Großbaustelle Gasthaus: Arbeiten im historischen Gebäude gehen voran

Sie wollen ein historisches Gebäude erhalten und den Menschen einen ihrer Treffpunkte zurückgeben: Fünf Anneröder haben das ehemalige Gasthaus Zur Krone gekauft. Jetzt hat die Entkernung begonnen.
Annerod – Es staubt. Haufenweise Backsteine liegen auf dem Boden, dazwischen lange Stahlrohre. Zwei Männer rücken mit schwerem Gerät einer Mauer auf die Pelle. Von oben dringt der Lärm von Maschinen herunter in das ehemalige Schlachthaus, wo gerade die Räucherkammer abgerissen wird. Die Traditionsgaststätte Zur Krone in Annerod ist innen kaum wiederzuerkennen. Vor wenigen Wochen hat hier die Entkernung begonnen.
Im vergangenen Jahr hatte die Dorfmitte Annerod Immobilien GmbH das Gebäude gekauft. Ihr Plan: Es umbauen, bezahlbaren Wohnraum schaffen und mit einem Pächter die Kneipe wieder aufmachen, damit aus der langjährigen Wirkungsstätte von Marianne und Günter Stiebing erneut ein Treffpunkt für Vereine, Stammtische und Altersvereinigungen sowie ein Veranstaltungsort für Geburtstage, Konfirmationen und andere Feierlichkeiten wird. Eines ist allerdings jetzt schon klar: Aussehen wird alles einmal ganz anders.
Gasthaus Zur Krone in Annerod im Kreis Gießen: Entkernung ist viel Arbeit
Im ehemaligen Schlachthaus und den Toiletten nämlich soll künftig der Gastraum entstehen. Dort, wo dieser einst zu finden war, ist ein Multifunktionsraum vorgesehen, aus Theke und Küche wird das stille Örtchen, erzählt Christoph Carle, Geschäftsführer der Dorfmitte Annerod Immobilien GmbH, die er gemeinsam mit vier anderen Annerödern vor eineinhalb Jahren zwecks Erhalt des historischen Gebäudes mit denkmalgeschützter Fassade gegründet hat. Aus einer Bierlaune heraus, bei einem Stammtisch in ebenjener Krone.
»Das Objekt schien aus unserer Sicht zu schade, um es den Bach runtergehen zu lassen«, so Carle. »Außerdem liegt uns die Idee am Herzen, dem Ort etwas zurückzugeben.« Dass mit dieser Entscheidung so viel Arbeit auf ihn und seine Mitstreiter zukommen würde - die Entkernung stemmen die fünf Gesellschafter in Eigenleistung - hätte Carle damals allerdings nicht gedacht. Fünf Arbeitseinsätze abends und am Wochenende haben die Freunde hinter sich, bereits zwei große und sechs kleine Container voll mit Schutt und Baumaterialien entsorgt. Ein Ende ist nicht abzusehen.

Zur Krone in Annerod (Kreis Gießen): Zeitplan bei Projekt noch ungewiss
Einen zeitlichen Fahrplan zum Projekt will Carle deshalb auch nicht ausgeben. »Das hängt davon ab, wie wir vorankommen und natürlich von den verschiedenen Gewerken.« Ursprünglich hatte man beabsichtigt, die Kneipe bereits in diesem Sommer wiederzueröffnen. Doch Verkaufsverhandlungen und anschließende Eigentumsübertragung zogen sich bis Anfang dieses Jahres hin und damit auch der Beginn der Entkernung.
Massenweise Holzprofile türmen sich auf dem Boden, dazwischen Lampenschirme, Küchenfronten, Barhocker. Der Thekenbereich ist nicht wiederzuerkennen. Alles muss raus, auch aus der Küche nebenan. Teller, Tassen, Servierplatten, Töpfe und vieles mehr aus den Schränken der früheren Gastronomen stapelt sich dort, wo künftig die Toiletten zu finden sein werden.
Während im Erdgeschoss auf rund 150 Quadratmetern Gast- und Veranstaltungsraum mit insgesamt 96 Plätzen neu entstehen, werden im ersten und zweiten Ober- sowie im Dachgeschoss insgesamt fünf Apartments eingerichtet, zwei im historischen Vorderhaus, drei im Anbau. Dieser wird in den kommenden Tagen bis auf Höhe des früheren Saals abgebrochen, was wegen des maroden Daches notwendig sei, und anschließend wieder genauso aufgebaut. »Die Kubatur muss wegen des Denkmalschutzes erhalten bleiben«, erklärt Christoph Carle.

Annerod (Kreis Gießen): Förderung für bezahlbaren Wohnraum
Da die Investoren sich entschieden haben, in dem Objekt bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, erhalten sie Fördergeld. Von der Gemeinde, dem Kreis, konkret der Gesellschaft für Sozialen Wohnungsbau und Strukturförderung, sowie vom Land Hessen. 25 Jahre lang muss die Miete für diese Apartments mindestens 15 Prozent unter der ortsüblichen liegen. Außerdem dürfen die Wohnungen nur an Menschen mit einem Berechtigungsschein vermietet werden. Auf diese Weise, so hoffen die Gesellschafter, lasse sich das Vorhaben finanzieren. Denn ein Renditeobjekt sei die Krone nicht, so Carle. Die Kosten für Umbau und Renovierung wurden im vergangenen Jahr auf rund 750 000 Euro geschätzt.
Was den künftigen Gaststättenbetrieb betrifft, so sind die fünf Gesellschafter laut Carle in finalen Verhandlungen mit einem erfahrenen Gastronom aus dem Kreisgebiet. Konkreter will der Geschäftsführer der Dorfmitte Annerod Immobilien GmbH aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht werden. Vorgesehen ist eine gut-bürgerliche Küche, die aber auch vegetarische Gerichte bietet und in der vorwiegend regionale Produkte verarbeitet werden. Lokaler Partner wird die Licher Brauerei sein.
Mittlerweile ist es auf der Großbaustelle in der Anneröder Ortsmitte etwas ruhiger geworden. Keine lärmenden Maschinen, kein Hämmern. Man sitzt im ehemaligen Gastraum zusammen und verzehrt, was der Pizza-Lieferant gerade gebracht hat. Es wird pausiert, um Kraft zu schöpfen. Denn es gibt noch viel Arbeit im Traditionsgasthaus. (Christina Jung)
