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Ein Pavillon zum Sensationsfund

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Von: Stefan Schaal

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Ein nachgebildetes Tor des Römischen Forums ist neben Vitrinen und Regalen im Pavillon bereits zu sehen. © Stefan Schaal

Das Ziel ist ein »historischer Lernort«: In vier Wochen soll am Römischen Forum in Waldgirmes, wo Archäologen vor 13 Jahren den lebensgroßen Pferdekopf einer römischen Reiterstatue aus vergoldeter Bronze entdeckt haben, ein Pavillon eröffnet werden. Die rührigen Vereinsmitglieder wollen damit vor allem Schüler ansprechen - und schmieden bereits die nächsten Pläne.

Es war ein Sensationsfund in elf Metern Tiefe: Archäologen bargen vor 13 Jahren in Waldgirmes in einem antiken Brunnen unter Holzwerkzeug und acht Mühlsteinen den lebensgroßen Pferdekopf einer römischen Reiterstatue aus vergoldeter Bronze. Um Besuchern und vor allem Schülern die Bedeutung dieses Funds und gleichzeitig die Historie einer dort seit 1993 untersuchten römischen Siedlung stärker zu veranschaulichen, soll dort nun in wenigen Wochen ein Pavillon eröffnet werden.

Der rund 600 000 Euro teure Bau ist nach vier Jahren an Planungen inzwischen weitgehend fertiggestellt. Am 7. Oktober ist die Einweihung mit geladenen Gästen vorgesehen, zwei Tage später soll es eine öffentliche Führung geben. »Wir wollen mit dem Pavillon einen ›historischen Lernort‹ schaffen«, sagt Rainer Grabowski, der Geschäftsführer des Fördervereins Römisches Forum Waldgirmes. Bislang gab es an der Stelle kein Gebäude.

»Wir hatten bisher keinen Ort, in dem wir für Schüler eine Unterrichtseinheit von 90 Minuten durchführen konnten«, erklärt der Zweite Vorsitzende des Vereins, Heinz Rauber. Zumal sich im Pavillon neben Ausstellungsstücken, lebensgroßen römischen Figuren, Tischen und Stühlen und einer Bibliothek sowie einer Küche auch Toiletten befinden. Bisher habe man Besuchergruppen in eine 900 Meter vom Römischen Forum entfernte Geschäftsstelle mitgenommen. »Wir hoffen, dass die Schulen unser neues Angebot annehmen.«

Es gehe auch darum, zu verdeutlichen, dass der Ort am Römischen Forum mehr birgt als nur den Sensationsfund bietet. »Die Römer wollten hier mehr als nur einen Pferdekopf in den Brunnen schmeißen«, sagt Rauber. »Sie haben hier auf einem Hochplateau im Lahntal wohl geplant, einen zentralen Punkt in der Region Germanien zu gründen.«

Tatsächlich gilt auch die Entdeckung der römischen Siedlung als archäologische Sensation. Denn es handelt sich um die bislang einzige belegte Gründung einer römischen Stadt in Germanien östlich des Rheins und nördlich der Donau.

Für die 185 Mitglieder des rührigen Fördervereins ist die bevorstehende Eröffnung des hellen, gläsernen Besucherpavillons in Holzmodulbauweise ein Meilenstein. Die Gemeinde beteiligt sich an den Baukosten bisher mit 200 000 Euro. Außerdem gibt es Fördergelder aus dem LEADER-Programm ebenfalls in Höhe von 200 000 Euro. Den Rest trägt der Verein durch Spenden. Nachdem sich allerdings die Kosten von 500 000 auf 600 000 Euro erhöht haben und der Verein dafür aufkommen müsste, hofft dieser auf Hilfe der Gemeinde Lahnau. »Wir werden mit der Gemeinde nachverhandeln«, sagt Rauber. »Wir bauen ja im Auftrag der Gemeinde, sie hat uns einen Trägerschaftsvertrag gegeben.« Rauber fügt hinzu: »Wir bauen hier ja kein Vereinsheim.«

Vier Wochen vor der Eröffnung sind Vitrinen und Regale bereits aufgestellt. Hinter Glasscheiben ist eine kleine Nachbildung der früheren römischen Siedlung zu betrachten, originale Keramikfunde des Römischen Forums stehen aufgereiht. Für die Außenanlage schmieden die Vereinsmitglieder indes bereits neue Pläne: »Viele Familien kommen zum Verweilen hierher«, sagt Grabowski. Für Kinder wolle man daher einen kleinen Spielplatz errichten. »Wir haben es der Gemeinde vorgeschlagen«, sagt Rauber. »Die Antworten stehen noch aus.«

Eine Nachbildung des Brunnens, in dem der Pferdekopf 2009 gefunden wurde, ist als Ausstellungsstück im Pavillon in Waldgirmes geplant. Der Pferdekopf selbst, der im Saalburgmuseum ausliegt, wird dort unterdessen nicht zu sehen sein. »Selbst die Replik, die 2019 in der Lahnauhalle zu sehen war, musste 24 Stunden bewacht werden. Das können wir nicht stemmen«, sagt Grabowski. Mit dem Landesamt für Denkmalpflege und dem Fraunhofer-Institut sei man aber in Gesprächen, ob man ein 3D-Modell des Pferdkopfs ausstellen könnte, als hochwertige 3D-Kopie oder als Hologramm.

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