Grünberg: Blitzer sind zu teuer – Neuer Deal mit Vermieter hat Folgen

Das Verhältnis vieler Kommunen zu ihren stationären Blitzern wandelt sich: Die Kosten für Gerätepacht und Personal übersteigen zunehmend die Einnahmen, da mit der Zeit immer weniger Autofahrer in die »Radarfalle« tappen. Wie teuer darf das Plus an Verkehrssicherheit kommen? Eine Frage, die sich nach Heuchelheim nun auch die Stadt Grünberg stellt.
Grünberg – Um eine Metapher zu verwenden, die Grünbergs künftiger Bürgermeister Marcel Schlosser im Wahlkampf gewählt hatte: Die Blitzer in der Ostkreiskommune befinden sich seit Längerem im Dornröschenschlaf. Zu Jahresbeginn hatte die Stadt den Vertrag mit German Radar wegen der steigenden Defizite gekündigt, die Messgeräte wurden abgeschaltet.
Was diese an Einnahmen (Verwarnungs- und Bußgelder) bringen, was sie an Kosten (Gerätemiete, Personal- und Sachkosten) verursachen, wird auch in Grünberg im Haushaltsprodukt »Verkehrsüberwachung« verbucht. Und dort musste die Gallusstadt einen zuletzt stark steigenden Fehlbetrag verbuchen, 2020 erreichte der eine Summe von 64 000 Euro!
Zwar lässt sich nicht genau sagen, wie hoch dabei der Anteil der stationären im Vergleich zu den mobilen Messungen und zur Kontrolle des ruhenden Verkehrs ist. Sicher aber ist: Die Blitzer verursachen das Gros des Defizits.
Grünberg handelt mit German Radar neue Mieten für Blitzer aus
Also zog Grünberg die Reißleine, kündigte die Geschäftsbeziehung zu German Radar. Ein Unternehmen, das nach eigenen Worten sein Kerngeschäft im Vermieten und Verleasen mobiler und stationärer Verkehrsüberwachungssysteme sieht.
»Wir haben uns angeschaut, welche Einnahmen in Zukunft noch zu erzielen sein dürften und bei welcher Pacht es in etwa Null auf Null ausgehen könnte«, erklärt Bürgermeister Frank Ide. Am Ende längerer Verhandlungen und Vorlage eines verbesserten Angebots ist man sich jüngst einig geworden, zahlt nurmehr rund die Hälfte an Miete, allerdings bei einer Messeinheit weniger.
Fürs neue Jahr rechnet Ide nun mit einem Minus von nur 21 000 Euro; wiederum fürs komplette Produkt, also die Ahndung von Parksündern sowie die mobilen Blitzer eingerechnet. »Es bleibt natürlich ein Blick in die Glaskugel«, fügt er mit Blick auf die »unberechenbare Disziplin« der Autofahrer hinzu.
Auch Grünbergs Verwaltungschef hatte sich 2012, als die ersten Geräte in der Ortsdurchfahrt der Kernstadt aufgestellt worden waren, des Vorwurfs der »modernen Wegelagerei« erwehren müssen. Und erwidert, es gehe der Stadt in erster Linie um Sicherheit, nicht um Einnahmen. Zumal ohne polizeiliche Bestätigung eines Gefahrenpotenzials, etwa aufgrund einer Bushaltestelle, ein Standort nicht infrage komme.
Blitzer-Politik in Grünberg: Neuer Vertrag, altes Personalproblem
Erinnert sei allerdings auch daran, dass die Gallusstadt anfangs hohe Überschüsse erzielte: Nach Inbetriebnahme des zweiten Standorts in Beltershain 2013 etwa summierte sich dieser Betrag auf rund 150 000 Euro. Bald darauf aber wendete sich das Blatt bzw. die Zahlen von schwarz nach rot. Woran auch der 2016 hinzugekommene Blitzer in Lehnheim nichts änderte.
Trotz Einigung über den Mietzins mit German Radar bleibt es zunächst beim Stand-by-Modus. Grund sind die begrenzten personellen Ressourcen der 14 000-Einwohner-Stadt. Der Rathauschef: »Wir haben gerade mal anderthalb Stellen für ordnungspolizeiliche Aufgaben.« Dass diese nicht jeder Verwaltungsmitarbeiter und schon gar nicht ein Privater übernehmen kann, ist seit 2019 klar geregelt: Das OLG Frankfurt stellte damals klar, die Überwachung des fließenden Verkehrs zähle zu den hoheitlichen Aufgaben, die nur an »Personen in einem Dienst- und Treueverhältnis zum Staat« übertragen werden dürften. Neben der Einweisung bedarf es dazu der Bestellung des Bediensteten zum Hilfspolizeibeamten, hier durch das Landratsamt.
Grünberger Blitzer werden spätestens im Juli wieder scharf gestellt
Die beiden befugten Grünberger Mitarbeiter aber fallen seit Längerem wegen Elternzeit und Erkrankung aus. Erstere endet im Juli 2022. Dann werden Ide zufolge die Blitzer wieder scharf gestellt - »spätestens«. Habe man doch mit German Radar eine Option verabredet, wonach das auch früher der Fall sein könnte, sofern die personellen Voraussetzungen gegeben sein sollten - dies als wohlgemeinter Hinweis an potenzielle Raser.
Die Gemeinde Heuchelheim hat jüngst einen ihrer Blitzer abbauen lassen. Er hielt einer Überprüfung nicht mehr stand.