1. Gießener Allgemeine
  2. Kreis Gießen
  3. Grünberg

»Schamlos wie ein Liebesbrief«

Erstellt:

Kommentare

sued_LesungIMG_6246_0803_4c_2
Harald Pfeiffer bei seinem Vortrag. © Doris Schütte

Grünberg (dis). In einer Veranstaltung des Barfüßer-Förderkreises Kultur rezitierte Harald Pfeiffer, der einige Jahre Schauspieler am Stadttheater Gießen war, Texte aus der Autobiografie des amerikanischen Schriftstellers Mark Twain (1835-1910). Bekannt wurde er vor allem durch seine Bücher »Die Abenteuer des Tom Sawyer« und »Die Abenteuer des Huckleberry Finn«.

Die Autobiografie, so verfügte der Autor, sollte erst 100 Jahre nach seinem Tod erscheinen, nur so könne sie »so frank und frei und schamlos wie ein Liebesbrief« sein, merkte der Autor an. Die Welt solle gefälligst warten. Im Jahr 2010 erschien das Buch in den USA, und liegt jetzt als »Meine geheime Autobiografie« auch auf Deutsch vor.

Mehrere Versuche hatte der Autor gestartet, sein Leben niederzuschreiben. Und immer wieder war er gescheitert. Zu langweilig, bekannte er und fand nicht den richtigen Zugang. »Beginne an einem beliebigen Zeitpunkt deines Lebens, möglichst mit dem 40. Lebensjahr, nach meiner Meinung der Mittelpunkt des Lebens eines Mannes! Durchwandre dein Leben, wie du lustig bist, rede nur über das, was dich im Augenblick interessiert, lass das Thema fallen, sobald dein Interesse zu erlahmen droht.«

So erzählt er humorvoll viele persönliche Erlebnisse von seiner Herkunft, seiner Familie und seinen Geschwistern, geht aber auch mit der amerikanischen Gesellschaft scharf ins Gericht. Kriegssoldaten sind für ihn »uniformierte Meuchelmörder« und die Gier an der Wall Street überziehe das Land mit einem »Pesthauch«, der mehr als 100 Jahre nicht weichen werde, schrieb Twain.

Pfeiffer nahm sich bei seiner Lesung die familiären Aspekte der Biografie vor, aber auch die Besonderheiten der deutschen Sprache. Man hätte keinen besseren Vortragenden als ihn finden können. Aus gutem Grunde spreche er aus dem Grab statt mit lebendiger Zunge, schrieb Twain im Vorwort: »So kann ich frei reden«. Ergänzend zur Autobiografie trug Pfeiffer die skurrile Erzählung »Kannibalismus auf der Eisenbahn« vor.

Der Kreis der Zuhörer hatte sicht- und hörbar Gefallen an dem Vorgetragenen und spendete dem Rezitator den verdienten Applaus.

Auch interessant

Kommentare