»Jungs wollen immer cool und berühmt sein«
Grünberg (con). 80 Jungs im Alter zwischen zehn und 16 Jahren haben sich in dieser Woche an der Theo-Koch-Schule in Grünberg zu den Jungenaktionstagen getroffen. Zwei Tage lang probierten sie sich in Workshops aus. Fußball, Parcours, Graffitikunst, Skaten, Hip-Hop und Breakdance, aber auch das Bauen und Programmieren von Robotern stand auf dem Programm.
Die Aktionstage für Mädchen und Jungen sind bei der Jugendpflege des Kreises strikt nach Geschlechtern getrennt. Damit soll auf die unterschiedlichen Bedürfnisse reagiert und die Selbstreflektion gefördert werden. Jungs etwa »sollen auch dazu ermutigt werden, ihr eigenes Bild vom Mannsein zu hinterfragen«, sagt Jugendbildungsreferent Christian Englisch. Im Interview spricht er über das Konzept, das dahinter steckt.
Herr Englisch, warum finden die Jungen- und Mädchenaktionstage überhaupt getrennt und nicht gemeinsam statt?
Die Schwerpunkte der Arbeit sind anders. Die Jungenarbeit entwickelte sich ein Stück weit auch als Gegenpol zur Mädchenarbeit, die aber aus einer ganz anderen Tradition entstanden ist. Zwar greifen beide ähnliche Themen auf, aber die Herangehensweisen sind andere.
Zum Beispiel?
Bei der Mädchenarbeit geht es vor allem um das Empowerment, also die Stärkung der Potenziale und das Ermutigen zum Ausbau der eigenen Möglichkeiten. Bei der Jungenarbeit ist das anders. Die ist eine Einstellungssache. Die Jungs sollen zur Selbstreflektion auf das Mannsein angeregt werden.
Also ist eine Trennung der beiden Geschlechter in diesem Kontext sinnvoll?
Ja. Das merkt man schnell bei den Themen, die in reinen Jungen- oder Mädchengruppen angesprochen werden. Bei Gesprächsrunden geht es bei den Jungs sehr schnell darum, wie sie ihre Fähigkeiten erweitern können. Jungs wollen immer cool, erfolgreich und berühmt sein. Bei Mädchen geht es sehr schnell um Themen wie sexuelle Belästigung und wie oft ihnen das schon passiert ist. In gemischten Gruppen sprechen weder die Mädchen noch die Jungs diese Themen an.
Was sind die Ziele der Jungenaktionstage?
Das Anliegen von allen Beteiligten ist zuerst, dass die Jungs eine tolle Zeit haben. Sie sollen sich ausprobieren können und neue Erfahrungen machen. Natürlich ist auch die sportliche Betätigung wichtig. Aber die Jungs sollen auch dazu ermutigt werden, ihr eigenes Bild vom Mannsein zu hinterfragen. So soll der sogenannten toxischen Maskulinität entgegengewirkt werden. Aber natürlich geht es auch darum, das Selbstbewusstsein der Jungs zu stärken.
Die Jungenaktionstage laufen nur über zwei Tage. Bringt diese kurze Zeit überhaupt etwas?
Zwei Tage mögen nicht lang sein, aber sie reichen. Die Jungs können sich hier ausprobieren, sich auch kreativ beschäftigen. Gerade jetzt nach den zwei Corona-Jahren merkt man, dass viele der Kinder und Jugendlichen sich darauf freuen, mal etwas anderes zu machen.
Merkt man den Jungen die Ereignisse der vergangenen beiden Pandemiejahre an?
Bei den Aktionstagen hier in Grünberg habe ich alle Jungs als sehr aufgeweckt und froh erlebt. Die meisten haben einen unheimlichen Bewegungsdrang. Aber von Jugendtreffs wurden sinkende Zahlen bei den Teilnehmern gemeldet. Einige Jungen haben sich zurückgezogen, sind nur noch schwer zu erreichen. Zudem haben Depressionen bei Kindern und Jugendlichen während der Pandemie zugenommen. Auch deshalb sind Veranstaltungen wie die Jungenaktionstage wichtig. Sie können präventiv wirken.
Spürt man den Erfolg der Bemühungen?
Nein, messen lässt sich so etwas nicht. Aber man kann spüren, dass man die Jungs erreicht hat. Wenn man den Teilnehmern Jahre später begegnet und die einen ansprechen, dann spürt man, dass sie sich etwas gemerkt haben.