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CDU-Kommunalpolitiker tritt »unabhängig« an: Fabian Wedemann will Bürgermeister in Linden werden

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Von: Stefan Schaal

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Fabian Wedemann vor Wiesengrundschule in Linden
Fabian Wedemann © srs

Mit einem Slogan Konrad Adenauers wirbt Fabian Wedemann für seine Kandidatur bei der Bürgermeisterwahl in Linden. Als Argumente führt der 32 Jahre alte CDU-Kommunalpolitiker seine zwölf Jahre lange Erfahrung im Parlament, seine Position als Stadtverordnetenvorsteher und seine berufliche Tätigkeit als Leiter des Firmenkundencenters bei der Sparkasse Gießen an. Wie aber erklärt er, dass er „unabhängig“ antritt?

Endspurt. Neun Tage sind es noch bis zur Bürgermeisterwahl in Linden. Der Urnengang am 12. März verspricht ein offenes, spannendes Rennen. Zumindest mit Blick auf die kommunalpolitische Erfahrung der vier Kandidaten und auf die Verwurzelung in den Vereinen in der Stadt kristallisiert sich dennoch ein Favorit heraus: Es ist ausgerechnet der jüngste der vier Bewerber, der 32 Jahre alte Fabian Wedemann.

Einen Hinweis auf die Favoritenrolle gibt die Kommunalwahl vor zwei Jahren. Wedemann trat zwar als Spitzenkandidat der CDU an. Dass er parteiübergreifend von allen angetretenen Kommunalpolitikern in Linden nach Kumulieren und Panaschieren mit deutlichem Abstand die meisten Stimmen der Wahlberechtigten erhielt, war dennoch nicht unbedingt zu erwarten. 33 der 37 Stadtverordneten wählten ihn zum Vorsteher des Parlaments.

Bürgermeister-Wahl in Linden: Die Kandidaten im Porträt

Rund 10.000 Wahlberechtigte entscheiden am 12. März, wer künftig als Bürgermeister oder Bürgermeisterin die Lindener Stadtverwaltung leitet: Dr. Sandra Herrmann, Lale SahinDennis Dern oder Fabian Wedemann. Die Gießener Allgemeine Zeitung stellt die vier Bewerber vor.

»Ja, ich bin jung«, sagt Wedemann. Aber er verfüge über zehn Jahre mehr kommunalpolitische Erfahrung als alle anderen drei Bewerber im Bürgermeisterwahlkampf zusammen. Seit 2011 sitzt er für die CDU im Parlament.

Favoriten können wohlgemerkt auch scheitern. Wedemann strotzt unterdessen vor Selbstbewusstsein, als er an einem sonnigen Montagmorgen an der großen Rasenfläche vor der Wiesengrundschule steht und von seinem Wahlkampf erzählt. Deutlich wird dies vor allem, als er einen Slogan des einstigen Bundeskanzlers Konrad Adenauer zitiert: »Keine Experimente«.

Bürgermeister-Kandidat Fabian Wedemann in Linden: »Keine Experimente«

Wollen die Lindener jemanden als Bürgermeister, der in der kommunalpolitischen Materie »nicht so viel weiß«, der als Führungskraft nicht qualifiziert sei »und den man mal machen lässt?«, fragt Wedemann. Dann dauere es »ein bis zwei Jahre, bis der neue Rathauschef die Stadtverwaltung »richtig führen kann«. Das heiße nicht, dass er dazu selbst bereits nach drei Wochen in der Lage wäre. »Aber deutlich schneller als ein, zwei Jahre.«

Die Personalsituation im Rathaus sei katastrophal. Diese möglichst schnell in den Griff zu bekommen, sei »das wichtigste, was die Stadt Linden und die Mitarbeiter der Verwaltung brauchen«. Ansonsten müsse man das Rathaus irgendwann abschließen, wenn vor dem Hintergrund zahlreicher Kündigungen die Pflichtaufgaben nicht erfüllt werden können. Wedemann bekräftigt: »Ich kann nur an die Vernunft der Wähler appellieren, keine Experimente einzugehen.«

Kinder kommen auf die Welt und haben nach 14 Tagen eine Steuer-ID. Aber bis zum Kita-Platz dauert es Monate oder Jahre. Da läuft etwas falsch.

Fabian Wedemann

Eine spannende Frage im Rahmen der Bürgermeisterwahl bleibt derweil, wie die Lindener die Rolle der CDU im Abwahlverfahren gegen den eigenen Parteifreund und früheren Bürgermeister Jörg König bewerten - und die Tatsache, dass die Christdemokraten 2018 die Wiederwahl eines Rathauschefs unterstützt haben, dem sie vier Jahre später jegliche Kompetenz für das Amt abgesprochen haben. Wedemann gehört seit 2012 der CDU an, war vorher viele Jahre in der Jungen Union aktiv. Nun allerdings tritt er als »unabhängiger Kandidat« an. Werden die Lindener Wähler ihm dies abnehmen?

Als Bürgermeister wolle er »für alle Lindener da sein«, sagt Wedemann. Er erhoffe sich durch die »unabhängige« Kandidatur eine breitere Unterstützung der Lindener, sollte er Bürgermeister werden. »Das Amt des Rathauschefs erfordert Neutralität.« Als Stadtverordnetenvorsteher agiere er ohnehin überparteilich.

Bürgermeister-Kandidat Fabian Wedemann in Linden: Bankbetriebswirt bei der Sparkasse Gießen

Die Parteizugehörigkeit spiele bei der Bürgermeisterwahl keine zentrale Rolle, ergänzt Wedemann. Kürzlich habe er im Wahlkampf mit einem älteren Lindener gesprochen. »Der hat mir nur drei Fragen gestellt, als ich ihm meinen Namen genannt habe: Ob mein Vater einen Reparaturservice im Gewerbegebiet hatte, ob meine Oma früher beim Kronenwirt gearbeitet hat und ob meine Mutter im Seniorenzentrum tätig ist.« Er habe alle Fragen mit Ja beantwortet. »Dann weiß ich, wer sie sind«, habe der Mann erwidert. Wedemann erklärt: Solche Fragen seien letztendlich entscheidend. »Es ist eine Personenwahl.«

Wedemann kommt auf die Situation in der Stadtverwaltung zu sprechen. Wichtig sei als Bürgermeister, als Vorbild voranzugehen, präsent zu sein und den Mitarbeitern Vertrauen und Wertschätzung zu schenken. Die Kommunikation müsse flexibel und über kurze Wege laufen, habe er durch seine Berufstätigkeit bei der Sparkasse Gießen gelernt.

Der Bankbetriebswirt leitet dort das Firmenkundencenter, er ist stellvertretender Vertriebsdirektor im Bereich der Firmenkunden. »Öffentlicher Dienst ist die Sparkasse am Ende auch«, sagt Wedemann. »Daher kenne ich die Verwaltung.« Er habe dort, seitdem er die Position bekleidet, sein Team in den vergangenen vier Jahren zusammengehalten nach zuvor hoher Fluktuation. »Nur ein Mitarbeiter ist gegangen. Er hat seinen Ruhestand angetreten.«

Ein älterer Mann im Wahlkampf hat mir, als ich ihm meinen Namen genannt habe, drei Fragen gestellt: Ob mein Vater einen Reparaturservice hatte, meine Oma beim Kronenwirt gearbeitet hat und meine Mutter im Seniorenzentrum tätig ist. Dann weiß ich, wer Sie sind, hat er gesagt. 

Fabian Wedemann

Vor fünf Jahren habe er sich erstmals mit dem Gedanken beschäftigt, Bürgermeister in Linden werden zu wollen. Erst heute habe er dafür allerdings die erforderliche berufliche Erfahrung, sagt Wedemann.

Neben der Personallage in der Verwaltung liegt Wedemann die Verkehrssituation am Herzen. Der Kandidat setzt sich für eine Umgehungsstraße zwischen Wiesengrundschule und Viadukt ein, um den Verkehr in den Ortskernen Großen-Lindens und Leihgesterns zu entlasten. Auch das tägliche Verkehrschaos vor der Wiesengrundschule will er angehen. Ein Einbahnstraßensystem und ein Kreisverkehr vor der Schule schweben ihm als Optionen vor.

Bürgermeister-Kandidat Fabian Wedemann in Linden: In vielen Vereinen aktiv

Im Kindergartenbereich will er die Platzvergabe verbessern. »Kinder kommen auf die Welt und haben nach 14 Tagen eine Steuer-ID«, sagt Wedemann. Aber bis zum Kita-Platz dauere es Monate oder Jahre. »Da läuft etwas falsch.« Hier könne man als Kommune etwas tun.

Außerdem will Wedemann die Kommunikation mit den Unternehmen in Linden verbessern. Derartige Kontakte zu pflegen, kenne er aus seiner Berufstätigkeit. Mindestens alle sechs Monate wolle er die Unternehmen der Stadt ansprechen. Wedemann erklärt: »Die Kindergärten, die Straßensituation und das Klima sind die wichtigsten Punkte.« Doch um dafür finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben, sei eben die Unternehmenssteuer ausschlaggebend.

Ich habe in meinem Leben zwei Praktika absolviert. 14 Tage bei der Sparkasse. Und 14 Tage im Lindener Rathaus.

Fabian Wedemann

Wedemann schlägt zudem eine Plattform in Form einer App vor, in der sich Lindener Unternehmen vorstellen können und in der darüber hinaus Vereine für ihre Veranstaltungen werben können und Privatanzeigen möglich seien.

Wedemann ist in Linden aufgewachsen, die Mutter ist aus Großen-Linden, der Vater ist Leihgesterner. Er ist in mehreren Vereinen der Stadt aktiv, in der Burschenschaft »Einigkeit«, im Karnevalverein »Harmonien« sowie im Vorstand des TSV Großen-Linden. Er ist außerdem Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr Großen-Linden und im Eintracht-Fanclub EFC Ebbelwoi Adler Großen-Linden.

Bürgermeister-Kandidat Fabian Wedemann in Linden: Von Agentur unterstützt

Seinen Wahlkampf hat er breit gefächert. Er lädt zu Gesprächen in Gaststätten ein, klingelt an Haustüren, verteilt Flyer, veröffentlicht rund 30 Videos von Unterstützern, die zur Wahl Wedemanns aufrufen, und organisiert Online-Konferenzen, in denen er Fragen beantwortet. Eine Agentur unterstützt ihn dabei. In den Videos sei nur die Hälfte CDU-Mitglieder, erklärt Wedemann. Auch dies mache deutlich, dass er als »unabhängiger« Kandidat antrete.

Zwei Praktika habe in seinem Leben absolviert, sagt Wedemann. »14 Tage bei der Sparkasse. Und 14 Tage im Lindener Rathaus, als Zehntklässler. »Das allein qualifiziert mich sicher nicht für das Bürgermeisteramt«, sagt Wedemann lachend. »Aber es zeigt, dass mein Interesse schon früh da war.«

Acht Fragen an Fabian Wedemann

Was bringt Sie auf die Palme?

Unzuverlässigkeit. Es kann in der Gesellschaft nur funktionieren, wenn jeder Verantwortung übernimmt.

Bei welcher Art von Musik drehen Sie voll auf?

Wenn ich Auto fahre, höre ich gerne Radio, meistens FFH.

Mit wem würden Sie gern für einen Tag tauschen?

Mit dem Trainer von Eintracht Frankfurt, Oliver Glasner.

Haben Sie ein politisches Vorbild?

Es gibt viele Politiker, die ich gut finde, die ich gerne reden höre. Aber Vorbilder sind es nicht. Auf der bundespolitischen Ebenen spielt mir zu oft Parteigeplänkel eine Rolle.

Was ist in Linden besonders verbesserungswürdig?

Die Familienfreundlichkeit, die Verkehrssituation, nicht nur in den Ortskernen – und die Erreichbarkeit im Rathaus.

Was hilft Ihnen, um nach einem anstrengenden Tag abends abzuschalten?

Meine Freunde, meine Familie - und meine Frau.

Auf welches Hobby würden Sie auch im Fall des Wahlsiegs nicht verzichten wollen?

Auf Stadionbesuche bei der Frankfurter Eintracht.

Was hat Sie im Wahlkampf bislang am meisten überrascht?

Die Art und Weise, wie manche Parteien ihren Wahlkampf führen. Gerechtigkeit ist wohl eine Frage der Definition.

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