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Grünberg hat sein »Haus der Musik«

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Von: Thomas Brückner

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Emily und ihre Lehrerin Tamara Szczesny. © Thomas Brueckner

Auftakt am 25. Oktober: Erstmals drangen Klavier- und Violinenklänge aus der alten THW-Unterkunft ins Freie. Der Unterricht in Grünbergs neuem »Haus der Musik« hatte begonnen. Zur Freude von Musikverein und Chorgemeinschaft, die endlich einen festen Probenort hatten. Und vor allem zur Freude der Musik- und Kunstschule e. V., kurz MuKS.

Seit der Gründung 1987 hatte sich die Musik- und Kunstschule mit beengten Verhältnissen begnügen müssen: Am Sitz in der Alsfelder Straße fand der Unterricht in einer früheren Küche und einem Schlafzimmer statt. Alles weitere musste in allgemeinbildenden Schulen stattfinden, mit denen eine Kooperation bestand. »Ein Riesenfortschritt«, meint denn auch Bernd Niesner, Leiter der Musikschule, beim Gang durchs neue Domizil.

Neben dem großen Ensembleraum, in dem neben Musikverein und Chorgemeinschaft auch der Deutsch-Russische Chor sowie das Streichensemble der MuKS proben, stehen fünf Unterrichts- sowie Büro- und Lagerräume zur Verfügung. Die Nutzung, so Niesner, unterliege natürlich strengen Hygieneregeln.

Drei Wochen nach dem Start werden bereits 118 Schüler einzeln oder in Gruppen im Haus hinter der Gallushalle unterrichtet. »Tendenz steigend«, wie Niesner sagt. Nicht mehr lange, und der Nachmittagsunterricht finde komplett in dem 400 Quadratmeter großen Zweckbau statt. Das Gros der 694 Kinder und Jugendlichen wird freilich weiter von den aktuell 28 Fachkräften an den Schulen in Grünberg, Stangenrod, Villingen und Ober-Ohmen unterrichtet. Von Vorteil, schon wegen des Bustransfers.

Weiter Kooperation mit Schulen

Die Kooperationen laufen also weiter, wobei die kostenfreien Projekte, etwa »Kultur macht stark«, die meisten Teilnehmer verzeichnen. Auch die Musikalische Früherziehung (MFE) bleibt bei den Kitas angesiedelt; auch das, um Eltern die Fahrten zu ersparen. Niesner verweist an dieser Stelle auf einen riesigen Nachholbedarf, nehmen doch bereits 80 Kinder das Angebot wahr, nachdem im Mai 2020 wegen der Pandemie der Unterricht hatte gestoppt werden müssen.

Um dem jetzt wieder aufgeflammten Interesse zu entsprechen, plant der gemeinnützige Verein eine neue offene MFE-Gruppe im »Haus der Musik«. Zudem soll eine Eltern-Großeltern-Kind-Gruppe als weitere Neuerung hinzukommen.

»Wir haben Glück gehabt«, kommt Niesner nun auf ein Problem vieler Kollegen zu sprechen. Gerade in Hessen müssten die Lehrkräfte oft in drei oder vier Schulen unterrichten, um über die Runden zu kommen. Mangels auskömmlicher Corona-Hilfen hätten viele das Handtuch geworfen.

Nicht aber in Grünberg. Wohl auch, da man früh auf Onlineunterricht umgestellt hatte, teils auch bedürftigen Familien Endgeräte besorgt habe.

Ganz ging SARS-CoV-2 aber auch nicht an der MuKS vorüber: So fiel dem neben der Früherziehung ein Projekt für benachteiligte Kinder zum Opfer. Nach anderthalb Jahren fällt hier der Neustart aus, es fehlt an Personal.

»Ohne Herrn Bender wären wir nicht hier«, kommt der Musikschulleiter auf die Vorgeschichte des Hauses zu sprechen. Der Grünberger Unternehmer hatte das ehemalige THW-Gebäude gekauft und - nach der Interimsnutzung als Kita - der Stadt mit der Maßgabe geschenkt, es musiktreibenden Vereinen zu überlassen. Die Kommune trägt nun die Unterhaltungskosten, die »Miete« der Musikschule wird über den Vereinszuschuss von 3000 Euro verrechnet.

Hausgemeinschaft dreier Vereine

Ein Vorteil für deren »Mitbewohner« Chorgemeinschaft und Musikverein ist es, dass sie hier neben festen Proben- auch Lagerräume für Noten und Instrumente haben. »Es klappt bestens«, antwortet Niesner auf die Frage, ob sich die Hausgemeinschaft verträgt. Und mit einem Schmunzeln: »Die Stühle werden immer zurückgestellt.« Man helfe sich gegenseitig, die Vereine nutzten etwa für Stimmproben andere Räume oder das Klavier der Musikschule.

Am Ende erwähnt Niesner noch einen Nebeneffekt: »Die Kinder können sich jetzt nicht nur wieder sehen, sondern auch hören.« Heißt: Im »Haus der Musik« vernähmen sie den Klang vieler Instrumente, in der Alsfelder Straße war es immer nur Klavier oder Klarinette.

Ob das auch die siebenjährige Emily beeindruckt? Wohl kaum, bereits seit einem Jahr übt sie das Cello-Spiel. Da es ihr großen Spaß bereitet, dürfte sie dabei bleiben - auch wenn von nebenan mal das Wummern einer Bass-Gitarre zu hören ist.

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