1. Gießener Allgemeine
  2. Kreis Gießen

Ein Plan mit Diskussionsbedarf

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Rüdiger Soßdorf

Kommentare

so_marliesWagner_250322_4c_1
Natur und Landwirtschaft, Gewerbe und Wohnsiedlung - das sind die drei Eckpunkte bei der Diskussion um Flächenverbrauch, die derzeit in der Region geführt wird und die sich im neuen Regionalplan für Mittelhessen abbilden wird. © Red

Heute endet die Frist für Eingaben zum neuen Regionalplan für Mittelhessen. Mehr als 600 Stellungnahmen liegen vor. Vor allem Klima- und Naturschützer sehen die Weichenstellungen kritisch. Manchen Kommune gehen ihre Handlungsspielräume derweil nicht weit genug.

Mehr als 600 Stellungnahmen zum neuen Regionalplan für Mittelhessen waren bis Mittwoch im Regierungspräsidium am Gießener Landgraf-Philipps-Platz eingegangen. Bis heute Abend dürften es noch etliche mehr werden. Heute nämlich endet die Frist für Eingaben nach der ersten Beteiligungsrunde zu dem Entwurf.

Längst nicht überall ist man zufrieden mit dem Rahmenwerk, das die Entwicklung in den Städten und Gemeinden der Region für die kommenden zehn bis zwölf Jahre absteckt: Kritik und Wunsch nach Nachbesserung kommt gleich von mehreren Seiten: Kaum eine Stellungnahme, in der nicht strittige Punkte formuliert, Änderungen vorgeschlagen werden.

Da wünschen sich Kommunalpolitiker auf der einen Seite, dass ihre Planungs- und Entwicklungsmöglichkeiten nicht so restriktiv gefasst werden. Konkret: Dass sie größere Spielräume bekommen. Auch wenn sie, wie beispielsweise Biebertal, Flächen nicht gleich bebauen und erschließen wollen, so wollen sie sich doch dafür die Optionen offenhalten.

Auf der anderen Seite etwa positionieren sich Vertreter der Landwirtschaft, die wertvolle Böden vor unumkehrbarer Versiegelung bewahrt wissen wollen. Nicht zuletzt sind da all jene, die zum Schutz von Natur und Umwelt sowie des Klimas sagen: Ein »Weiter-so« geht gar nicht. Sie formulieren den grundsätzlichsten Protest.

Die Diskussion hat in den vergangenen Monaten Fahrt aufgenommen - der Regionalplan ist eines der dominierenden Themen in den Kommunalparlamenten. Vor allem seitens der Grünen-Fraktionen in den Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen gibt es den meisten Gegenwind.

Der Diskurs ist intensiv, hart in der Sache - und im Ton teils unversöhnlich klingend. Denn da prallen durchaus gegensätzliche Interessen und Positionierungen aufeinander.

Mittlerweile gibt es unter dem Titel »Kein Quadratmeter mehr kostbares Land für unzeitgemäße Regionalplanung« eine Online-Petition, die am 18. März gestartet wurde. Knapp 300 Unterzeichner gibt es da binnen der ersten Woche. Die Initiatoren werfen beispielsweise das Fehlen verbindlicher Ziele für Umwelt- und Naturschutz in der Regionalplanung vor und fordern, den Regionalplan Mittelhessen den Erfordernissen des Boden-, Arten- und Klimaschutzes anzupassen. Konkret: Die verbindliche Festschreibung von Umwelt- und Naturschutz im Regionalplan, und zwar mit höchster Priorität.

Wobei die Kritik aus dem Gießener Land nach Auskunft des Regierungspräsidiums längst nicht die lauteste ist: »Aus dem Landkreis Gießen liegen vergleichsweise wenige Stellungnahmen vor«, heißt es angesichts der mehr als 600 bislang eingegangenen Anmerkungen und Kommentierungen zum Plan-Entwurf. Planungsflächen für Wohnen beziehungsweise Industrie und Gewerbe würden vor allem in Marburg, Wetzlar, Limburg, Weimar und Lauterbach/Schwalmtal kritisch gesehen.

Die breite Beteiligung, die große Resonanz ist derweil gewollt. Erstmals können sich nicht nur kommunale Gremien sowie Verbände dazu äußern - auch jeder interessierte Bürger hat dazu Gelegenheit. »Offenbar wird zunehmend erkannt, dass der Regionalplan wichtige Weichenstellungen für nachfolgende Planungen und Maßnahmen vorgibt, auch wenn er nur eine Angebotsplanung ist, die von den Kommunen umgesetzt werden kann, nicht zwingend muss«, sagt Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich. Jedenfalls sei eine wesentlich stärkere Beteiligung der Bürgerschaft, oft organisiert in lokalen Initiativen, festzustellen als beim Vorgängerplan.

Der Plan wird den Rahmen für die Entwicklung der Region zwischen Limburg und Marburg, zwischen Dillenburg und Schlitz in den kommenden zehn bis zwölf Jahren vorgeben. Wo kann was gebaut werden? Wo hat die Natur Vorrang? Wo die Landwirtschaft?

Deshalb ist der Plan-Entwurf schon seit dem vergangenen Herbst für jedermann auf der Webseite des Regierungspräsidiums einzusehen gewesen. Von Anfang Januar bis Anfang März erfolgte ganz formal die gesetzlich vorgeschriebene Offenlage. Verwunderlich indes, dass die kritischen Stimmen erst in den vergangenen Wochen laut geworden sind.

In einigen Städten und Gemeinden im Gießener Land haben die Entscheidungsträger in der Kommunalpolitik erst in dieser Woche beraten - Lollar vor acht Tagen, Biebertal hat seine Stellungnahme am Montag dieser Woche auf den Weg gebracht, in Wettenberg und Heuchelheim stand der Regionalplan gar erst am gestrigen Donnerstag zur abschließenden Bewertung auf der Tagesordnung der Gremien - quasi auf den letzten Drücker.

Da wird die eine oder andere Kommune von der Möglichkeit Gebrauch machen, heute nur eine vorläufige Stellungnahme fristgerecht vorzulegen und dann zeitnah die endgültig beschlossene Stellungnahme nachzureichen.

Auch interessant

Kommentare