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Graf kündigt dem Freundeskreis

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Von: Ursula Sommerlad

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Für die mittelalterlichen Gebäudeteile von Kloster Arnsburg wird künftig nicht mehr der Freundeskreis verantwortlich sein, sondern der Eigentümer Karl Georg Graf zu Solms-Laubach. ARCHIVFOTO: TB © Red

Seit mehr als 60 Jahren kümmert sich der Freundeskreis Kloster Arnsburg um den Erhalt der mittelalterlichen Klosteranlagen. Damit ist zum Jahresende Schluss. Eigentümer Karl Georg Graf zu Solms-Laubach hat den Mietvertrag gekündigt. Die Mitglieder müssen nun entscheiden, ob sich der Verein auflösen oder mit anderen Zielen weitermachen soll.

Als junger Mann ist Ernst Klingelhöfer oft von Watzenborn--Steinberg nach Kloster Arnsburg geradelt. Beeindruckend war der Gebäudekomplex, aber in einem jämmerlichen Zustand: »Die Mauern der Kirchenruine baufällig, das gotische Deckengewölbe des Dormitoriums teilweise eingebrochen, der Kreuzganggarten voller Schutt«, so erinnerte sich der ehemalige Landrat vor Jahren in einem Gespräch in dieser Zeitung.

Dass die Anlage saniert werden konnte, ist dem Freundeskreis Kloster Arnsburg zu verdanken. Die Unterhaltung der mittelalterlichen Gebäudeteile war mehr als sechs Jahrzehnte lang das Hauptziel des 1960 gegründeten Vereins. Doch damit ist bald Schluss. Der Eigentümer von Kloster Arnsburg, Karl Georg Graf zu Solms-Laubach, hat den Mietvertrag mit dem Freundeskreis zum Jahresende 2022 gekündigt. Er will künftig selbst in Verantwortung treten.

»Als Eigentümer von Kloster Arnsburg habe ich die Gesamtanlage im Blickfeld und dadurch natürlich sehr viel mehr Möglichkeiten, Zukunftskonzepte zu erarbeiten«, teilte er auf Anfrage dieser Zeitung zu seinen Gründen mit. »Es ist nicht so, dass ich grundsätzlich unzufrieden war, und schon gar nicht hat es persönliche Gründe«, versichert er.

Zwischen dem gräflichen Haus und dem Freundeskreis bestand in den vergangenen Jahrzehnten eine klare Arbeitsteilung. Der Verein kümmerte sich um den Erhalt des mittelalterlichen Kerns mit Kirchenruine, Ostbau und Umfassungsmauer. Die vermietbaren Gebäude wie Pforte, Mühle, Bursenbau, Küchenbau, Abteigebäude oder Gartenhaus, fielen in die Verantwortung des Grafen. Nun läuft zum 31. Dezember der aktuelle Mietvertrag nach fünf Jahren aus. Mit Schreiben vom 16. September 2021 hatte der Eigentümer dem Verein einen neuen Vertragsentwurf unterbreitet, Laufzeit bis 31. 12. 2022 mit automatischer Verlängerung um ein Jahr, sofern nicht eine Partei vorher kündigte. So schildert es Landrätin Anita Schneider, die den Freundeskreis-Vorsitz 2017 in Nachfolge von Ernst Klingelhöfer angetreten hat. »Das war nicht machbar«, fasst Schneider das Ergebnis der Beratungen im Vorstand zusammen. Auf diese kurze Strecke hätte der Verein weder langfristige Investitionen planen noch die dafür notwendigen Fördergelder akquirieren könne. Am 8. Februar 2022 kam daraufhin aus Laubach die Kündigung zum Ende dieses Jahres.

»Der Eigentümer hat das Recht, so zu entscheiden«, sagt Schneider. Doch für langjährige Ehrenamtliche sei die Entwicklung unfassbar. »Für manche ist eine Welt zusammengebrochen«, beschreibt die Vorsitzende die Stimmung im Freundeskreises, der aktuell 296 Mitglieder hat.

Nun muss geklärt werden, welche Konsequenzen die Kündigung nach sich zieht. Schließlich sind in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur in hohem Maße öffentliche Gelder in die Sanierung geflossen, sondern auch Eigenmittel des Vereins. Beispielsweise brachte der Freundeskreis zwischen 2006 und 2013 300 000 Euro für die Sanierung der schadhaften Mauern auf.

»Wir haben einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der sich das genau anschauen wird«, teilte die Vorsitzende mit. Welche Vermögenswerte wurden geschaffen? Was gehört wem? Das müsse aufgearbeitet und mit dem Grafen besprochen werden, sagte Schneider. »Das ist normal.«

Aktuell neigt sich der erste Teil der Dachsanierung am Ostbau dem Ende zu. Der zweite Teilabschnitt steht an. Darüber hinaus gibt es nach Aussagen der Vorsitzenden weitere Erhaltungsaufgaben. So seien mit Blick auf Brandschutz und Fluchtwege bauliche Veränderungen nötig, um das Dormitorium für Veranstaltungen mit mehr als 200 Personen nutzen zu können.

Dieser Aufgabe ist sich Graf Solms bewusst. »Ich werde dieses Thema angehen, aber mit Sicherheit kein Risiko eingehen«, versichert er.

Und er betont ausdrücklich, dass seine Familie und er »sehr, sehr dankbar für die großartige Arbeit des Freundeskreises seien«. Insbesonders verweist er in diesem Zusammenhang auf die Verdienste des 2007 verstorbenen Karl Lang. Der Forstamtsrat im Dienste des gräflichen Hauses habe als geschäftsführender Vorsitzender des Freundeskreises stets alle Tätigkeiten im Verein »auf das Engste mit unserer Familie abgesprochen«.

Der Eigentümer hat zugesagt, dass das Kloster Arnsburg weiter von der Öffentlichkeit genutzt werden kann. »Das ist für mich selbstverständlich. Diese Verantwortung hat meine Familie immer wahrgenommen, sowohl in Arnsburg als auch in Laubach.« Das Drehkreuz mit Bezahlung am Eingang werde verschwinden und die Kirchenruinie für jedermann öffentlich zugänglich sein. »Nur am Abend wird abgeschlossen.«

Was die erwähnten Zukunftskonzepte angeht, so verweist der Begründer der Opernwerkstatt Schloss Laubach auf seine kulturellen Interessen. »Mein Schwerpunkt ist die klassische Musik und ich liebe gute Kunstausstellungen.« Vielleicht, so sein Wunsch, gelinge es ihm, eine höhere Frequenz zu erreichen.

»Ich hoffe, dass es gut wird«, sagt dazu die Freundeskreis-Vorsitzende. Wegen der Pandemie seien in den vergangenen zwei Jahren Kulturveranstaltungen nur eingeschränkt möglich gewesen. Aber es habe im Verein Ideen für die Zukunft gegeben. »Wir waren gerade dabei, den Vorstand zu verjüngen.«

Nun wird sich die Mitgliederversammlung mit einer anderen Kernfrage beschäftigen müssen: Soll sich der Verein auflösen? Oder soll er mit anderen Schwerpunkten weiterarbeiten? Schon bisher gehörten die Erforschung der Geschichte und Fahrten mit kulturhistorischen Hintergrund zu den Zielsetzungen des Freundeskreises.

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