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»Fachpublikum hin und weg«

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Von: Christina Jung

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Im Gespräch mit dem interessierten Messe-Publikum: Die Licher Schüler mit Lehrer Bernhard Krenig (3. v. r.) an ihrem Stand auf der Ideen-Expo in Hannover. © pv

Dass sie die erste europäische Schule sein wollen, die einen eigenen Satelliten ins All schickt, hat viele Besucher der Ideen-Expo in Hannover beeindruckt. Was die Delegation der Licher Dietrich-Bonhoeffer-Schule dort erlebt hat, erzählt Lehrer Bernhard Krenig.

Nachhaltig beeinflusst von zahlreichen Begegnungen und Erlebnissen, aber total erschöpft sind eine Handvoll Licher Schüler mit ihrem Lehrer Bernhard Krenig in der Nacht zum Montag aus Hannover zurückgekehrt. Auf der dortigen Ideen-Expo, Europas größtem Jugend-Event für Technik und Naturwissenschaften, hatte eine achtköpfige Delegation der Dietrich-Bonhoeffer-Schule (DBS) zwei aktuelle AG-Projekte vorgestellt - den Thermocycler und den Mini-Satelliten. Letzterer hatte jede Menge Aufmerksamkeit auf den 35 Quadratmeter großen Stand der Mittelhessen gezogen. Denn die Licher wollen im Winter die erste europäische Schule sein, die einen solchen ins All schickt (die GAZ berichtete).

Als einzige hessische Schule war die DBS wegen des Weltraum-Projektes zu der Messe eingeladen worden. Im Gepäck hatten die Schüler zwei exakte Nachbauten jenes würfelförmigen Kleinsatelliten, der zwischen Dezember und Mai von der Nordküste Kaliforniens aus seinen Weg in den Weltraum antreten soll - wenn alles klappt. Am Messestand konnten die Nachbauten von Besuchern auseinander und wieder zusammengebaut werden, erzählt Krenig. Schließlich handelt es sich bei der Ideen-Expo um eine Mitmachmesse. Nach dem zehntägigen Aufenthalt in Niedersachsen zieht der Lehrer ein positives Fazit.

»Die Schüler haben unglaublich viel mitgenommen«, sagt er. Vor allem jede Menge Aufmerksamkeit, außerdem die Anerkennung von Experten wie Meteorologin und Astronautenkandidatin Insa Thiele-Eich, Vertretern der in der Luft- und Raumfahrt tätigen Technologiegruppe OHB oder der Rocket Factory, einem deutschen New Space Startup. »Das Fachpublikum war hin und weg«, erzählt Krenig. Darüber hinaus haben die jungen Licher Kontakte zu verschiedenen Fachfirmen geknüpft. Die seien mit Blick auf ein weiteres Arbeiten in diesem Bereich entscheidend, so Krenig.

Doch damit nicht genug. Die Bonhoeffer-Schüler haben eine Stiftung gefunden, die möglicherweise den noch fehlenden Betrag für die Finanzierung ihres Satelliten-Vorhabens übernimmt, einen Unternehmer, der ihnen kostenlos eine Internetseite erstellt und sie wurden aufgefordert, sich mit ihrem Projekt bei Science on Stage zu bewerben - eine gemeinnützige Bildungsinitiative, die Lehrer mit hervorragenden Ideen mit dem Ziel zusammenbringt, den Unterricht in den MINT-Fächern zu verbessern und letztlich die Schüler für eine Karriere in den Naturwissenschaften, im IT-Bereich oder im Ingenieurswesen zu begeistern.

Und wie geht es für die Satelliten-Bastler nun weiter? Erst einmal mit sechs Wochen Ferien, sagt Krenig, dem neben der Begeisterung über das Erlebte die Erschöpfung auch am Dienstag noch anzumerken ist. Aber anschließend steht einiges an Arbeit auf dem Programm. Das Material für die Internetseite muss zusammengestellt, die Bewerbung für Science on Stage fertiggemacht, die Stiftung wegen der Spende kontaktiert werden. Und natürlich ist da noch der Original-Satellit zusammenzubauen und das Proteinexperiment, das dieser ins All transportieren soll, vorzubereiten. Schließlich startet der zehn Mal zehn Zentimeter große Würfel nicht ohne Gepäck Richtung Weltraum.

Im Inneren des weniger als ein Kilogramm schweren Satelliten werden die Schüler aber nicht nur ihr »Experiment« platzieren - ein Reaktorraum mit Proteinen und Sensoren -, sondern auch winzige Platinen, Akkus und Mikroprozessoren. Alles im Miniaturformat, was millimetergenaues Arbeiten erfordert. Unterstützung bei der Montage erhalten die Schüler nicht nur von der Firma, die das Experiment für die Licher ins All schickt. Bernhard Krenig konnte auch Winfried Senger aus Biebertal als helfende Hand gewinnen. Der erfahrene Amateurfunker und Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik im Ruhestand wird seine Expertise einbringen und den Jungs zur Seite stehen. Das hat er auch auf der Ideen-Expo getan.

Apropos Ideen-Expo: Dort hatten die DBSler nicht nur das Projekt der Weltraum AG, sondern auch eines der Biotech-AG vorgestellt - den Thermocycler. Ein Gerät, mit dem man Desoxyribonukleinsäure, kurz DNA, kopieren kann, um das Erbgut von Pflanzen oder Tieren zu bestimmen. Die Licher hatten defekte Geräte angeschafft, wieder flott gemacht und an andere Schulen verkauft. Mit zwei verbliebenen Apparaten bestimmten sie die Insekten-Population in der Region und erhielten dafür die Auszeichnung Umweltschule.

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