»Feuerwehr der Zukunft«: Jugendfeuerwehr Seenbachtal holt den Titel

»Leben in der Lage« ist ein in Feuerwehrkreisen beliebter Spruch. Er bedeutet: Sich der gegebenen Situation anpassen, denn jeder Einsatz ist anders. Covid-19 war eine Lage, die von allem abwich, was man in den letzten Jahrzehnten kannte. Feuerwehren, die in der Krise kreative Lösungen fanden, wurden nun belohnt: Mit dem Preis »Feuerwehr der Zukunft«.
Großer Jubel bei den Jugendfeuerwehren des Seenbachtals: Sie sind die »Feuerwehr der Zukunft 2021«. In Staufenberg nahmen am gestrigen Montagabend Holger Liehr und Carl Bonarius den ersten Preis des Wettbewerbs in Höhe von 1500 Euro in Empfang. Diesen hatten die Stadtwerke Gießen und der Kreisfeuerwehrverband ausgeschrieben.
Seit 14 Jahren gestalten die Feuerwehren Lardenbach, Klein-Eichen, Weickartshain und Stockhausen ihre Jugendarbeit gemeinsam. Es sind kleine Orte und es somit umso wichtiger, schon früh junge Menschen für den freiwilligen Dienst in der Feuerwehr zu begeistern. Die Pandemie drohte diese Begeisterung jedoch auszubremsen - und Online-Unterricht gabs für die Jugendlichen schon genug in der Schulzeit, da wollte das kaum noch jemand auch in der Freizeit.
Das Seenbachtaler Jugendfeuerwehrteam setzte mehrere Ideen um: Zum einen wollten sie praktische Vorführungen aus dem Feuerwehrhaus übertragen. Kleiner Haken: Das Gebäude besaß keinen Internetanschluss. Also wurden 80 Meter Netzwerkkabel vom Nachbarn gelegt, um Online gehen zu können. »Die Nachbarn fragen uns jetzt immer wieder mal, ob wir wieder Internet brauchen«, sagte Bonarius schmunzelnd.
Besonders konnte die Jugendfeuerwehr mit einer feuerwehrtechnischen Schnitzeljagd punkten, die auf der App »Actionbound« beruhte. An verschiedenen Stationen im Dorf warteten Aufgaben aus dem Feuerwehralltag auf die Jugendlichen. Das Material hatte das Organisationsteam bei Freunden und Feuerwehrmitgliedern untergestellt. Zum Abschluss des Projekts gab es eine 13 Kilometer lange Auflage für alle Grünberger Jugendfeuerwehren, die viel Resonanz hatte.
Nachahmbare Projekte
Die Jury überzeugte unter andere, dass es ein Projekt ist, was andere Jugendfeuerwehren nachahmen können. »Zudem fand es mit viel Eigeninitiative und Engagement statt«, sagte Julia Trampisch vom Kreisfeuerwehrverband. Landrätin Anita Schneider sagte, dass ein Aspekt des Wettbewerbs auch sei, Nachwuchs für die Einsatzabteilungen zu gewinnen. Sie hielt fest: »Alle Beiträge waren super.«
Platz zwei teilten sich zwei Kandidaten. Bei der Feuerwehr Muschenheim entstand ein »Programm mit viel Potenzial«, sagte Trampisch. Dort hatten Tobias Becker und Tim Nier eine Online-Plattform mit Quiz programmiert. Über dieses können Feuerwehrangehörige im Anschluss an Übungsabende ihr Wissen überprüfen. Der Vorteil dieser Plattform: Um neue Fragen und Antworten dem Quiz hinzuzufügen, braucht es keine Programmierkenntnisse.
Ebenfalls auf Platz zwei landete die Jugendfeuerwehr Buseck. Diese hat eine App entwickelt, um mit den Jugendlichen Termine zu kommunizieren und feuerwehrtechnisches Wissen zu vertiefen. Sie mittlerweile als »Flammen-App« allen Jugendfeuerwehren im Landkreis Gießen zur Verfügung gestellt, Die Kosten dafür übernimmt der Landkreis.
Die Wettbewerbsbeiträge aus den beiden Allendorfs im Landkreis Gießen teilten sich Platz drei. Die Feuerwehr Allendorf an der Lahn setzte - wie viele andere Feuerwehren - auch auf Online-Unterricht in den Zeiten des Lockdowns. Zudem eröffnete sie im Frühjahr 2021 ein Schnelltestcenter, um die Feuerwehrleute regelmäßig zu testen und so das Risiko einer Ansteckung bei Einsätzen zu senken. Dieses Angebot wurde schließlich auf die Bürger im Dorf ausgeweitet, die Termine bei den speziell ausgebildeten Feuerwehrleuten waren über lange Zeit ständig ausgebucht.
Für die Feuerwehr Allendorf/Lumda nahm Stadtbrandinspektor Michael Carl Pokal und 500 Euro für den dritten Platz entgegen. Dort machte man sich Gedanken, wie man als Feuerwehr mit schmalem Budget sich kostengünstig in Sachen Software aufstellen kann.
Die Minifeuerwehren aus Biebertal, Gießen-Mitte und Wettenberg waren beim Malwettbewerb erfolgreich und gewannen jeweils einen Besuch des Energietheaters.