen versuchen. Da werden die Heizkörper niedriger gedreht oder einige Räume nicht mehr beheizt. Die Sparpotenziale sind aber endlich, da die meisten schon seit Jahren auf die Energiekosten achten.

Kreis Gießen: Hohe Spritpreise drücken die Stimmung

Teilweise gebe es »Hamsterkäufe wie beim Klopapier. Die Medien sorgen da für viel Hysterie«. Notwendig sei diese nicht, sagt Ruhl. Die Lieferungen seien gesichert. Wenn er Kunden Heizöl verkaufe, sei dies im großen Tanklager beim Lieferanten bereits reserviert und müsse nur noch ausgeliefert werden. Dies dauere derzeit aufgrund der hohen Nachfrage 20 bis 25 Tage. Nur Neukunden nehme er aktuell nicht an.

Nicht nur beim Kunden, auch beim Händler drücken die hohen Preise die Stimmung, denn sie sorgen für deutliche Mehrkosten. »Uns bleibt am Jahresende weniger.« Während die Umsatzsteuer steigt, bleibt die Marge gleich. Die höheren Frachtkosten gebe die Branche derzeit noch nicht an den Endverbraucher weiter, um diesen nicht zusätzlich zu belasten. Ein Heizöllaster fährt mit Diesel. Ruhl sagt: »Wenn man so einen Lkw jetzt volltankt, sind bald 500 Euro weg.« (Patrick Dehnhardt)

Während alle über die steigenden Preise reden, geraten die Innovationen in Sachen Kraftstoff fast in Vergessenheit. So gibt es in Gießen beispielsweise eine Spezial-Zapfsäule, an der man den seltenen R33-Krafstoff tanken kann.

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