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»Pferdeflüsterer« hautnah

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Von: Hans-Joachim Losert

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Monty Roberts demonstriert, wie er das Vertrauen eines Pferdes gewinnt.	Foto: fp
Monty Roberts demonstriert, wie er das Vertrauen eines Pferdes gewinnt. Foto: fp © fp

Grünberg (fp). Das Kommunikationssystem von Pferden ist die Körpersprache. Diese zu verstehen ist ein Grundstock für die Arbeit mit den Tieren und den Lernerfolg. Am Samstagnachmittag demonstrierte der weltberühmte »Pferdeflüsterer« Monty Roberts beim Reit- und Fahrverein (RuF) Grünberg, wie er mit Pferden umgeht, ihnen das beibringt, was sie können sollen. Roberts’ Credo »Gewalt ist niemals eine Lösung« hat die Pferdewelt revolutioniert. Dabei geht es immer darum, das Vertrauen der Tiere zu gewinnen. Hier setzt auch sein Horse Sense und Healing-Programm an, mit dem Roberts Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) hilft. In Grünberg mit dabei war am Samstag auch Volker W., der nach dem Dienst in der Bundeswehr an verschiedenen Symptomen leidet.

Vertrauen ist das A und O

Zahlreiche Interessierte fanden sich am Nachmittag in der Halle des RuF ein. Die Veranstaltung war erst die zweite ihrer Art in diesem Jahr in Deutschland, die erste fand kürzlich vor 3000 Zuschauern auf der Equitana in Essen statt. Sabine Müller, Vorsitzende des heimischen Vereines, freute sich in ihrer Begrüßung über die Ausrichtung in Grünberg.

Von Roberts erfuhren die Anwesenden zunächst, wie er zur Arbeit mit den Pferden gekommen ist. Während seines Studiums sollte er als Helfer Soldaten betreuen, die aus dem Korea-Krieg kamen. Denen wurde eingebläut, niemandem zu vertrauen. Sie schlugen ihre Frauen, Kinder oder Nachbarn. Roberts nahm sie mit zu den Pferden, die zutraulich wurden, wenn die Soldaten sich beruhigten. Den Anfang machte Roberts mit zehn Veteranen.

In Grünberg übersetzte Anna-Lena Arnold die Worte von Roberts ins Deutsche und führte somit durch das Programm. An drei Connemara-Ponys demonstrierte der »Pferdeflüsterer« seine Arbeit. Bei Stute Vera zeigte er zunächst die Denkweise der Tiere auf. Schnalzte er mit dem Mund, lief die Stute schneller: Abgeleitet wird das Geräusch vom Klang brechender Zweige beim Anschleichen von Raubtieren. Neben der Fortpflanzung sei es ein weiteres Bestreben von Pferden, an einem sicheren Ort zu sein. Roberts sagte die Körpersprache der Stute vorher - mit dem Senken des Kopfes bettele sie, ihr nicht weh zu tun. Nach kurzer Zeit vertraute sie ihm und folgte ihm auf Schritt und Tritt.

Bei weiteren Vorführungen galt es, ein Pferd an das Tragen eines Reiters zu gewöhnen. Das Aufsteigen birgt höhere Verletzungsgefahren, der Reiter ist oftmals nicht in der optimalen Körperbalance. Steht das Pferd dann nicht ruhig, können schnell Blessuren entstehen. Hier zeigte Roberts ebenfalls eine Trainingsmethode auf. In einer anschließenden Fragerunde ging es vorwiegend um Erziehung der Tiere.

Laute Geräusche und Menschenansammlungen erinnern Volker W. an den Krieg. Im Einsatz in Afghanistan erlebte der 49-Jährige, wie sich Todesangst anfühlt. Am Samstag erzählte er davon in Grünberg, führte aus, dass die Soldaten gelernt hätten, niemandem zu vertrauen. Selbst Kinder könnten eine Gefahr für sie darstellen. Körperlich unversehrt, aber traumatisiert kehrte er zurück - und leidet seither an PTBS. Mit dem Programm von Monty Roberts lernte er, dass er wieder Menschen glauben kann, als ihm die Pferde Vertrauen schenkten. Im Programm arbeiten alle Beteiligten ehrenamtlich und unentgeltlich, einschließlich Monty Roberts. Doris Semmelmann stellte kurz den Verein Equus vor, der die pferdegestützten Aktivitäten von Roberts seit 2018 in Deutschland anbietet.

Der zweite Teil des Nachmittags bot die Möglichkeit, Roberts im Reiterstübchen hautnah zu erleben; hier erzählte er aus seinem Leben.

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