Fraktionen im Kreistag nehmen Stellung
Gießen (pm). Fast alle Fraktionen des Gießener Kreistages haben in einer gemeinsamen Pressemitteilung Stellung zu den sogenannten Spaziergängen genommen. »Das Demonstrationsrecht wahrzunehmen, ist Teil unseres demokratischen Diskurses. Seinem Ärger und der persönlichen Frustration über einzelne Corona-Schutzmaßnahmen Luft zu machen und über die Wirkung und Notwendigkeit von Maßnahmen zu diskutieren, ist ebenso Teil unserer lebendigen Demokratie«, heißt es darin.
Demokratische Spielregeln mit unangemeldeten »Corona-Spaziergängen« zu umgehen, die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Infektionsschutzanordnungen bewusst zu ignorieren, überschreite jedoch die Grenzen des rechtlich zulässigen Verhaltens, gefährde den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den notwendigen Gesundheitsschutz der Bevölkerung. »Mit Meinungsfreiheit und Selbstbestimmung hat das nichts mehr zu tun«, schreiben CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Fraktion Gießener Linke und Die Vraktion. Lediglich die AfD ist bei jener Stellungnahme nicht aufgeführt.
»Verurteilen Hass, Hetze und Gewalt«
Man habe Verständnis für diejenigen, die Fragen zur Schutzimpfung haben, sich immer noch unsicher sind, aber an die Regeln halten, erklärten die Unterzeichner. »Wofür wir kein Verständnis haben, ist, dass Demokratiefeinde die Unsicherheit von Menschen für ihre politischen Zwecke instrumentalisieren.« Sie fordern daher jeden auf, genau hinzuschauen, mit wem er bei einer nicht angemeldeten Demonstration »spazierengehe« und ob er die antidemokratischen Werte der Initiatoren wirklich teile. Diesen gehe es nicht um Frieden, Freiheit oder gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern um das Gegenteil. »Wir verurteilen daher die Aktivitäten von sogenannten Querdenkern und Rechtsextremisten, die seit Wochen und Monaten auch im Landkreis versuchen, durch gezielte Falschinformationen, Verschwörungstheorien und unter Missachtung der Regeln der Pandemie-Bekämpfung Verwirrung und Unsicherheit in die Bevölkerung zu tragen und die Arbeit der Polizei, der Ordnungs- und Gesundheitsbehörden zu behindern.«
Insbesondere verurteilen die Fraktionen alle Versuche aufs Schärfste, die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung in eine Reihe mit Methoden der faschistischen Willkür sowie der Diskriminierung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung gleichzusetzen. »Wir verurteilen auch die historisch unhaltbare Selbststilisierung und Gleichsetzung der Anti-Pandemiepolitik-Proteste mit dem Widerstand gegen den Faschismus und die Versuche, sich in die Tradition der friedlichen Revolution der Bürger der DDR im Jahr 1989 zu stellen.« Die Unterzeichner rufen daher alle Menschen im Landkreis zu friedlichem Miteinander, Dialog und Austausch auf: »Wir verurteilen Hass, Hetze und Gewalt«, schreiben sie. »Lassen Sie uns weiter zusammenhalten und solidarisch füreinander einstehen.«