Ein Mehr an Miteinander

Heuchelheim (so). Am Kinzenbacher Bonhoeffer-Haus duftet es nach Grillspießen und Gyros, auf dem Vorplatz zieren zwei Ikonen einen improvisierten Altar, Schafskäse trifft auf Handkäs’ Am Sonntag feierten die Mitglieder der Martinsgemeinde Heuchelheim erstmals gemeinsam mit der griechisch-orthodoxen Gemeinde Heuchelheim.
Eine Premiere in mehrfacher Hinsicht: Zum ersten Mal seit der Fusion der Kirchengemeinden Heuchelheim und Kinzenbach wurde das sommerliche Gemeindefest in Kinzenbach gefeiert - in den vergangenen beiden Jahren machte die Pandemie einem solchen Fest im »Oberdorf« einen Strich durch die Rechnung. Zum zweiten fand der Gottesdienst erstmals nicht in der Kirche oder im Gemeindehaus statt, sondern auf dem Platz davor, unter freiem Himmel. Mitten im Dorf - zentraler und öffentlicher geht nicht. Ein bewusstes Signal der Kirchengemeinde. Vor allem aber: Es war ein gemeinsames fröhliches Feiern der griechisch-orthodoxen Gemeinde Gießen und der protestantischen Heuchelheimer und Kinzenbacher Gemeinde.
Und es dürfte nicht bei der Premiere bleiben. Vielmehr tun sich Perspektiven auf, das Miteinander der Gemeinden und ihrer Mitglieder weiter auszubauen. Denn die griechische Gemeinde ist seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem dauerhaften Domizil. Seit Jahren ist die evangelische Petrus-Gemeinde am Gießener Wartweg ein guter Gastgeber; ebenso die Martinsgemeinde in Heuchelheim. Da wie dort treffen sich die Griechen im Wechsel zu ihren Gottesdiensten. Der große Wunsch der griechisch-orthodoxen Gemeinde aber: eine eigene Kirche, ein eigenes Gemeindezentrum.
Mit dem vor zwei Jahren vollzogenen Zusammengehen der beiden evangelischen Gemeinden in Heuchelheim und Kinzenbach tun sich dort nicht nur organisatorisch, sondern auch räumlich neue Perspektiven auf: Schließlich sind alle Strukturen doppelt vorhanden; im »Oberdorf« und im »Unterdorf«.
Beratung im Kirchenvorstand
Der Kirchenvorstand der Martinsgemeinde um Pfarrerin Cornelia Weber hat sich in der vergangenen Woche mit der Frage auseinandergesetzt, wie den griechischen Freunden zu helfen ist. Das vorläufige Ergebnis: Die Verantwortlichen der Martinsgemeinde nehmen mit der griechisch-orthodoxen Gemeinde Verhandlungen über eine künftige stetige gemeinsame Nutzung des Bonhoeffer-Hauses auf. Und auch darüber, dass die griechische Gemeinde die Kinzenbacher Kirche regelmäßig für Gottesdienste nutzen kann.
Am Sonntag hatte das überkonfessionelle griechisch-deutsche Sommerfest unter dem Motto »Freunde feiern« um 9.30 Uhr mit einer griechisch-orthodoxen Liturgie in der Kinzenbacher Kirche begonnen. Um 10.45 Uhr schloss sich unter freiem Himmel eine kurze ökumenische Andacht mit Pater Arsenios von der griechischen Gemeinde Gießen und Pfarrerin Cornelia Weber von der Martinsgemeinde sowie dem Bläserchor an.
In ihrer Kurzpredigt zeichnete Pfarrerin Weber ein Bild von Olivenbäumen, die - so wie auch manche Menschen - im Alter knorriger werden. Aber je älter und knorriger, desto besser der Ertrag, sagte Weber zur Erheiterung der versammelten Gemeinde. Und erinnerte an die immer wiederkehrende bedeutende Rolle des Olivenbaumes in der Bibel: Noah schon hatte sich auf seiner Arche erst wieder gerettet gefühlt, als die von ihm ausgesandten Tauben mit einem Olivenzweig zurückkamen; dem Zeichen, dass sie Land gefunden hatten.
Die griechische Gemeinde dankte ihren Freunden in Heuchelheim und Kinzenbach mit kleinen Fläschchen edlen Olivenöls.
Der Erlös des Kuchenverkaufs am Nachmittag war für die Gießener Tafel bestimmt. Die Kollekte des Gottesdienstes kommt einem Schulprojekt in Tansania zugute, das die Kirchengemeinde Kinzenbach bereits seit Jahren unterstützt.