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Erstes Preisschild für RHI-Gleis

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Von: Jonas Wissner

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Noch ist nicht abschließend geklärt, wie die Reaktivierung des Gleisabschnitts von Lollar bis zur Mainzlarer »Schamott« für den Güterverkehr finanziert werden soll. ARCHIV © Red

Wird der Bahnabschnitt von Lollar zum Mainzlarer RHI-Werk reaktiviert? Bei einem Termin vor Ort mit Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich wurde diese Frage am Dienstag zwar nicht definitiv beantwortet. Allerdings steht nun eine geschätzte Summe im Raum. RHI sieht die Politik am Zug.

Mindestens sieben Millionen Euro will RHI Magnesita in die Mainzlarer »Schamott« investieren, um sie auf Dauer zu erhalten und die Fertigung ab 2024 um Dolomitprodukte zu erweitern. Nachdem die Zeichen schon auf Schließung Ende 2022 gestanden hatten, werden nun neue Mitarbeiter gesucht. Doch für die Sicherung des traditionsreichen Standorts stellt der Konzern mit Stammsitz in Wien eine Bedingung: die Wiederinbetriebnahme des etwa 4,4 Kilometer langen Gleisabschnitts nach Lollar für den Güterverkehr, der vor wenigen Jahren stillgelegt worden war - möglichst ab Anfang 2024.

Bei einem Ortstermin haben sich am Dienstagnachmittag Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich, der CDU-Landtagsabgeordnete Dirk Bamberger sowie etliche Vertreter der Staufenberger CDU ein Bild gemacht und vor allem über die mögliche Gleisreaktivierung informiert. Der Termin sei auf Initiative von CDU-Bürgermeisterkandidat und Stadtrat Thomas Heidlas zustande gekommen, hieß es auf Nachfrage. Außer ihm waren unter anderem der Staufenberger CDU-Fraktionsionschef Berndt Dugall und CDU-Stadtverbandsvorsitzender Christian Knoll dabei.

Geprägt war das Treffen vom intensiven Werben der RHI-Vertreter um Unterstützung für die Rückkehr auf die Schiene, wie in einer Präsentation mit anschließendem Gespräch deutlich wurde. »Wenn wir jährlich über 70 000 Tonnen produzieren wollen, brauchen wir den Gleisanschluss«, sagte RHI-Vorstand Tim Steenvoorden. Dies sei der Plan für 2024, ab 2025 soll es dann eine weitere Steigerung auf bis zu 150 000 Tonnen geben. Das Dolomit für die Feuerfest-Produktion wolle man direkt über die Schiene aus einem österreichischen Werk beziehen. Täglich lieferten schon jetzt etwa zehn bis zwölf Lkw Rohstoffe in Mainzlar an.

Gerade mit Blick auf Klimaneutralität brauche es die Rückkehr auf die Schiene, so Produktionsleiter Michael Schneider. Ihm zufolge würden die Güterzüge auf dem Abschnitt mit etwa 25 bis 30 km h fahren, »die Lärmbelästigung dürfte nicht so groß sein«. Er stellte »Stärken« des Werks und der Belegschaft heraus, sprach von »Wir-Gefühl«, »Wertschätzung« und »sozialer Verantwortung«.

Die aktuellen Gespräche mit der Hessischen Landesbahn (HLB) als möglichem künftigen Streckenpächter für den Gleisabschnitt liefen aus seiner Sicht vielversprechend, sagte Steenvoorden, »aber wir dürfen keine Zeit verlieren«. Eine feste Zusage für die Finanzierung seitens des Landes gebe es noch nicht. Steenvoorden weiter: »Ohne Gleisverbindung keine Standortsicherung, das sage ich ganz ehrlich.« Und deren Finanzierung für den Bereich jenseits des Werksgeländes ist aus Sicht von RHI vor allem Aufgabe der öffentlichen Hand. Steenvoorden verwies auf »Motivationsprämien« und die Standortsicherung für fünf Jahre - »es kann keiner behaupten, dass es uns nicht ernst wäre«. Nicht zuletzt unterstrich er, dass RHI vor Ort in beträchlichem Umfang Gewerbesteuer zahle, »da rede ich nicht über 25 Euro«.

Bei der Suche nach weiteren Mitarbeitern sieht sich das Unternehmen derweil auf einem guten Weg: Derzeit seien 81 Menschen in der »Schamott« beschäftigt, hieß es am Dienstag. Man sei optimistisch, bis Jahresende insgesamt mindestens fünfzehn neue Festverträge zu schließen.

Das Regierungspräsidium (RP) sei für »eisenbahnrechtliche Genehmigungsverfahren« zuständig, in diesem Fall gehe es um eine »Unternehmensgenehmigung«, informierte Regierungspräsident Ullrich und skizzierte, wie es nun weitergehen könnte: Bevor eine Genehmigung für die Wiederinbetriebnahme des Gleises erteilt werden könne, brauche es nun »jemanden, der den Antrag stellt - das könnte die Hessische Landesbahn sein«. Diese müsste dann, so Ullrich, einen Vertrag mit der DB schließen. »Da sagen unsere Leute: Wenn das alles funktioniert, wäre das in dem Zeitrahmen machbar.«

Das »große Thema« sei aus seiner Sicht nicht das Genehmigungsverfahren, sondern »die Frage der Kosten«, sagte Ullrich, der die Strecke zuvor abgefahren war. Das Verladegleis im Bereich des Werks sei noch der Abschnitt im besten Zustand. Ullrichs Einschätzung: »Wenn man an der Bahn etwas macht, geht das sofort richtig ins Geld.«

Er freue sich, dass das Unternehmen den Standort nun doch erhalten wolle, betonte der Regierungspräsident, »deshalb haben Sie meine Unterstützung an dieser Stelle«. Doch die Kostenfrage sei eben nicht Sache des RP.

Erstmals nannte RHI auch eine Kostenschätzung für die Reaktivierung: Die HLB gehe von etwa 1,2 Millionen Euro für den »öffentlichen Teil« des Gleises aus, unter anderem müsse eine Brücke instand gesetzt werden. »1,2 Millionen - das müsste man doch schaffen«, so CDU-Stadtverordnete Nina Bienko. Fraktionschef Dugall verwies darauf, es könne schwierig werden, in kurzer Zeit ausführende Firmen zu finden. Der »drängendste Schritt« sei nun die Finanzierung, denn ohne deren Klärung werde die HLB wohl keinen Antrag an das RP stellen.

Bamberger, auch Mitglied der Enquete-Kommission »Mobilität der Zukunft 2030«, nannte das Gleis-Vorhaben »politisch wünschenswert«. Der ihm bekannte Sachstand: »Alle, die miteinander sprechen müssen, sind im Gespräch.« Er gehe davon aus, dass es zeitnah zu einer »Lösung« kommen werde, meinte der Landtagsabgeordnete und sagte zu, das Thema noch am gleichen Tag bei einem Termin mit Landeswirtschaftsminister Tarek Al-Wazir anzusprechen.

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