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Fäkalien und Regen wohl Ursache

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Von: Stefan Schaal

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Der starke Regenfall der vergangenen Tage dürfte dazu geführt haben, dass Fäkalbakterien, sogenannte Enterokokken, nahe des Brunnens »Seegrund II« (im Hintergrund) durch den durchnässten Boden gesickert sind und das Wasser kontaminiert haben. © Stefan Schaal

Die gut 1000 Einwohner in Cleeberg müssen derzeit ihr Leitungswasser abkochen, nachdem darin Fäkalbakterien nachgewiesen worden sind. Ein Brunnen am östlichen Ortsrand wurde als Quelle ausgemacht. Einiges deutet darauf hin, dass starker Niederschlag und Tierkot zur Verunreinigung des Wassers geführt haben.

Bis zur Entwarnung werden noch einige Tage vergehen. Die Menschen in Cleeberg müssen ihr Leitungswasser weiterhin abkochen. Unterdessen ist die Quelle, wo es zur Verunreinigung des Wasser gekommen ist, gefunden: ein Brunnen am östlichen Ortsrand Cleebergs.

Das Gras am Seeweg ist nass. Leise plätschert hier der Kleebach. Am Rand einer Eselswiese beherbergt ein kleines weißes Häuschen einen von drei für die Trinkwasserleitung genutzten Brunnen in Cleeberg, er trägt den Namen »Seegrund II«. Und noch etwas fällt hier auf: Mehr als hundert Haufen Fäkalien von Weidetieren liegen auf der Eselsweise verteilt.

Noch ist es eher eine vorsichtige Vermutung. Doch auch der Langgönser Bürgermeister Marius Reusch spricht sie an: Der starke Regenfall der vergangenen Tage dürfte dazu geführt haben, dass Fäkalbakterien nahe des Brunnens »Seegrund II« durch den durchnässten Boden gesickert sind und das Wasser kontaminiert haben. Aufgrund der Beschaffenheit der Bodenschichten sei das Gebiet am Kleebach dafür prädestiniert, räumt Mike Schmidt, der technische Leiter der Gemeindewerke in Langgöns, ein. »Die Ursachen beschäftigen uns«, sagt der Bürgermeister.

Es war 18.22 Uhr am Freitagabend vergangener Woche, als Ergebnisse einer Routineuntersuchung des Leitungswassers die Gemeindewerke erreichten und aus den Zahlen ein kritischer Anteil an Enterokokken in Cleeberg hervorging. Die Gemeindewerke reagierten sofort und folgten einem vorgegebenen Alarmplan. Sie informierten das Gesundheitsamt des Landkreises über eine Notfallnummer und kontaktierten den Bürgermeister. »Bleiben Sie ruhig«, habe Norbert Ensle vom Gesundheitsamt ihm gesagt, erzählt Schmidt. Derartige Kontaminationen würden immer wieder auch in anderen Kommunen festgestellt.

Die Langgönser Gemeindewerke nahmen den Brunnen »Seegrund II« vom Netz. Zwei weitere, von der Verunreinigung nicht betroffene Brunnen in Cleeberg - »Seegrund I« in der Nähe sowie »Bommbach III« im Norden des Dorfs - wurden weiter genutzt.

Die Gemeindewerke begannen am Samstag, die Leitung zu desinfizieren und mit gechlortem Trinkwasser durchzuspülen. Gleichzeitig zog am Wochenende die Feuerwehr durch Cleeberg und wies über Lautsprecher auf die Kontaminiation des Leitungswassers hin. Bis gestrigen Mittwoch wurden nun erneut Proben entnommen, die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung stehen noch aus.

Ist das Wasser nicht mehr kontaminiert, ist Anfang kommender Woche mit einer Entwarnung zu rechnen. »Es wird wohl Montag oder Dienstag«, sagt Reusch. Schmidt betont: Erst wenn die Feuerwehr per Lautsprecherdurchsagen im Ort und die Stadt auf ihrer Homepage Entwarnung geben, könne das Trinkwasser in Cleeberg wieder bedenkenlos genutzt werden. »Die Entscheidung, das Abkochverbot aufzuheben, trifft vorher einzig und allein das Gesundheitsamt.«

Die am 16. Februar durchgeführte Routineuntersuchung des Trinkwassers in der gesamten Gemeinde Langgöns, bei der die Kontamination in Cleeberg aufgefallen war, sollte eigentlich nur dazu dienen, Entwarnung nach einer leichten bakteriellen Verunreinigung des Trinkwassers in Niederkleen und Dornholzhausen geben zu können. Tatsächlich waren dort die Werte wieder in Ordnung - während das Wasser in Cleeberg mit Enterokokken verunreinigt war.

»Wir waren leicht verwundert«, erzählt Reusch. Beide Fälle hängen indes nicht miteinander zusammen, es handelt sich um völlig unterschiedliche Bakterien.

Zahlreiche besorgte Langgönser haben in den vergangenen Tagen im Rathaus angerufen. Wenn die Verunreinigung bei einer Routineuntersuchung festgestellt worden sei, könnte dann das Wasser, das durch die Leitungen in Cleeberg fließt, bereits seit Monaten kontaminiert sein?, wollte so mancher wissen. »Nein«, betont Schmidt. Am 7. Februar habe man das Wasser in der gesamten Gemeinde bereits untersucht und dabei die leichte Verunreinigung in Niederkleen und Dornholzhausen erfasst. »Das Wasser in Cleeberg war zu dem Zeitpunkt völlig in Ordnung.« Es sei aktuell tatsächlich nur Cleeberg betroffen, ergänzt Schmidt.

Transparent haben der Bürgermeister und die Leiter der Gemeindewerke über die Verunreinigung informiert. Und doch bleiben Fragen.

Die genaue Ursache wolle man klären, versichert Reusch. Und um zukünftig derartige Vorfälle zu vermeiden, sollen Fachleute die gesamte Wasserversorgung in Langgöns, das heißt die Förderanlagen, die Aufbereitung, die Speicherung und das Netz unter die Lupe nehmen. Ziel sei ein Gesamtkonzept zur nachhaltigen Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in der Gemeinde. Auch Klimaänderungen, die Bevölkerungsentwicklung und die zu erwartende Ansiedlung von Unternehmen soll dabei berücksichtigt werden. Er denke auch darüber nach, zukünftig auf mehr Brunnen zurückzugreifen, ältere Anlagen zu reaktivieren und nicht mehr von nur einigen wenigen großen Brunnen abhängig zu sein. Vielleicht seien auch Anschlüsse an andere Netze denkbar. »Das ist ein Paradigmenwechsel.«

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