Ein Gottesdienst - zwei Abschiede

Am Ende fehlten nur drei Tage, dann wäre Elke Sézanne exakt 30 Jahre Vorsitzende der Synode im Dekanat Grünberg gewesen. Damit war sie die dienstälteste Präses in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Das stellte Propst Matthias Schmidt bei der gemeinsamen Verabschiedung von Elke Sézanne und Dekan Norbert Heide in der Grünberger Stadtkirche fest.
Dass hier ein Dekan und eine Präses - so die kurze Bezeichnung für den oder die Vorsitzende der Dekanatssynode - in einem Gottesdienst verabschiedet werden, ist nicht nur der Fusion des Dekanats Grünberg mit den Nachbardekanaten Hungen und Kirchberg zum Jahresanfang und der damit verbundenen Aufgabe ihrer Ämter geschuldet. Die gemeinsame Verabschiedung von Norbert Heide und Elke Sézanne ist auch ein Zeichen für die vertrauensvolle und harmonische Zusammenarbeit in den 13 Jahren mit Heide als Dekan, aus der ein regelrecht freundschaftliches Verhältnis wurde.
Es war der Wunsch der beiden, im Rahmen einer Orgelvesper mit viel Musik Adieu zu sagen. Mit Orgelvespern sind beide durch die Kirchen des Dekanats getourt, haben mit den Dekanatskirchenmusikerinnen fast 50 Mal hochwertigen Musikgenuss und passende Textlesungen bis in die kleinste Dorfkirche gebracht.
Diese letzte Orgelvesper war die erste, die per Livestream weltweit angeschaut werden konnte. So sollten auch diejenigen, die keinen Platz mehr in der Stadtkirche bekommen hatten, daran teilnehmen können. Weiterer Unterschied: Mit Propst Matthias Schmidt war neben Heide und Sézanne noch eine weitere Person für den Textteil verantwortlich.
Wie eine Pilgerreise
Schmidt lenkte den Blick noch einmal auf die außergewöhnlich harmonische Zusammenarbeit der beiden, die auf dem gemeinsamen Interesse an der Musik und der Überzeugung basierte, dass das Dekanat eine Verankerung in den Kirchengemeinden brauche. Leitung und Beratung sei Elke Sézanne in diesem Zusammenhang wichtig gewesen, führte der Propst aus. Auch ihr Engagement für die Indien-Partnerschaft des Dekanats hob er hervor. Als ehrenamtliche Präses mit all ihren Aufgaben habe sie sich vorbildlich mit ihren Talenten und Interessen eingebracht. Durchaus seien sie nicht immer einer Meinung gewesen, so der Propst. Dass dies seinen Respekt vor der Leistung von Elke Sézanne nicht gemindert hat, wurde in den Worten Schmidts immer wieder deutlich.
Auch die Tatsache, dass die jetzt 73-Jährige vor 13 Jahren ihr Präses-Amt aufgeben wollte, brachte er zur Sprache. Es war Heide und seine Auffassung vom Dekane-Amt, die Sézanne vom Weitermachen überzeugten. Mit Sézanne als »weltliches Pendant« an seiner Seite zog der neu gewählte Dekan im März 2009 mit dem Dekanatsbüro von Wetterfeld in die Grünberger Innenstadt um. Seine »Äktschen-Tage« für Kinder und Jugendliche, die Gestaltung von Konfi-Tagen, Freizeiten und ein umfangreiches Reiseprogramm nahmen hier Gestalt an. Neben den Orgelvespern führten ihn auch die liturgischen Nachtspaziergänge und die Teilnahme an zahlreichen Veranstaltungen in die Gemeinden des Dekanats. Laut Propst Schmidt stand dabei immer die Frage im Vordergrund: »Was dient den Gemeinden, was dient den Menschen?«
Heide selbst verglich in seiner Ansprache die 13 Jahre im Grünberger Dekane-Amt mit einer Pilgerreise, einem Weg, auf dem man körperlich, geistlich und geistig vorankomme. Pilgern bedeute für ihn Wanderung und Erneuerung, hin zu neuen Ufern. Dabei haben ihn zahlreiche Menschen begleitet, nicht konkret nur bei den jährlichen Pilgerwegen, zu denen der Dekan einlud, sondern auch im übertragenen Sinn im Arbeitsumfeld Dekanat. Dort unterstützten ihn zwölf Jahre lang Erika Zimmermann als Verwaltungsfachkraft und Irmgard Dechert mit Sekretariatsaufgaben. Bei ihnen und ihren Nachfolgerinnen Stefanie Baumgartner und Vanessa Döpfer bedankte sich Heide für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dankbar erwähnte er auch seinen Stellvertreter Pfarrer Jörg Gabriel und seine Kolleginnen und Kollegen in den oberhessischen Dekanaten.
Dank, Geschenke und gute Wünsche
Während Elke Sézanne sich zukünftig verstärkt dem Chorsingen, Yoga und Gitarrespielen widmen will, pilgert der nunmehr ehemalige Dekan auf seinem Lebensweg weiter in die Schulseelsorge der Theo-Koch-Schule. Diesen Dienst an der Integrierten Gesamtschule hat er in den letzten Jahren bereits mit halber Stelle verrichtet; jetzt freut er sich darauf, sich mit voller Kraft der Arbeit mit und für die ganze Schulgemeinde widmen zu können. Das Dekanat verliert er nicht ganz aus dem Blick. Gemeinsame Angebote mit der Dekanatsjugend sind bereits in der Planung. Auch Gottesdienste möchte er weiter halten und möglicherweise auch ab und zu als Organist eingesetzt werden.
Dank, Geschenke und gute Wünsche gab es am Ende der Orgelvesper (Musik: Ulrike Sgodda-Theiß, Anja Martine und Beatrix Pauli) vom neu gewählten Präses des Dekanats Gießener Land, Dr. Thilo Schneider, von den Mitarbeitenden des ehemaligen Dekanats Grünberg und den Kirchengemeinden Lehnheim und Stangenrod, vertreten von Pfarrer Alexander Röhr. Und weil wegen der Corona-Situation von einem anschließenden Empfang abgesehen wurde, bekamen die Besucherinnen und Besucher abgepackte Pilgerpakete mit nach Hause. Apropos Pilgern: Dieses Jahr lädt Pfarrer Norbert Heide auf den Lahn-Wanderweg ein. Erster Termin: Samstag, 26. März.