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Vom »Revolverkino« und Erfolgen

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1952 wurde ein neues Kino in Grünberg errichtet. Noch heute existiert es, auch wenn die Fassade mittlerweile anders aussieht. © Doris Schütte

Grünberg (dis). In Grünberg steht das einzige sich kommerziell tragende Kino im Landkreis außerhalb der Stadt Gießen. Umso passender, dass nun die Wanderausstellung »Vorhang auf! Kinogeschichte(n) im Landkreis Gießen« in der Gallusstadt Station macht. Zumal Grünberg eine uralte Kinotradition besitzt.

Grünbergs Kinobetreiberin Edith Weber freute sich darüber, dass »Turm« und »Apollo« sich in die Ausstellung einbringen konnten. Die vergangenen zwei Jahre seien schwierig gewesen, man sei stolz darauf, dass man diese überstanden habe. Unterstützung habe man durch den erstmals 1987 vom Landkreis Gießen geschaffenen Filmpreis »Kinokultur auf dem Lande« erhalten, mit dem die beiden noch einzigen Kinos im Landkreis Gießen, Kino »Traumstern« in Lich sowie die »Lichtspiele« Grünberg mehrfach ausgezeichnet wurden. Es gebe nur noch wenig eingefleischte Kinobesucher und ausgesprochene Filmhits wie in früheren Zeiten seien selten geworden, sagte Weber. Zumal auch die Reparaturkosten für Projektoren gestiegen seien. So habe sie schon 2012 ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, das Kino zu schließen. Doch die Leidenschaft habe damals gesiegt.

Tochter erschossen

Elke Noppes vom Gemeindearchiv Buseck skizzierte kurz die Entwicklung des Kinos im Allgemeinen, von der Laterna Magica bis zum heutigen Blockbuster. In der Gastwirtschaft Beltrop wurde unter dem Namen »Apollo-Lichtspiele« seit dem 27. Februar 1925 in Grünberg ein Kino betrieben. Eigentümer des Filmtheaters war Otto Vieregge, der die Leitung der Gastwirtschaft mit dem Kino von seiner Schwiegermutter, der Witwe August Beltrop, übernommen hatte. Leider geriet das Filmtheater im Laufe der Jahre in Verruf, da Vieregge, der unter anderem Vorsitzender der NSDAP-Ortsgruppe Grünberg war, als streitsüchtig galt.

Das Kino geriet überregional in die Schlagzeilen, als Vieregge nach einem familiären Streit am 3. März 1938 erst seine Tochter erschoss, seinem Schwiegersohn und seiner Frau Schussverletzungen beibrachte und sich selbst dann das Leben nahm. In der Folge bezeichnete man das Vieregge’sche Kino als »Revolverkino«. Damit gingen die Vorführungen im »Beltrop« zu Ende, was aber nicht das Ende des Kinos in Grünberg bedeutete.

Elektromeister Wilhelm Löchel aus Weitershain, der bis dahin die Vorführungen durchgeführt und den Saal gepachtet hatte, verlegte diese in die 1933 errichtete Grünberger Turnhalle. An Ludwig Metzger wurde die Kinolizenz verkauft, der von da an Kinos in Grünberg und Laubach betrieb.

Auch in Grünberg bestand in den 1950er Jahren das Bedürfnis nach Zerstreuung und Unterhaltung, sodass sich Metzger zu einem Kinoneubau mit zwei Sälen im Jahr 1952 entschloss. Nach seinem Tod im Jahr 1981 übernahm seine Tochter Edith Weber das Kino, das bis heute von ihr mit großem Enthusiasmus weitergeführt wird.

Im Begleitprogramm zur Ausstellung, die noch bis zum 14. August 2022 während den Öffnungszeiten des Museums im Spital besucht werden kann (Freitag bis Sonntag und an Feiertagen von 14 bis 17 Uhr und am Mittwoch von 18 bis 20 Uhr sowie nach Vereinbarung), wird am Donnerstag, 4. Augus, um 20 Uhr der Film »Der Schamane und die Schlange« von Ciro Guerra gezeigt. Weiterhin am Freitag, 5. August, um 20 Uhr der Film »Die Sehnsucht der Schwestern Gusmao« von Karim Ainouz, am Samstag, 6. August, um 17.30 Uhr der Film »Der Sommer mit Mama« von Anna Muylaert und am Sonntag, 7. August, um 11 Uhr »Das Salz der Erde«, ein Film von Sebastiao Salgado. REPRO: DIS

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