1. Gießener Allgemeine
  2. Kreis Gießen
  3. Heuchelheim

»Ein herrliches Geschenk«

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Harold Sekatsch

Kommentare

sued_11_Heu_Storch_22042_4c
Dieses Storchenpaar hat sein Zuhause im Goldammerwerg gefunden. © pv

Heuchelheim (se). Die Leserin am Telefon klang ganz aufgeregt: Im Heuchelheimer Goldammerweg soll eine riesige Tanne gefällt werden, obwohl sich in deren Wipfel ein Storchenpaar eingenistet hat, berichtete sie. Die Dame befürchtete sogar, dass die Fällung der Tanne noch an demselben Tag vorgenommen werden soll. Am Ende konnte die Anruferin aber beruhigt werden.

Baumfällarbeiten, so der Grundstückbesitzer, sollen an dem Baum weder jetzt noch in Zukunft vorgenommen werden. Und in der Zeit, in der das Storchennest bewohnt wird, schon gar nicht, sagt Kurt Kraus.

Der Jurist im Ruhestand, aber auch Biologe und Ornithologe, denkt gar nicht daran, seine neuen Mieter zu vergraulen. Dazu freut er sich viel zu sehr über seine gefiederten Nachbarn, die er sich so lange wie möglich in seiner Nähe wünscht. »Es ist Wahnsinn«, jubelt der 83-Jährige, der wenige Tage nach seinem Geburtstag von den neuen Gästen auf seinem Grundstück Kenntnis nahm.

»Das war ein herrliches Geschenk zu meinem Geburtstag«, zollt der gebürtige Franke aus Marktheidenfeld am Main, der seit 1975 in Mittelhessen zu Hause ist, seinen tierischen Gästen ein dickes Lob. Auch der Nachbarschaft ist der Zuwachs nicht verborgen geblieben. Jörg Brückler, promovierter Veterinärmediziner, hat sogar eine Reihe von Aufnahmen von Adebar, dem Glücksbringer, und seiner Gemahlin gemacht.

Derzeit bestückt das Storchenpaar eifrig das Nest in schwindelnder Höhe, damit beim Schlüpfen des Nachwuchses alles bereitet ist. Am Goldammerweg fiebert man natürlich diesem Ereignis entgegen. Auf jeden Fall steht das Storchennest unter ständiger, dezenter Beobachtung.

Eine Veränderung ist allerdings doch geplant, gesteht Kurt Kraus, doch soll das Leben der Störche im Goldammerweg dadurch nicht beeinträchtigt werden. Da die Tanne eine stattliche Höhe erreicht hat, will er etwaigen Befürchtungen seiner Nachbarn entgegentreten, dass der Baum bei einem starken Sturm umkippen und irgendeinen Schaden anrichten wird. So wird der Nadelbaum gestutzt.

Genug Nahrung in der Nähe

Doch das soll erst im Herbst, nach dem 1. Oktober, passieren, wenn die Zugvögel den Winter im fernen Afrika verbringen. Dann wird, so die Planung, im verbleibenden Baumteil in entsprechender Höhe eine Nesthilfe verankert, die dem jetzigen Storch eine Wiederbesiedlung im kommenden Jahr erleichtern soll. Denn Störche sind ausgesprochen treu. Das bezieht sich allerdings weniger auf ihre Partner beziehungsweise ihre Partnerinnen, sondern auf ihr Nest. Und kann das Wohnen im Heuchelheimer Goldammerwerg dem Storchenpaar weiterhin schmackhaft gemacht werden, dann können sich die Heuchelheimer und Kinzenbacher weitere Jahre über Adebars Anwesenheit in den warmen Monaten freuen. Im Goldammerweg müssten sich Störche übrigens ausgesprochen wohl fühlen. Die Straße selbst ist wenig befahren und Nahrung finden sie in den nicht weit entfernten Lahnauen mit ihren Feuchtgebieten, ihren zeitweise überschwemmten Auen sowie ihren Wiesen und Äckern.

Das Storchenpaar, das sich im Goldammerweg niedergelassen hat, dürfte bei der Suche nach einem geeigneten Ort für ein Eigenheim keine schlechte Wahl getroffen haben.

Auch interessant

Kommentare