Nicht nur mit Fäusten

Was können Mädchen tun, wenn ihre Grenzen überschritten werden? Das war Thema bei den Ferienspielen in Fernwald. Die Grundschülerinnen haben gelernt, wie sie sich behaupten können, etwa wenn sie auf dem Schul-hof angegangen werden. Körperliche Selbstverteidigung ist dabei nur ein Aspekt.
Die Rufe der Mädchen sind bis in das Treppenhaus des Albacher Bürgerhauses zu hören. »Halt, stopp«, insistieren sie. Dem anderen die eigenen Grenzen begreiflich machen, sich selbst behaupten, um sich im Zweifel auch selbst verteidigen zu können - das ist Wendo. Peet Thesing, die Kursleiterin, will in diesen drei Tagen genau das demonstrieren: Dass Mädchen nicht wehrlos sind.
Im Rahmen der Ferienspiele der Gemeinde Fernwald haben zwölf junge Teilnehmerinnen allerhand Wege aufgezeigt bekommen, wie sie sich gegenüber anderen - vornehmlich Jungs - wehren können. »Wendo - Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für Mädchen« heißt das Angebot.
Thesing erklärt das Konzept so: »Wendo ist ein feministisches Gewaltpräventionskonzept für den Alltag.« Es gehe darum, den Mädchen zu zeigen, welche unterschiedlichen Möglichkeiten sie haben, um in Situationen, in denen ihre Grenzen überschritten werden, wehrhaft zu bleiben. Selbststärkung sei dabei einer der zentralen Aspekte für die Mädchen.
Dafür sieht die Kursleiterin auch schon in der jungen Altersgruppe vo n sechs bis neun Jahren, für die dieser Kurs veranstaltet wurde, Bedarf. »Beispielsweise auf dem Schulhof«, sagt Thesing, »Mädchen in diesem Alter kennen es auch schon, dass ihnen gesagt wird, dass sie dümmer oder schwächer seien«, sagt die 33-Jährige.
Die Mädchen sollen lernen, sich im Alltag gegen solche und andere Anfeindungen wehren zu können. Wendo richtet sich dabei explizit an Mädchen und Frauen, wie Thesing erklärt: »Wendo ist vor dem Hintergrund der Sozialisationserfahrungen von Mädchen und Frauen entstanden.«
In erster Linie zielt Wendo dabei nicht auf die direkte körperliche Selbstverteidigung ab, wie es etwa Kampfsport tut. Selbstverteidigung wird vielmehr in einem weiten Sinne verstanden, worunter auch schon die Verteidigung gegen verbale Angriffe fällt. »Viele Situationen brauchen andere Techniken als das, was man nur mit den Fäusten machen kann«, erläutert Thesing. Trotzdem gehöre der Aspekt der körperlichen Selbstverteidigung auch zum Konzept von Wendo, sei aber nur ein Pfeiler unter anderen.
In den drei Tagen des Kurses sind den Mädchen verschiedene Techniken zur Selbststärkung und Körpersprache beigebracht worden. So haben sie etwa gelernt, wie sie ihre Stimme einsetzen und was sie konkret sagen und tun können, wenn sie angefeindet werden.
Den Sechs- bis Neunjährigen wurde auch gezeigt, wie sie sich Hilfe holen können, wenn sie welche benötigen. Das Bewusstsein der Mädchen dafür zu schärfen, dass sie in ihrem Alter nicht alles selbst lösen können, steht dabei ganz oben auf der Agenda. Es sei ganz wichtig, sagt Thesing, dass Erwachsene bei Grenzüberschreitungen eingreifen und helfen würden, um die Kinder zu unterstützen.
Für Thesing aber ist am bedeutendsten, dass die Mädchen die Erfahrung machen, dass Selbstbehauptung und Selbstverteidigung auch Spaß machen kann. »Die Gemeinschaft mit anderen Mädchen zu erfahren« sei gerade bei solchen Themen sehr wichtig.
»Die Jungs in der Schule ärgern einen immer wieder«, erzählt eine Grundschülerin am Ende des Kurses. »Jetzt weiß ich, wie ich mich wehren kann.« Ob sie so einen Kurs noch einmal machen würde? Die Antwort der Achtjährigen fällt eindeutig aus: »Auf jeden Fall.«