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„Organisierte Schwerkriminalität“ in Buseck: Warum werden 20-Jährige zu Automatensprengern?

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Von: Barbara Czernek

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Auf dieses Geldautomatenhäuschen in Alten-Buseck hatten es die Täter abgesehen.
Auf dieses Geldautomatenhäuschen in Alten-Buseck hatten es die Täter abgesehen. © Barbara Czernek

Mehrere Männer versuchen, einen Geldautomaten in Alten-Buseck (Kreis Gießen) zu sprengen. Nun stehen sie vor Gericht.

Gießen/Buseck - Für Staatsanwalt Moriz Leo Musinowski war das eine klare Angelegenheit. Die Anwohner in der Straße Am Rinnerborn in Alten-Buseck hatten in jener Sommernacht vor einem halben Jahr überaus Glück. Es wäre wohl weit mehr als nur der Geldautomat in die Luft geflogen, wenn die drei jungen Männer nicht an der Umsetzung ihres Plans gehindert worden wären.

Mit 1,2 Kilogramm Sprengstoff waren sie am frühen Morgen des 23. Juni angerückt, um fette Beute zu machen. Doch sowohl die niederländische als auch die deutsche Polizei hatte die Bande schon länger im Blick und schlug kurz vor der Tat zu.

Zwei der Männer, zwei 20 Jahre alte Niederländer, wurden festgenommen. Der Dritte im Bunde konnte fliehen. Den anderen beiden aber wurde am Dienstag vor dem Jugendschöffengericht der Prozess gemacht. Sie wurden zu einer Jugendstrafe von insgesamt einem Jahr und sechs Monaten, ohne Bewährung verurteilt.

Bei einer solch großen Menge an Sprengstoff wäre wahrscheinlich auch einiges in der näheren Umgebung zerstört worden, sagte Staatsanwalt Musinowski. Daher lautete die Anklage auch auf schwereren Bandendiebstahl in Tateinheit mit dem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion.

Kreis Gießen: Mit 1,2 Kilogramm Sprengstoff wollten sie Geldautomaten knacken

Doch was bringt 20-Jährige zu so einer Tat? Sie hätten Schulden, erklärten sie vor Gericht. Und außerdem hätten sie sich auch aus etwas Abenteuerlust dazu hinreißen lassen.

Laut den Aussagen der Polizeibeamten trug sich das Ganze wie folgt zu: Die Tatverdächtigen organisierten sich das entsprechende Werkzeug und den benötigten Sprengstoff, trafen sich am Vorabend in Utrecht, um nach Alten-Buseck zu fahren, wo sie den Tatort besichtigten. Anschließend fuhren sie in eine Garage, die als Unterschlupf diente. Gegen 2.30 Uhr kehrten sie zum Automaten zurück. Dort wartete allerdings bereits die Polizei auf das Trio, um es festzunehmen.

Die beiden Angeklagten zeigten sich am Dienstag vor Gericht zwar geständig, jedoch gaben sie nur das zu, was offensichtlich war. Sie nannten weder Namen möglicher Hintermänner, noch weitere Hintergründe. Und zwar aus Angst, dass ihren Familien etwas passieren könnte, wie sie bekundeten.

Das Gericht stufte daher die Geständnisse als halbherzig ein und sah auch keine echte Reue bei beiden Straftätern. »Sie wussten genau, worauf sie sich einlassen. Für Bewährung ist hier kein Raum«, sagte die Vorsitzende Richterin Maddalena Fouladfar in der mündlichen Urteilsbegründung und bestätigte die besondere Schwere der Schuld, die der Staatsanwalt gefordert hatte.

Buseck (Kreis Gießen): „Das ist organisierte Schwerkriminalität“

Der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Bande konnte hingegen nicht hinreichend belegt werden, sodass die zwei jungen Männer letztlich nur für die Verabredung zu einem Verbrechen und der Beschaffung von Sprengstoff zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion verurteilt wurden.

Die Verteidiger hatten jeweils für eine Jugendstrafe mit Bewährung plädiert, da die beiden Angeklagten die Tat nicht vollendet hätten. Die Staatsanwalt hatte eine Haftstrafe von drei Jahren gefordert und darauf hingewiesen, dass ein solches Delikt nicht mit der klassischen Jugendkriminalität zu vergleichen sei: »Das ist organisierte Schwerkriminalität. Sie können froh sein, dass es nicht zur Sprengung gekommen ist«.

Die Untersuchungshaft von rund sechs Monaten wird auf die Haftstrafe angerechnet. Gegen das Urteil können binnen einer Woche Rechtsmittel eingelegt werden.

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