Auch 2023 kein Jam-Festival - Gemeindevorstand versagt Genehmigung

Nach drei Jahren Corona-Pause war für 2023 wieder das Jam-Festival in Heuchelheim geplant, doch der Gemeindevorstand erteilt der Veranstaltung eine Absage.
Heuchelheim - Drei Tage lang vielfältige Konzerte, spontane Jam-Sessions, Kunsthandwerksstände und mehr auf einer von Bäumen umringten Wiese - mit dieser besonderen Mischung hat sich das Jam-Festival am Heuchelheimer Silbersee seit der Erstauflage 2013 einen Namen in der regionalen Musikszene gemacht. Letztmalig fand die eintrittsfreie Veranstaltung 2019 statt, dann folgte die Corona-Zwangspause. Und auch in diesem Jahr wird das Jam-Festival nicht stattfinden.
»Es gab ein Hin und Her mit der Gemeinde«, sagt Marcel Pradella aus dem Vorstand des Vereins Jam-Festival, der sich die Ausrichtung einer solchen kostenlosen Musikveranstaltung in seine Satzung geschrieben hat. Schon 2018 hatte die Gemeinde Heuchelheim gewissermaßen die Zügel angezogen. Neben der Vorlage eines Sicherheitskonzepts wurde den Veranstaltern damals auch die Einbindung eines privaten Sicherheitsdienstes auferlegt - auch um sicherzustellen, dass nicht mehr als 800 Personen gleichzeitig auf der Festivalwiese sind, wie Pradella erläutert.
Heuchelheimer Jam-Festival Vorstand: „Wir dachten, wir hätten die Skepsis aus dem Weg geräumt“
Man sei allen Auflagen nachgekommen, betont Pradella - und beim Übergabetermin nach dem letzten Festival 2019 habe es keine Beanstandungen seitens der Gemeinde gegeben. »Wir waren mit dem letzten Festival zufrieden und dachten, wir hätten die Skepsis aus dem Weg geräumt«, sagt Pradella. Das Team sei davon ausgegangen, dass eine Fortsetzung der kleinen Festivaltradition auf dem Grillplatz der Gemeinde am Silbersee grundsätzlich möglich ist.
Vor ein paar Monaten habe man nun erneut mit Blick auf das erste Augustwochenende beim Gemeindevorstand angefragt, aber eine Absage erhalten. Unter anderem, so Pradella, habe es geheißen, dass bereits im Zuge der letzten Auflage mitgeteilt worden sei, man werde einem erneuten Festival nicht zustimmen. Das trifft laut dem Verein allerdings nicht zu.
Gemeinde Heuchelheim und Festivalveranstalter des Jam-Festivals waren sich uneinig
Ferner habe der Gemeindevorstand darauf verwiesen, dass die Festivalmacher die Veranstaltung vergrößern wollten - auch das weist Pradella zurück. Vor allem seien seitens der Gemeinde unerwünschte Begleitumstände des Festivals angeführt worden, etwa Wildcampen oder die nicht gestattete Nutzung des Sees durch Besucher. Das könne man als Veranstalter wohl nicht komplett verhindern, so Pradellas Tenor. »Aber wir haben uns immer mit den Bedenken auseinandergesetzt.«
Heuchelheims Bürgermeister Lars Burkhard Steinz bestätigt die Absage auf Anfrage. »Der Gemeindevorstand hat es mehrmals diskutiert und ist zu dem Schluss gekommen, es diesmal nicht zu erlauben«, sagt er - und betont zugleich, dass man seit der Premiere vor zehn Jahren bis 2019 jährlich eine Genehmigung für das Festival erteilt habe. »Hätten wir etwas gegen das Engagement, dann hätten wir es auch damals nicht erlaubt.«
Das Gremium stehe der Veranstaltung »keineswegs feindlich« gegenüber, die Gemeinde habe sie stets »positiv begleitet«, so Steinz. Um das Gelände hätten sich die Veranstalter »untadelig« gekümmert, »die können nichts dafür«. Doch man wolle die von einzelnen Besuchern verursachten Begleiterscheinungen nicht mehr hinnehmen - etwa wildes Campen und Parken, verbotenes Baden im vom Angelverein gepachteten Silbersee und Beschwerden über Lärm. Dies sei der wesentliche Grund für die Nicht-Genehmigung.
Absage wegen Begleiterscheinungen wie Wildcampen und Baden im Heuchelheimer Silbersee
Wie steht Steinz zu dem Einwand der Festivalmacher, sie hätten zuletzt alle Besucher gezählt und so sichergestellt, dass nicht zu viele auf das Gelände kommen? »Das glaube ich dann mal«, kommentiert der Bürgermeister, sieht darin aber nicht den entscheidenden Punkt. »Wir hatten mit dem Jam-Festival immer einen gewissen Aufwand und gewissen Ärger zu ertragen«, vor allem für das Ordnungsamt, bekundet Steinz. »Kulturförderung ja - aber außer Beschwerden der Bürger gab es da für uns nichts zu holen.«
Mit Blick auf einen neuen Festivalort - in einer anderen Kommune - sei er gern bereit, den Veranstaltern »einen guten Leumund auszustellen«. Ob er sich eine Rückkehr des Jam-Festivals an den Silbersee vorstellen kann? »Nichts ist ausgeschlossen - aber für dieses Jahr nicht.«
Bis vor einigen Jahren hatten sich die Festivalmacher regelmäßig in einem »Jam-Keller« in Heuchelheim getroffen, einige stammen aus der Kommune - vor diesem Hintergrund fand dort auch das Jam-Festival statt. »Da ist es gewachsen, die Leute waren es gewohnt«, betont Pradella. »Es hängt ein Stück weit mit diesem Platz zusammen.«
Enttäuschung bei den Veranstaltern des Jam-Festivals in Heuchelheim
Einen genauen Plan, wie es weitergeht, habe man noch nicht. »Wir haben uns jetzt damit abgefunden, dass es so ist, wollen niemanden an den Pranger stellen«, sagt Pradella, dem die Enttäuschung über die Entscheidung des Gemeindevorstands gleichwohl anzumerken ist. Ziel sei, 2024 wieder ein Festival zu veranstalten, dann wohl an einem anderen Ort. Man wolle auch keinen noch größeren Rahmen. Pradella: »Das wäre auch für uns stressig« - zumal die Organisation mit allem, was dazu gehört, ehrenamtlich gestemmt wird.
Statt des Festivals, das traditionell am ersten Augustwochenende stattfand, sei für dieses Jahr ein kleineres Fest für Mitglieder des Vereins und Helfer angedacht - auch, um den Aktiven Wertschätzung entgegenzubringen und sich nach der langen Corona-Flaute endlich wieder auszutauschen. Und nicht zuletzt, um gemeinsam Motivation für mögliche kommende Festivals zu schöpfen. Die Details seien aber noch unklar. Sofern die Veranstalter für dieses Fest in kleinem Rahmen Anfang August die Wiese am Silbersee nutzen wollten, werde die Genehmigung erteilt, versichert der Bürgermeister.
Unabhängig von der Absage für dieses Jahr ist die Corona-Zwangspause auch am Festival-Team nicht spurlos vorübergegangen, wie Pradella verdeutlicht: »Es war für manche vielleicht eine gute Auszeit, um zu überlegen, wo wir hinwollen.« Doch der Team-Spirit sei »auch ein bisschen eingeschlafen«. Das Festival als Fixpunkt, dem alle entgegenfiebern, gab es immerhin drei Jahre lang nicht. Da gelte es nun wieder anzuknüpfen, sagt Pradella - an welchem Ort auch immer.
Info: Verein sucht Ort für das Festival in 2024 - Landwirte in und um Heuchelheim gefragt
Für 2024 ist das Team des Jam-Festivals auf der Suche nach einer geeigneten Freifläche - etwa von Landwirten - auf der eine Wiederauflage der Veranstaltung grundsätzlich möglich wäre. Der Verein ist dankbar für Vorschläge per E-Mail an info@jam-festival.net. (jwr)
Das Jam-Festival fand zum letzten Mal in 2019 statt.