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Heilwasser lindert Durst und Bauchweh

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Von: Laura Kaufmann

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Ohne Wasser kein Leben. Ohne Wasser aber auch kein Himbeereis, keine Alufolie, keinen Badeurlaub. Und es gäbe kein Heilwasser. Damit lassen sich zahlreiche Beschwerden lindern.

Einst war Bad Nauheimer Wasser in aller Munde: 1904 auf der Weltausstellung in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri wurde das der Schwalheimer Löwenquelle zum besten Heilwasser gekürt. Es half und hilft vor allem Menschen, die unter Magen- und Darmstörungen leiden.

Neun staatlich anerkannte Heilquellen gibt es in Bad Nauheim. Dr. Beate Vogtherr, Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin, kennt sie alle. Wohl am bekanntesten sind die Sprudel. »Der Große Sprudel und der Friedrich-Wilhelm-Sprudel im Sprudelhof und der Ludwigsbrunnen«, zählt die Fachfrau auf. »Beim Bad im kohlensäure- und solehaltigen Sprudelwasser gehen die Widerstandsgefäße auf, der Blutdruck sinkt, das Herz wird entlastet.« Das Wasser des Großen Sprudels und des Friedrich-Wilhelm-Sprudels kommt mit etwa 32 Grad aus der Erde. »Das wird vom Körper weder als warm noch als kalt empfunden, ist dadurch nicht kreislaufbelastend. Die Sole sorgt für eine Entspannung der Muskulatur, unterstützt das Immunsystem und hilft bei Hauterkrankungen, etwa Schuppenflechte.«

Angeblich half das Bad im Solewasser schon Bismarck, die Durchblutung seines Beins zu verbessern. Eine drohende Amputation konnte verhindert werden. Die Aussicht, mit dem Wasser Gebrechen zu lindern, zog einst nicht nur den Eisernen Kanzler, sondern Tausende Menschen in die Kurstadt. »Heute führt das leider ein Dämmerdasein. Durch die Fortschritte der modernen Medizin und Pharmaindustrie ist die Behandlung mit Heilwasser in den Hintergrund gedrängt worden. Das ist an sich kein Fehler, die Welt schreitet voran«, sagt Vogtherr. Es gebe schnellere Möglichkeiten, um Heilungsprozesse zu fördern. »Aber deshalb verliert Althergebrachtes nicht seinen Sinn. Es ist nach wie vor wertvoll – weniger für die Akutbehandlung, auf jeden Fall aber zur Nachbehandlung und in der Prävention.«

Das Wasser von fünf der Bad Nauheimer Heilquellen kann bis heute für Trinkkuren genutzt werden. Allen gemein ist, dass durch ihren Kohlensäuregehalt die Magenschleimhaut durchblutet und die Verdauung angeregt wird. Das Wasser der Schwalheimer Löwenquelle ist zudem sehr eisenhaltig. »Es eignet sich, um Eisenarmut entgegenzuwirken«, sagt Vogtherr. In der Kernstadt finden sich Ludwigs-, Kur- und Karlsbrunnen, die allesamt in der Trinkkuranlage ausschänkt werden. Kur- und Karlsbrunnen unterstützen die Regulation der Darmfunktion. »Der Kurbrunnen stärker, der Karlsbrunnen milder.« Das Wasser von letzterem ist zudem isotonisch.

Das natriumarme Wasser des Ludwigsbrunnens helfe gegen Sodbrennen. »Es eignet sich auch gut für eine Entschlackungskur, insbesondere bei Adipositas mit metabolischem Syndrom oder zur ph-Regulierung bei hoher Harnsäure.« Es wirke zudem der Gicht entgegen. Die Quelle befindet sich am Gradierbau III. »Früher wurde das Wasser Kurenden als Tafelwasser gereicht und morgens, mittags und abends getrunken.« Heute gelte es hinsichtlich der Dosierung auf die jeweiligen Aushänge an den Brunnen zu achten. Täglich 200 Milliliter in kleinen Schlucken seien unproblematisch, mehr solle zuvor besser mit einem Arzt abgeklärt werden. »Am besten ist es, das Wasser immer zur gleichen Tageszeit zu trinken. So wird der Darm rhythmisiert«, sagt Vogtherr, die selbst jedes Jahr eine Frühjahrs-Trinkkur macht. »Sechs Wochen lang Wasser vom Schwalheimer Sauerbrunnen und der Löwenquelle.« Um den etwas metallischen Geschmack zu verschleiern, verfeinert sie es mit Kräutersirup. Gut in einer Flasche verschlossen, »damit die Kohlensäure nicht entweichen kann«, halte es sich etwa eine Woche im Kühlschrank.

Die Kuren mit den mineralhaltigen Heilwässern wirken nicht adhoc. »Es ist wie bei den Salinen. Einmal daran entlanglaufen und durchschnaufen, das bringt nicht viel. Die Bäder und Trinkkuren müssen in Serie angewendet werden.« Mindestens drei Wochen sollten es laut Vogtherr sein. Sie findet: »Die Nutzung des Heilwassers sollte reaktiviert werden. Das ist die Aufgabe eines Kurorts.« Denn es sei einfach zu schade um das wertvolle Nass.

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