Hilfe für Ukraine-Flüchtlinge im Kreis Gießen: „Geteiltes Leid ist halbes Leid“

In der Region Gießen bekommen aus der Ukraine geflüchtete Menschen beim Deutsch-Russischen Zentrum Hilfe. Viele der Ankommenden sind überfordert.
Heuchelheim – Das Deutsch-Russische Zentrum mit Sitz in Heuchelheim (Kreis Gießen) versteht sich als Anlaufstelle auch für Menschen aus der Ukraine - und will Geflüchteten beim Ankommen im Gießener Land helfen. Das Informationsbedürfnis sei riesig, sagt die Vorsitzende Anna Ens.
Anna Ens will helfen, wo sie nur kann. »Ganz viele Menschen sind mit der plötzlichen Situation überfordert«, sagt sie. Nachdem am Donnerstag die ersten größeren Gruppen vom Land zugewiesener Geflüchteter aus der Ukraine im Kreis Gießen angekommen waren, hat die junge Vorsitzende des Deutsch-Russischen Zentrums mit Sitz in Heuchelheim am vergangenen Samstag eine erste Informationsveranstaltung organisiert - um den Menschen mit ihren vielen Fragen zur Seite zu stehen und damit auch die Behörden von Stadt und Landkreis Gießen zu unterstützen.
Ukraine-Flüchtlinge in Gießen: Das Informationsbedürfnis ist riesig
»Als die ersten Flüchtlinge zu uns nach Gießen kamen, haben uns viele direkt kontaktiert und nach einem Rat gefragt«, berichtet Ens. Und weil eben so viele Anfragen eingingen, wurde entschieden, diese in einer gemeinsamen Veranstaltung in den Räumen des Vereins in Heuchelheim aufzugreifen.
Etwa 50 Menschen kamen. »Überraschenderweise nicht nur aus Gießen, sondern auch aus Dillenburg, Wetzlar oder Marburg«, sagt Ens. Das Informationsbedürfnis ist riesig. Auch wenn etwa die Unterkunft geklärt ist, gibt es viele Fragen: Etwa nach Kinderbetreuung, nach Schule, nach Krankenversicherung, nach Sprachkursen, nach dem Eröffnen eines Bankkontos - oder eben auch: »Ich habe eine Katze mitgebracht und brauche einen Tierarzt.«
»Obwohl die Behörden sehr viele Informationen zur Verfügung stellen, sind diese Informationen ziemlich schwer zu erreichen«, hat Anna Ens festgestellt. Denn sie sind oftmals auf unterschiedlichen Portalen und in unterschiedlichen Sprachen verfügbar. »Ich selbst habe etwa fünf Stunden dafür gebraucht, um alle Informationen auf mehr als 20 Webseiten zusammenzusuchen«, berichtet die junge Frau von dem Aufwand anlässlich des Info-Nachmittags. Da gebe es in Sache Vernetzung von Informationsstrukturen noch einiges zu tun.
Kreis Gießen: Gegen den Hass zwischen Ukrainern und Russen
Den Vorsitz im Deutsch-Russischen Zentrum hat Anna Ens erst vor wenigen Wochen übernommen. Sie selbst stammt aus Russland, lebt seit nunmehr sechs Jahren in Deutschland und arbeitet als Lehrerin für Deutsch und Englisch an einer Gesamtschule im Wetteraukreis. Was das Zentrum auszeichnet, so sagt sie, sei die Rolle als Kontakt für die gesamte russischsprachige Community, also Bürger aus vielen Staaten der ehemaligen Sowjetunion.
Die Termine
Dienstag (29. März) und Donnerstag (31. März) von 11 bis circa 13 Uhr. Während Mütter miteinander reden und sich austauschen, werden Kinder von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Zentrums pädagogisch betreut. Anmeldung zum Treffen werden per E-Mail erbeten an anna.ens@gmx.net.
So kommen dort neben Russen auch Ukrainer, Kasachen et cetera zusammen. Sicher beobachtet sie auch: Menschen, die jetzt hierher geflohen sind, ihr Zuhause in der Ukraine, alles verloren haben, haben einen Hass auf alles, was russisch ist. Aber da gelte es, zusammenzufinden: »Wir sind hier in Deutschland, und eben nicht in Russland oder der Ukraine«, stellt Ens dann klar und verweist dabei auf Gemeinsamkeiten der Ukraine und von Russland in der Vergangenheit. Ens sieht hier seitens der Deutschen zudem »eine große Hilfe, dass sich solcher Hass nicht weiter verbreitet«. Indem eben miteinander kommuniziert wird.
Zentrum im Kreis Gießen hilft nicht nur beim Ankommen
Neben den Hilfestellungen beim Ankommen und der Orientierung im Alltag geht es den Ehrenamtlichen im Zentrum darum, den Menschen den Austausch und die Gemeinschaft zu ermöglichen - »einfach Treffen zum Reden und um einander zu unterstützen«, weiß Ens.
Für die kommende Woche plant das Deutsch-Russische Zentrum deshalb ein Mutter-Kind-Treffen unter dem Stichwort: »Zusammen finden wir den Weg in die Normalität zurück«. Damit die Frauen zusammenkommen, sich austauschen und miteinander vernetzen können. Und sich unterstützen nach dem Motto: »Geteilte Freude ist doppelte Freude, geteiltes Leid ist dann halbes Leid«. (Rüdiger Soßdorf)