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Starkes Signal für Grünberg: 250 Menschen stellen sich „Corona-Schwurblern“ entgegen

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Von: Thomas Brückner

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Montag, kurz vor sieben, in Grünberg: 250 Menschen versammeln sich auf dem Marktplatz, um ein Zeichen des Protests zu setzen. Adressiert an die »Spaziergänger«, die sich die Gallusstadt offenbar zur bevorzugten Bühne auserkoren haben.
Montag, kurz vor sieben, in Grünberg: 250 Menschen versammeln sich auf dem Marktplatz, um ein Zeichen des Protests zu setzen. Adressiert an die »Spaziergänger«, die sich die Gallusstadt offenbar zur bevorzugten Bühne auserkoren haben. © Doris Schütte

In Grünberg (Kreis Gießen) treffen am Montag (24.01.2022) „Spaziergänger“ und Gegendemonstranten aufeinander. Die Polizei ist mit vielen Einsatzkräften vor Ort.

Grünberg – Mit dieser Resonanz hatte das »Bündnis für Vernunft, Rücksicht und Solidarität« nicht gerechnet: 250 Menschen folgten am Montag seinem Aufruf zur Mahnwache auf Grünbergs Marktplatz. Ein starkes Signal der Bürgerschaft an die »Querdenker«. Seit Wochen ziehen die zu Hunderten durch die Gallusstadt. Auch diesmal. Dank eines größeren Polizeiaufgebots kam es nicht zu einer Konfrontation - zumindest nicht mit Teilnehmern der Mahnwache.

Mitte Dezember hatten erstmals sogenannte »Spaziergänger« ihre Runden durch Grünberg gedreht, um so ihre Kritik an den staatlichen Corona-Maßnahmen zum Ausdruck zu bringen. Anfangs rund 50 Teilnehmer, wuchs ihre Zahl auf bis zu 400 an. Offenbar hat die Gruppe Gefallen an Grünberg gefunden.

Corona-Demos in Grünberg: Bürger zeigen mit Mahnwache ihr Missfallen

Zum Missfallen der Bürgerschaft, wie am Montag die 250 Teilnehmer an der Mahnwache zeigten. Aufgerufen hatte dazu das »Bündnis für Vernunft, Rücksicht und Solidarität«, in der Vorwoche von den im Stadtparlament vertretenen Fraktionen und der evangelischen Kirche gegründet.

Als dessen Sprecher wandte sich Grünbergs Erster Stadtrat Tobias Lux vom Rathausfenster herab an die Menge. Der freute sich zunächst über die große Resonanz, um sodann an die »Spaziergänger« diese klare Ansage zu adressieren: »Ihr vertretet nicht die Mehrheit der Bevölkerung - weder in Deutschland noch in Grünberg. Ihr könnt uns mit euren Aufmärschen nicht beeindrucken, nicht einschüchtern.«

Jeder, so Grünbergs SPD-Vorsitzender weiter, könne hierzulande seine Meinung äußern. Nur seien Regeln zu beachten. Die aber missachteten die Protestler, da sie etwa weder Abstand hielten noch eine Maske trügen. »Sie wollen lieber ihre Verachtung für unser Gemeinwesen zur Schau stellen und sich als ›Opfer‹ einer ›Corona-Diktatur‹ aufspielen. Wer da von Diktatur faselt, sollte mal darüber nachdenken, ob er solche ›Spaziergänge‹ etwa in China oder Kasachstan machen könnte.«

Am Sonntag hätten die Kritiker gezeigt, wo sie stehen: Wer hinter dem Emblem der verbotenen Reichskriegsflagge herlaufe, einem Lieblingssymbol von Neonazis und Reichsbürgern, dürfe sich nicht wundern, wenn man ihn diesen gleichsetze.

Polizei kommt mit größerem Aufgebot zu Grünberger Corona-Demo

Mit dieser Mahnwache stehe man gemeinsam ein für Vernunft gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen, die nicht aus Facebook, Telegram und Co. stammen. Für Respekt im Umgang miteinander, gegenüber den Erkrankten, den weltweit 5,6 Millionen Corona-Toten. Stehe man gemeinsam ein für Solidarität für die Beschäftigten in der Pflege und im Gesundheitswesen, für die Sicherheits- und Ordnungskräfte, die dank der »Spaziergänger« und »Corona-Schwurbler« im Dauereinsatz sind. Mit dem Appell, friedlich, ruhig und gelassen zu bleiben, sich auch nicht provozieren zu lassen, schloss Lux.

Die »Spaziergänger« hatten derweil das Zentrum und mithin den Marktplatz umrundet. Nur einmal kam es zu einem Sichtkontakt zwischen beiden Parteien, als die Demo etwa 50 Meter vom Marktplatz entfernt die Schlossgasse hinabzog und mit lautem Klatschen »begrüßt« wurde. Um eine Konfrontation zu verhindern, war die Polizei mit einem größeren Aufgebot vertreten. An den Zugängen zu Grünbergs »guter Stube« waren Beamte postiert, die Zubringerstraßen mit quergestellten Mannschaftswagen blockiert.

Als nahezu alle Teilnehmer an der Mahnwache sich längst auf dem Heimweg befanden, erreichte der Zug der »Querdenker« den Vorplatz der Stadtkirche. Ein »harter Kern« von etwa 60 Personen versuchte nun, Richtung Marktplatz weiterzugehen, wurde aber von der Polizei daran gehindert. Die Situation drohte zu eskalieren, es wurde laut, Sprechchöre (»Schämt euch!«, »Freiheit!« oder »Und ihr wollt Kinder ziehen?!«) schallten über den Platz. Per Lautsprecherdurchsage lösten die Beamten kurz darauf die Versammlung auf, wenig später war der »Spuk« vorüber.

300 Menschen bei Corona-Demo in Grünberg

Laut Polizei nahmen am Montag rund 300 Personen an der wiederum nicht angemeldeten Demonstration in Grünberg teil. Wie Pressesprecher Jörg Reinemer bestätigte, habe es einige Identitätsfeststellungen gegeben; ob und wie viele Ordnungswidrigkeitsanzeigen wegen Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung oder das Versammlungsrecht damit einhergingen, vermochte er noch nicht zu sagen.

Insgesamt zählte die Polizei im Kreis Gießen diesmal rund 1000 Teilnehmer an angemeldeten und nicht angemeldeten Versammlungen für und wider die Corona-Maßnahmen. »Spaziergänge«, wenn auch kleiner, habe es neben Grünberg in Fernwald, Pohlheim und Allendorf gegeben.

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