Fakten gefordert

Der Landkreis Gießen ist händeringend auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für geflüchtete Menschen. In Pohlheim hatte man bereits einen Standort gefunden, um eine neue Unterkunft zu errichten. Doch nun stellte sich heraus, dass das angedachte Grundstück nicht infrage kommt. Die Stadtverordnetenversammlung forderte daraufhin Klarheit und suchte nach Alternativen
Noch vor der parlamentarischen Sommerpause schien es sicher, dass das Grundstück am Hallenbad in Watzenborn-Steinberg für den Bau einer neuen Flüchtlingsunterkunft geeignet und beschlussfähig ist. Nun kam es anders. Bereits bei der jüngsten Sitzung des Bauausschusses wurde festgestellt, dass der von Bürgermeister Andreas Ruck vorgeschlagene Bauplatz nicht über ein sofort durchführbares Baurecht verfüge. Dieser Sachverhalt und Alternativvorschläge wurden am Donnerstagabend auf der Stadtverordnetenversammlung diskutiert.
Als Alternative für das Grundstück am Schwimmbad schlug Simon Hafemann, stellvertretend für die Fraktion der Grünen, die Flächen im Bereich unterhalb der Turnhalle der Adolf-Reichwein-Schule an der Straße Neuen Mitte und am Ärztezentrum vor. Dabei soll »ein kompaktes und mehrgeschossiges Gebäude entstehen«, sagte Hafemann.
Die CDU-Fraktion hingegen sieht die Flächen im geplanten Neubaugebiet Hausen-Ost unterhalb der Straße Zur Lutherlinde, wie ebenfalls einen Standort an der Kirchstraße, als mögliche Bauplätze. Allen voran vonseiten der CDU-Fraktion erntete der Magistrat der Stadt Pohlheim Kritik für den bisherigen Verlauf der Planung für die neue Flüchtlingsunterkunft. »Dieser ganze Vorgang irritiert nur noch«, sagt Dr. Melanie Neeb, »es ist die Aufgabe der Verwaltung, Grundstücke auf Baurecht und etwaige Hindernisse zu prüfen.« Die CDU-Politikerin forderte, dass der Magistrat gemeinsam mit der Kreisverwaltung eine Liste von möglichen Flächen aufstellt, über die »die Stadtverordneten bedenkenlos abstimmen können«.
Prof. Dr. Helge Stadelmann (CDU) betonte, dass es sich hierbei um eine »dringliche und wichtige Angelegenheit« handle. Der CDU-Mann unterstütze den Vorschlag der Grünen-Fraktion und sprach sich für die Fläche an der Turnhalle aus: »Auch über die Folgenutzung muss diskutiert werden. Ich denke, dass es am sinnvollsten ist, die Gebäude als sozialen Wohnraum einzuplanen.«
Insgesamt erntet der Vorschlag der Grünen breite Zustimmung. Auch der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Andreas Schuch, sah ihn als echte Alternative - fügte aber hinzu, dass »die Bewohner von Watzenborn Bedenken gegenüber der Unterkunft haben und eine dezentrale Lösung bevorzugen«.
Einzig ein Bodengutachten müsse erstellt werden, um zu klären, ob eine Bebauung möglich sei, da unter dem Grundstück Rohrleitungen entlanglaufen. Genau hier sah Uwe Happel (SPD) das Problem für den Vorschlag der Grünen und argumentierte, dass »sowohl das Areal am Schwimmbad als auch hinter der Turnhalle nicht sofort bebaubar« seien. Außerdem könne er sich vorstellen, dass »durch Ausnahmeregelungen und Beschlüsse auch ein schnelles Bauen ohne Baurecht möglich ist«.
FDP-Fraktionsvorsitzender Fabian Schäfer entgegnete den Aussagen Happels: »Das Grundstück am Schwimmbad ist aufgrund des undurchsichtigen Baurechts ad acta gelegt.« Er forderte, dass in das Verfahren Tempo kommen müsse.
Samuel Gergin (CDU) bedauerte die verschwendete Zeit: »Ich fordere, dass endlich Fakten zu jedem Standort geschaffen werden, damit wir endlich ordentlich und auf evidenter Basis abstimmen können.« Auch solle geklärt werden, ob es möglich sei, die Fläche hinter der Turnhalle der Adolf-Reichwein-Schule teilweise zu bebauen und Arbeiten an den Rohrleitungen zu verhindern.
Die unübersichtliche Lage hat zur Folge, dass sich an diesem Abend die Stadtverordnetenversammlung nicht auf ein Ergebnis einigen konnte. Stadtverordnetenvorsteherin Hiltrud Hofmann kündigte eine Sondersitzung am 6. Oktober an. Bis dahin sollen alle offenen Fragen als Beschlussbasis geklärt werden.