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Entwicklungsräume erhalten

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Von: Constantin Hoppe

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Wie kann sich Buseck in den kommenden Jahren weiterentwickeln? Diese Frage soll im Rahmen des neuen Regionalplans Mittelhessen beantwortet werden. Bei den Beratungen der Busecker Gemeindevertreter dazu spielte der Ukraine-Krieg eine Rolle.

Bereits vor gut einem Monat stand die Sitzung der Busecker Gemeindevertreter unter besonderen Vorzeichen, als am gleichen Tag der Krieg in der Ukraine begann. Am Donnerstagabend beschäftigte der Krieg erneut das Gemeindeparlament: Gleich zu Beginn der Sitzung stimmten die Gemeindevertreter für eine gemeinsame Resolution aller Fraktionen, die den Stopp der Kriegshandlungen fordert und die Gemeindeverwaltung beauftragt, Vorbereitungen auf eintreffende Flüchtlinge zu treffen.

Inwieweit eine solche Resolution einer Gemeinde sinnvoll ist, darüber lässt sich sicherlich streiten. Das merkte Uwe Kühn (Freien Wähler) an: »Ich möchte uns allen das gute Gefühl verderben, dass wir hier mit dieser Resolution etwas Gutes tun. Wir alle haben eine gewisse Verantwortung für das, was dort geschieht.« Denn durch seine Abhängigkeit von fossilen Energieträgern finanziere Deutschland einen Teil der Militärmaschinerie Russlands, sagte Kühn. »Erst wenn es uns gelingt, stärker auf erneuerbare Energien zurückzugreifen, gelingt es uns, diktatorische Regimes nicht mehr zu unterstützen - denn diese setzen nach wie vor auf die Ausbeutung und den Handel von Ressourcen. Wir sollten alle grundsätzlich über unser Handeln nachdenken.«

Neben der Resolution stand das Alltagsgeschäft der Kommunalpolitik auf der Agenda. Die Stellungnahme der Gemeinde zum Entwurf des Regionalplans Mittelhessen wurde beraten. Ein Planungsbüro hat diese für die Gemeinde ausgearbeitet und eine Reihe von Änderungen vorgeschlagen. An diesen übte die Fraktion der Grünen erhebliche Kritik. Der Grund dafür ist die angestrebte Ausweisung neuer Vorranggebiete für Siedlungs- und Gewerbeflächen rund um Großen-Buseck und Alten-Buseck. Auch in den anderen Busecker Ortsteilen sollen neue Siedlungsflächen in den Regionalplan aufgenommen werden.

»Eigentlich hatten wir anfangs keine Bedenken gegen den Plan«, erklärte Katharina Habenicht (Grüne) den Antrag ihrer Fraktion. Mit diesem sollten die Vorrangflächen aus dem Regionalplan herausgenommen werden. »Aber in den Beratungen der letzten Wochen zeigte sich nichts von maßvollen Entscheidungen. Es sollten stattdessen immer noch mehr Flächen ausgewiesen werden. Das ist genau die Haltung, die Uwe Kühn zur Ukraine-Resolution kritisiert hat.« Denn durch die Ausweisung als Siedlungsfläche wären die Flächen für die Landwirtschaft verloren. Auch die ökologischen Auswirkungen seien bedenklich. Habenicht sagte: »Wo sollen wir den Platz zum Anbau von Nahrungsmitteln hernehmen, wenn immer mehr Flächen versiegelt werden? Die Versorgungssouveränität wird immer mehr in den Fokus rücken. Nicht nur im Energiesektor. Das sieht man schon jetzt an den Folgen des Ukraine-Kriegs für uns.«

Von den anderen Fraktionen folgten zugleich Zustimmung wie Ablehnung zu dem Antrag: »Ja, die Grünen haben Recht«, sagte Roland Kauer (SPD). »Aber der Antrag schießt über das Ziel hinaus. Es bringt nichts, wenn wir uns jeglicher Entwicklungsmöglichkeit berauben.«

Ähnlich sah das Bürgermeister Michael Ranft: »Natürlich müssen wir alle unser Verhalten ändern, da muss sich jeder selbst an die Nase fassen. Aber ich möchte kommenden Generationen Gestaltungsräume offenhalten.«

Etwas differenzierter blickte dagegen Uwe Kühn auf den Antrag der Grünen. Zwar sprach er sich ebenso für den Erhalt der Vorrangflächen für Wohnbebauung im Regionalplan aus, ging aber in Sachen neuer Gewerbeflächen mit den Grünen konform: »Ich denke, es ist nicht sinnvoll, so große Gewerbegebiete auszuweisen, Wir haben andere Entwicklungsmöglichkeiten.« Dazu erwähnte er die Ansiedlung von Technologieunternehmen, die weniger Flächen benötigen. Für die CDU erklärte Fraktionsvorsitzender Frank Müller: »Man darf nicht vergessen, dass der Regionalplan nur einen Rahmen vorgibt. Ob wir diesem Rahmen folgen oder nicht, können wir weiterhin entscheiden.« Und Willy Jost (SPD) lenkte den Blick auf einen weiteren Aspekt, der mit dem Ukraine-Krieg in Zusammenhang steht: »Aktuell kommen wieder Flüchtlinge nach Deutschland. Wo sollen diese leben, wenn sie länger in Deutschland bleiben sollten? Der Antrag klingt toll: Wir retten jetzt in Großen-Buseck die Welt. Aber es ist sehr vereinfacht zu sagen, wir machen jetzt nichts mehr.«

Der Antrag der Grünen fand im Gemeindeparlament keine Zustimmung. Während die Herausnahme neuer Vorranggebiete Siedlung mit vier Ja-Stimmen (Grüne), 26 Gegenstimmen und zwei Enthaltungen abgelehnt wurden, gab es bei der Herausnahme neuer Gewerbeflächen mit elf Ja-Stimmen (Grüne und FW), 19 Gegenstimmen und zwei Enthaltungen ebenfalls keine Zustimmung.

Die Stellungnahme der Gemeinde zum Entwurf des Regionalplans erhielt schließlich das mehrheitliche Votum der Gemeindevertreter.

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