Gas geben beim Energiesparen: Das tun die Gemeinden im Kreis Gießen

Die Lage ist angesichts des russischen Angriffskrieges ernst: Es droht eine Gasknappheit, die Preise steigen. Kommunen im Kreis Gießen bereiten sich vor.
Kreis Gießen – Vor der Droh-Kulisse eines Lieferstopps an russischem Gas hat die EU einen Notfallplan beschlossen. Die Mitgliedsstaaten sind demnach aufgefordert, den Verbrauch zwischen dem 1. August 2022 und dem 31. März 2023 um 15 Prozent zu senken. Was die Einsparung von fossiler Energie insgesamt angeht, geben nun auch die Kommunen im Kreis Gas. Von abgestellten Duschen in Sporthallen über Nachtabschaltung der Straßenlaternen bis zur Rathausschließung reicht das Spektrum.
Gas sparen im Kreis Gießen: Warmwasser in Buseck teilweise abgeschaltet
»Das Warmwasser an Hand- und Spülbecken, die etwa über Boiler beheizt werden, wurde bereits im Kulturzentrum, im Schloss und in der Brandsburg weitgehend ausgeschaltet«, teilt Busecks Klimaschutzmanagerin Larissa Hildebrand mit. Die Bitte, so auch in den Gerätehäusern zu verfahren, sei an die Wehrführer gegangen.
Seit Jahren bereits wird in Buseck die Straßenbeleuchtung nachts abgeschaltet. Werktags von 1 bis 5 Uhr, an Wochenenden von 2 bis 6 Uhr. Ausnahmen gibt es nur in den Ortsdurchfahrten, an Bushaltestellen, Fußgängerüberwegen, Überquerungshilfen sowie in den Gewerbegebieten. »Wir planen weitere Maßnahmen«, schließt Hildebrand, Genaueres bleibt abzuwarten.
Heuchelheim: Konkrete Vorschläge zum Energiesparen ab August
Das gilt auch für Heuchelheim. Bürgermeister Lars Burkhard Steinz zufolge wird es im August eine Arbeitssitzung zum Thema »Energieeinsparung in der Gemeindeverwaltung« geben. Dabei sollten konkrete Vorschläge entwickelt werden.
Energie sparen im Kreis Gießen: Optimierung der Heizanlagen in Reiskirchen
Bereits in der Vergangenheit habe Reiskirchen mehrere Hochbauten energetisch saniert, schickt Bürgermeister Dieter Kromm voraus. Durch Optimierung der Einstellungen von Heizanlagen versuche man, fossile Energien einzusparen.
Gibt es eine Klimatisierung im Rathaus? »Weder dort noch in anderen Einrichtungen der Gemeinde«, betont Kromm Nicht beheizt werde das Freibad Ettingshausen. Was die Umrüstung der Straßenlaternen auf LED angeht, stehe nur mehr der Kernort an. »Ersparnis: 50 bis 60 Prozent.«
Rabenau: Ausweitung der Abschaltung von Straßenbeleuchtung in Planung
»Unsere Gemeinde wäre bei einem Gasversorgungsnotstand nur marginal unmittelbar betroffen, da nur das JuZ Rüddingshausen über einen Gastank versorgt wird«, führt Bürgermeister Florian Langecker aus.
Die Straßenlaternen werden in der Lumdatalgemeinde bereits seit 2008 nachts abgeschaltet. Eine Ausweitung auf Kreuzungen und Teile von Hauptstraßen befinde sich in der Prüfung. Bei Straßensanierungen und Austausch setzt man auch hier auf LED.
Kreis Gießen: In Wettenberg gibt es bereits seit 30 Jahren Energiesparmaßnahmen
Da das Freibad nicht beheizt wird, falle weder Gas- noch Ölverbrauch an, erklärt Bürgermeister Marc Nees. Aus Sicherheitsgründen schalte man die Straßenbeleuchtung nachts nicht ganz ab, reduziere die Leistung auf 50 Prozent von 23 bis 5 Uhr. Zudem habe man von Natriumdampf- (79/90 KW) auf LED-Leuchten (17/19KW) umgestellt - eine Stromeinsparung von 70 Prozent.
Die Gemeinde, so Nees, führe seit gut 30 Jahren Energiesparmaßnahmen durch, habe im Vergleich 2010/2020 den Primärenergieverbrauch um 54,1, die Treibhausgasemissionen um 43,2 Prozent reduziert.
Sauna im Hallenbad Pohlheim geschlossen
Im Hallenbad Pohlheim wird die Sauna »aufgrund der Erdgas-Krise« zum 15. August geschlossen. Das Hallenbad allerdings bleibt geöffnet.
Staufenberg will Öffnungszeiten im Rathaus verkürzen
»Schon seit 2012 gibt es bei uns eine Nachtabschaltung in Nebenstraßen«, führt Bürgermeister Peter Gefeller aus. Geplant werde nun, die Laternen eine Stunde früher, um 24 Uhr, auszuschalten und das auch in Durchgangsstraßen (außer in Kreuzungsbereichen).
Mit Hinweis auf die bereits rund 100 online zu erledigenden Dienstleistungen skizzierte er Pläne, die Öffnungszeiten im Rathaus zu verkürzen. Heißt: Freitags, eventuell auch montags, schließen und nur im Homeoffice arbeiten. So würde man drei oder vier Tage am Stück weder Strom noch Wärme verbrauchen.
Ohnedies würden die Heizungen städtischer Gebäude nachts per Zeitschaltung runtergefahren. In den Sporthallen sollen die Temperaturen um ein bis zwei Grad gesenkt und die Duschen abgestellt werden. Einen Maßnahmenkatalog will Peter Gefeller zum Ferienende den Gremien zur Annahme vorschlagen.
Bewusster heizen und Strom sparen in Allendorf/Lumda
In Allendorfs Rathaus appelliere man an die Kollegen, die Bürotemperatur auf 18 Grad einzustellen, teilte Bürgermeister Thomas Benz mit. »In Kombination mit bewusstem Ein- und Ausschalten des Lichts, der Rechner und sonstiger Elektrogeräte ist der Energieverbrauch um bis zu 30 Prozent zu reduzieren.«
Im Weiteren verweist er aufs rege genutzte E-Bike-Sharing für Mitarbeiter, vorgesehene vier Ladesäulen im Bereich Rathaus/Festplatz sowie auf Pläne, den Strombedarf der Kläranlage teilweise aus einer PV-Anlage zu decken und die schon runtergeregelte Straßenbeleuchtung auf LED umzustellen (60 Prozent Ersparnis). Und: In der Altstadt soll im Rahmen des Masterplans »100°% Klimaschutz« eine energetische Quartierssanierung erfolgen.
Gas sparen im Kreis Gießen: „Komplexes Thema“ in Hungen
»Komplexes Thema«, betont Bürgermeister Rainer Wengorsch. Nur ein Beispiel seien die Energieverbräuche städtischer Gebäude: In Kitas sei eine deutlich verminderte Raumtemperatur nicht möglich. Je nach Heizungsart seien allenfalls die Vorlauftemperaturen geringfügig zu senken, eine Einsparung aber erst über mehrere Jahre spürbar.
Besser sehe es bei sporadisch genutzten Gebäuden wie Bürger- oder Gerätehäusern aus. Zum Erhalt des Raumklimas und zur Vermeidung von Schimmel habe die Temperaturreduzierung aber auch dort Grenzen. Sparpotenziale sieht Wengorsch im Gebäudebereich, doch seien Sanierungen nur mittel- und langfristig umzusetzen.
Das Freibad Hungen wird komplett über Solarthermie erwärmt, die Straßenbeleuchtung ist fast zu 100 Prozent auf LED umgerüstet. »Das Einsparpotenzial einer Nachtabschaltung«, so der Verwaltungschef, »muss noch geprüft werden.«
Freibad in Grünberg wird nicht mehr beheizt
Am 7. Juni haben Grünbergs Stadtverordnete den Magistrat beauftragt, umgehend Maßnahmen zur Einsparung vor allem von Gas umsetzen. Ein Erstes sei schon erledigt, unterstreicht Bürgermeister Marcel Schlosser: Das Freibad, hier gibt es neben der Solaranlage ein gasbetriebenes BHKW, ist nicht mehr beheizt.
Weiteres werde im Haus diskutiert, final werde der Magistrat darüber befinden. Auf den Prüfstand kommen demnach die Energieverbräuche der DGHs, Jugendräume, eventuell auch der Gerätehäuser, ferner erwogen wird der Austausch von »Stromfressern« (etwa Kühlschränken), das Abstellen der Springbrunnen und Einsparungen bei Weihnachts-/Straßenbeleuchtung.
Wassertemperatur im Familienbad Biebertal reduziert – Sauna außer Betrieb
Im Familienbad Biebertal sei bereits die Wassertemperatur um ein Grad reduziert, die Sauna außer Betrieb, zudem werde es keinen Warmbadetag mehr geben, teilt Bürgermeisterin Patricia Ortmann mit. Dank des 2021 im Zusammenwirken mit der PV-Anlage in Betrieb genommenen BHKW könne man hier punkten: Die Einsparung beziffert sie mit 12,5 Prozent.
Weiter: Die Raumtemperaturen sollen in der Großsporthalle (17 Grad) und allen öffentlichen Gebäuden (20 Grad) reduziert werden. Einsparungen seien auch bei Beleuchtungen der Fassade der Alten Schule, der Brunnen und der Burg Vetzberg, wenn auch schon auf LED umgestellt, vorgesehen. Diskutiert werde, die Straßenlampen um eine halbe Stunde morgens früher ab- und abends später anzuschalten, ohne Angsträume zu schaffen und die Verkehrssicherheit zu mindern. »Eine kreisweite Abstimmung wäre hier gut.«
Lich: Ausrüstung mit PV-Anlagen und smarte Heizregulierung geplant
Als Beispiel für geplante mittel- und langfristige Maßnahmen nennt Bürgermeister Dr. Julien Neubert die Ausrüstung aller städtischen Objekte mit PV-Anlagen bzw. deren Erweiterung. Schneller umsetzbar sei eine smarte Heizungsregulierung (»sind im Gespräch mit Handwerkern«). Eine Absenken der Temperatur im Hallenbad sei aktuell nicht vorgesehen, sagte Neubert. Der Trägerverein habe es in den letzten Jahren schon geschafft, den Energieverbrauch zu halbieren.
»Wir bleiben natürlich am Ball, um für den Winter gut vorbereitet zu sein«, versichert Neubert und verweist noch auf im Herbst geplante Info-Veranstaltungen zum Thema Energiesparen.
Laubach: Wassertemperatur im Hallenbad wird gesenkt
Größter Energieverbraucher der Stadt Laubach ist das Hallenbad. »Die Beckentemperatur wird nächste Saison von 29 auf 27 Grad gesenkt, eine Energieersparnis von bis zu sieben Prozent«, erklärt Bürgermeister Matthias Meyer. Zudem werde man die Einrichtung ab 2023 mit Eröffnung des Freibads sofort schließen (bisher wegen Schwimmkursen nicht immer der Fall). Auch solle der Saunabereich energetisch saniert werden.
Das Bad wird über ein gasbetriebenes BHKW in der Gesamtschule mit Wärme versorgt; hier sei die Umstellung auf erneuerbare Energien geplant. Dass das Freibad nur mit Solarenergie beheizt wird, fügte Meyer an. Das Rathaus und der alte Bahnhof hängen bereits am Fernwärmenetz - beheizt mit Restholz des Furnierwerks. Meyer: »Auf den jüngsten Aufruf, es der Stadt gleichzutun, haben sich bereits Haushalte gemeldet, die von Gas auf Fernwärme umsteigen wollen.« (Thomas Brückner)
Auch in Gießen setzt man auf Energiesparen. Derzeit ist die Versorgung gesichert, doch angesichts des Ukraine-Krieges ist die Lage ernst.
Die Kommunen Fernwald, Linden, Langgöns, Pohlheim und Lollar haben die Anfrage nicht (rechtzeitig) beantwortet.